Extremschwimmen : André Wiersig will mehr Meer
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Immer in Bewegung bleiben: Der Extremschwimmer André Wiersig ließ sich auch von Wassertemperaturen um 13 Grad nicht aufhalten. Bild: Dennis Daletzk
Nur in Badehose, mit Badekappe, Schwimmbrille und Ohrstöpseln durchquert der Extremschwimmer André Wiersig die Weltmeere. Dabei erlebt er die Ozeane in ihrer vollen Schönheit – ihr größter Schrecken ist menschengemacht.
Großbritannien, Kalifornien, Hawaii, Schottland, Japan, Neuseeland, Gibraltar: Es klingt nach einer schönen Weltreise, die André Wiersig da hinter sich hat. Eigentlich. Doch Wiersig ist an all die schönen Orte nicht gereist, um sich dort am Strand mal richtig zu erholen. Im Gegenteil. Er ging zwar überall ins Wasser – nur blieb er dort dann stundenlang und schwamm kilometerweit.
Der IT-Berater aus Paderborn, Jahrgang 1972, ist der erste Deutsche, der die Ocean's Seven geschafft hat: einen Wettbewerb, dessen Teilnehmer sieben Meerengen in aller Welt durchschwimmen müssen. Die längste Strecke, die es zu bewältigen gilt, der Kaiwi-Kanal zwischen den Hawaii-Inseln Molokai und Oahu, beträgt 42 Kilometer.
Das heißt: 42 Kilometer Luftlinie – was bei den Strömungen, die in den Meeresstraßen zuweilen herrschen, eher ein gedachter denn ein reeller Wert ist. In der Tsugaru-Straße beispielsweise, zwischen den japanischen Inseln Honshu und Hokkaido, schwamm Wiersig im Juli 2018 statt der 19,5 Kilometer Luftlinie in Wahrheit gut 42 Kilometer. Nur in Badehose, mit Badekappe, Schwimmbrille, Ohrstöpseln. Ohne sich auch nur kurz mal zum Durchschnaufen an das Begleitboot zu hängen. So sind die Regeln.
Für den Kaiwi-Kanal benötigte Wiersig im Oktober 2015 schwer vorstellbare 18 Stunden 46 Minuten. Er ist bei seinen Schwimm-Abenteuern oft über Grenzen gegangen, physisch und psychisch. Wiersig ist in Quallenschwärme geraten, er wurde von einem Hai umkreist und ist einem Blue Marlin begegnet. Einmal schwamm er eine Zeitlang über einem Wal, der unter ihm aufgetaucht war. Nachts sah er Biolumineszenzen im dunklen Wasser funkeln. Es gehörte zum Schönsten, was er bisher gesehen habe, erzählt er. „Das sah aus wie der märchenhafte Feenstaub bei Peter Pan.“
Doch Wiersig lernte auch die harte Realität der Weltmeere kennen. Er stieß sich beim Kraulen den Kopf an einer Europalette und geriet in Panik, als er sich im Wasser in einer Plastikplane verfing. Wiersig hat die Verschmutzung der Ozeane am eigenen Leib erfahren, auch deshalb setzt er sich als Botschafter der Deutschen Meeresstiftung für deren Schutz ein.
In seinem Buch „Nachts allein im Ozean“ (Verlag Eriks Buchregal) erzählt er, wie er auf die Idee kam, sich den Meeren auszuliefern, wie er mit den Strapazen fertig wurde und was er davon mitnahm. Eine bewegende Reise mit beeindruckenden Bildern.