Wein aus China : Das große Vorbild ist Frankreich
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Wer hätte jemals von chinesischem Wein gehört? Besucher auf der Branchenmesse ProWein 2018 Bild: ddp
Das Reich der Mitte müht sich, seine Rebensäfte beliebter zu machen. Die aufstrebende Mittelschicht in China kauft nämlich oftmals lieber noch das Original aus Bordeaux.
Saubere Gläser gibt es nicht mehr, dafür sind alle Rückschüttgefäße, vulgo Spuckis, voll. Das Personal am chinesischen Messestand auf der ProWein ist sehr freundlich, verrichtet diese Art von Tätigkeit aber anscheinend nicht allzu oft. Gefühlt eine Ewigkeit dauert es beim Öffnen der Flaschen, bis die den Korken umhüllende Zinnkapsel entfernt, die Wendel des Korkenziehers hineingebohrt und der Korken gezogen ist.
Die Szene von der Messe im Mai in Düsseldorf zeigt, da ist noch Luft nach oben. Kein Wunder, ist doch das Weinland China hierzulande noch weitgehend unbekannt. 5,9 Millionen Hektoliter Wein hat das bevölkerungsreichste Land der Erde letztes Jahr nach Angaben der Internationalen Organisation für Rebe und Wein gekeltert. Also durchschnittlich etwa 0,4 Liter pro Einwohner. Zwar ist auch der jährliche Weinkonsum in China mit zuletzt einer Flasche pro Kopf äußerst gering – in Deutschland wurden durchschnittlich 32 Weinflaschen entkorkt. Dennoch, allein um diese kleine Lücke zwischen Nachfrage und Produktion zu schließen, muss China schon jetzt Massen an Wein importieren. Viel exportiert wird daher nicht, gerade in Deutschland sind chinesische Weine sehr schwer zu bekommen.
Um zu beurteilen, ob das schade ist, muss man erst mal Gelegenheit zum Probieren bekommen. Denn wer eigentlich nichts zu verkaufen hat, wird äußerst selten kostspielige Vermarktungsoffensiven in anderen Ländern auf den Weg bringen. Anders als aus ebenso entfernten Ländern wie Australien, Neuseeland oder den Vereinigten Staaten sind denn auch Verkostungen chinesischer Weine hierzulande rar. Nicht nur wegen Corona gab es lange gar kein Angebot. Dieses Jahr jedoch, auf der Pro Wein, der weltweit wichtigsten Branchenmesse, zeigten Weingüter aus dem Anbaugebiet Helan Mountains – das liegt im Gebiet Ningxia, ziemlich weit im Norden Chinas am Gelben Fluss – ihre Erzeugnisse.
Nur französische Rebsorten sind gute Rebsorten
36 Weine sollten gezeigt werden, darunter nur ein einziger Weißwein. Und der war schnell aus. Statt dessen dominierten rote Bordeaux-Rebsorten. Ein Blick über die Verkostungsliste zeigte: Nur französische Rebsorten sind anscheinend gute Rebsorten. Sehr viel Cabernet Sauvignon fand sich da, ferner Merlot, Syrah, Marselan. Und ein Malbec: Laut Verkostungsliste lautet sein Name, in lateinischen Lettern geschrieben, „Hongfangyin“, und er kommt vom Château Rongyuanmei.
Die chinesische Dame am Stand hält vor dem Einschenken die Flasche lange schräg hin, zur Begutachtung des Etiketts. Das ist bei Sommeliers so üblich, schließlich möchte der Gast sich überzeugen, den richtigen Wein eingeschenkt zu bekommen. In diesem Fall muss man es einfach glauben, zeigt das Etikett doch lediglich chinesische Schriftzeichen. Als der Wein aus dem Jahrgang 2019 in blickdichtem Kirschrot im Glas liegt, riecht er sehr verhalten nach Büschen und Koniferen und zeigt sich am Gaumen saftig mit angenehmem Tannin.
Als Nächstes steht ein Cabernet Sauvignon mit zehn Prozent Merlot-Beimischung an, und der ist leider keine Offenbarung: „Shen Hua“ heißt er, und er stammt von Château Castaly. Er riecht ziemlich seltsam, parfümiert, mit einem Einschlag nach Jasmin. Der Wein brennt am Gaumen und hinterlässt keinen guten Eindruck. Auch die Reserve Syrah von Château Copower Jade riecht sehr gewöhnungsbedürftig und immerhin ein bisschen nach Kirsche. Der Wein ist kräftig, gut strukturiert, schmeckt aber nicht besonders gut.
Viele der Roten sind jedoch vollkommen in Ordnung. Etwa der sehr vom Holzfass geprägte „Marselan Family Selection 2018“ von Château Huahao. Röstaromen, dunkle Beeren, Johannisbeerknospen. Am Gaumen auch etwas Kirsche, ein saftiger Wein mit muskulösem Tannin. Marselan wurde 1961 in Frankreich aus den Sorten Cabernet Sauvignon und Grenache gezüchtet. In China widmet man der Sorte viel Aufmerksamkeit, sogar einen Marselan-Welttag am Geburtstag des französischen Rebzüchters gibt es. Mittlerweile verfügt das Reich der Mitte über die größte mit dieser Sorte bestockte Rebfläche außerhalb Frankreichs.