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Baujahr 1953: das Olympia-Sanatorium

Krieg und Frieden

Text und Fotos PATRICK SLESIONA
Baujahr 1953: das Olympia-Sanatorium

7. Februar 2023 · Artilleriebeschuss und Schneeballschlacht, Waffenruhe und Erholung im Spa-Bereich: Im armenischen Kurort Jermuk, an der Grenze zu Aserbaidschan, treffen Welten aufeinander.

Es war kurz nach Mitternacht, als ein Knallen die Bewohner in Jermuk am 13. September aus dem Schlaf riss. Die Hotels des südarmenischen Kurorts waren ausgebucht. Schon in sowjetischen Zeiten suchten Touristen hier, in den dichtbewaldeten Bergen und den heißen Quellen, Erholung. Nun mussten die Gäste in den Kellern der Wellness-Tempel Schutz suchen, während über ihnen aserbaidschanische Geschosse einschlugen und Fenster barsten.

Blick auf Jermuk: Von oben sieht man die Wohnhäuser, Hotels und Sanatorien. Auf dem etwa fünf Kilometer vom Stadtkern entfernten Berg halten aserbaidschanische Truppen die Stellung.
Blick auf Jermuk: Von oben sieht man die Wohnhäuser, Hotels und Sanatorien. Auf dem etwa fünf Kilometer vom Stadtkern entfernten Berg halten aserbaidschanische Truppen die Stellung.
Mit Bergpanorama: Schwimmbad des Jermuk-Hotels
Mit Bergpanorama: Schwimmbad des Jermuk-Hotels

Armenien und Aserbaidschan kämpfen seit Jahrzehnten erbittert um die Region Bergkarabach.

Doch dass der Konflikt auch armenisches Staatsgebiet erreichen könnte, damit hatte in Jermuk bis zu jener Nacht niemand gerechnet.

Narek, 17, ist Schüler der 12. Klasse in Jermuk. Wie viele junge Menschen in dem Land möchte er später in der IT-Branche arbeiten.
Narek, 17, ist Schüler der 12. Klasse in Jermuk. Wie viele junge Menschen in dem Land möchte er später in der IT-Branche arbeiten.
Kaffeepause im Schnee: Das Kultur- und Freizeitangebot für junge Menschen in Jermuk ist überschaubar. Diese Gruppe hat ein Jugendzentrum gegründet und trifft sich täglich.
Kaffeepause im Schnee: Das Kultur- und Freizeitangebot für junge Menschen in Jermuk ist überschaubar. Diese Gruppe hat ein Jugendzentrum gegründet und trifft sich täglich.
Die „Dolphins“ von Jermuk: Das Jugendzentrum ist gerade einmal neun Monate alt und zählt schon 130 Mitglieder. Mehrmals wöchentlich üben junge Menschen hier traditionelle Tänze, kochen armenische Gerichte und schauen gemeinsam Filme. Hausaufgabenhilfe gibt es auch. Finanziert wird das Projekt von der Stadt und durch Spenden.
Die „Dolphins“ von Jermuk: Das Jugendzentrum ist gerade einmal neun Monate alt und zählt schon 130 Mitglieder. Mehrmals wöchentlich üben junge Menschen hier traditionelle Tänze, kochen armenische Gerichte und schauen gemeinsam Filme. Hausaufgabenhilfe gibt es auch. Finanziert wird das Projekt von der Stadt und durch Spenden.

Nach Kämpfen über zwei Tage einigte man sich auf eine Waffenruhe. Seither ringen Russland, die Vereinigten Staaten und die Europäische Union um Vermittlung. Jermuk kämpft ums Überleben. Touristen kommen nur noch wenige, aus Furcht vor der nächsten Eskalation. Wer sich doch nach Jermuk traut, an dem sausen beim Spazierengehen olivgrüne Militär-Lastwagen vorbei. Schulkinder lernen, dass beim Spielen in den Wäldern Blindgänger lauern. In den Bergen, nur fünf Kilometer vom Ortskern entfernt, sollen noch immer aserbaidschanische Truppen patrouillieren. So erzählt man es sich im Ort.

Aufgeben und wegziehen wollen trotzdem nur die wenigsten. Aber wie lebt man dort? Diese Bilder geben einen Eindruck davon.

  • Kerzen und Gebet: Soldaten während des Gottesdienstes in der St.-Gayane-Kirche
  • Mit Fahrer und Security: Kristina Ivanian, 38, Managerin des Olympia-Sanatoriums und des Jermuk-Hotels. Schon am 1. Oktober konnte das Olympia wiedereröffnet werden. Elf Stammgäste kamen an diesem Tag. In Erinnerung an die 200 Soldaten, die während der Angriffe getötet wurden, gab es 2023 keine Neujahrsfeier.
  • Kristina Ivanian, die Managerin des Olympia-Sanatoriums und Jermuk-Hotels, versorgte ihre Gäste in der Nacht zum 13. September in Schutzkellern und organisierte Evakuierungen aus der Stadt heraus. Schon zwei Jahre zuvor half sie als Freiwillige während des 44-Tage-Kriegs in Bergkarabach.
  • Ein Projektil im Skigebiet: Gor Tadesvosjan, 31, Sohn des Skiliftbetreibers, mit Überresten
  • Flora Sargisyan, 67, verkauft seit vier Jahrzehnten in Sirup eingelegte Tannenzapfen, Kräutertees und Marmeladen aus Weißdorn. In anderen Jahren waren hier Dutzende Marktstände besetzt und mit Waren gefüllt. 20 Euro verdiente Sargisyan üblicherweise pro Tag. Jetzt, da die Touristen fernbleiben, bleibt sie auf ihren Transportkosten sitzen. Die meisten Händler kommen immer seltener oder haben ihr Geschäft ganz aufgegeben.
  • Zum Restaurant bitte hier abbiegen: Anzeigetafel an der Straße
  • Kerzen und Gebet: Soldaten während des Gottesdienstes in der St.-Gayane-Kirche
  • Mit Fahrer und Security: Kristina Ivanian, 38, Managerin des Olympia-Sanatoriums und des Jermuk-Hotels. Schon am 1. Oktober konnte das Olympia wiedereröffnet werden. Elf Stammgäste kamen an diesem Tag. In Erinnerung an die 200 Soldaten, die während der Angriffe getötet wurden, gab es 2023 keine Neujahrsfeier.
  • Kristina Ivanian, die Managerin des Olympia-Sanatoriums und Jermuk-Hotels, versorgte ihre Gäste in der Nacht zum 13. September in Schutzkellern und organisierte Evakuierungen aus der Stadt heraus. Schon zwei Jahre zuvor half sie als Freiwillige während des 44-Tage-Kriegs in Bergkarabach.
  • Ein Projektil im Skigebiet: Gor Tadesvosjan, 31, Sohn des Skiliftbetreibers, mit Überresten
  • Flora Sargisyan, 67, verkauft seit vier Jahrzehnten in Sirup eingelegte Tannenzapfen, Kräutertees und Marmeladen aus Weißdorn. In anderen Jahren waren hier Dutzende Marktstände besetzt und mit Waren gefüllt. 20 Euro verdiente Sargisyan üblicherweise pro Tag. Jetzt, da die Touristen fernbleiben, bleibt sie auf ihren Transportkosten sitzen. Die meisten Händler kommen immer seltener oder haben ihr Geschäft ganz aufgegeben.
  • Zum Restaurant bitte hier abbiegen: Anzeigetafel an der Straße


Vahe, 13, und Ignat, 9, bei einer Schneeballschlacht
Vahe, 13, und Ignat, 9, bei einer Schneeballschlacht
Vorhang auf: Zwei Kinder schauen aus einem Fenster in einem Klassenzimmer der Schule im Ort.
Vorhang auf: Zwei Kinder schauen aus einem Fenster in einem Klassenzimmer der Schule im Ort.
Entspannung in der Salzgrotte: Gäste im Spa-Bereich des Jermuk-Hotels
Entspannung in der Salzgrotte: Gäste im Spa-Bereich des Jermuk-Hotels
Verbindungsstück der beiden Stadtteile: Die Brücke über den Fluss Arpa ist ein strategisches Ziel der Angreifer.
Verbindungsstück der beiden Stadtteile: Die Brücke über den Fluss Arpa ist ein strategisches Ziel der Angreifer.

Umzug der F.A.Z. Adieu Hellerhofstraße!
Künstler Erwin Wurm Da ist der Wurm drin

Quelle: F.A.Z. Magazin

Veröffentlicht: 08.02.2023 10:24 Uhr