Neue Bäder : Badezimmer – öffne dich!
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Man wird ja mal träumen dürfen: Philippe-Starck-Bad von Axor Bild: Hansgro
Die neuen Bäder werden luxuriöser und wohnlicher. Für einige Trendsetter steht fest: Nachdem in der Küche die große Offenheit herrscht, sollen nun auch im Bad die Wände fallen. Doch warum eigentlich?
Revolution! Das Wort geht Sabine Meissner mit Verve über die Lippen. Wenn die Marketingchefin von Burgbad über die jüngsten Neuheiten in der Badezimmerlandschaft spricht, wird es für ihre Zuhörer gedanklich ganz schön ungemütlich. Denn wer beim Thema Bad auf Wellness und Regenwalddusche eingestellt war, den überrumpelt die Dame, indem sie die radikale Umwälzung bestehender Verhältnisse fordert. Und das nicht irgendwo auf der Welt, sondern zu Hause im eigenen Bad. „Das ist das letzte gallische Dorf, das dem Wandel der Wohnkultur widerstanden hat“, konstatiert sie mit Blick auf die vergangenen 100 Jahre und lässt keinen Zweifel aufkommen - auch diese Bastion soll fallen.
Sie hat ja recht. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich die Wohnwelt völlig verändert: Der Mensch beansprucht heute viel mehr Fläche als anno dazumal. Eine Wohnung ohne eigenes WC ist heute undenkbar. Ein persönlicher Rückzugsort für jedes Familienmitglied gilt als ideal. Die einst geschmähte Dachwohnung ist dank der Erfindung des Aufzugs zur begehrtesten Etage eines Hauses geworden. Und die Küche hat gleich mehrere Metamorphosen durchlaufen: vom Familientreffpunkt zum kleinen, durchrationalisierten Arbeitsplatz der Hausfrau hin zu einer Art Showbühne, auf der Geselligkeit vorgeführt und Kochen auf einer „Insel“ zelebriert wird. Ihr Platz liegt irgendwo in den Weiten der Wohnlandschaft.
Das Badezimmer hat all dem widerstanden und steckt auch im 21. Jahrhundert immer noch in seiner Nische fest, die im Schnitt 7,8 Quadratmeter misst. Dort ist es geradezu an die es umgebenden Wände gefesselt. Denn weil zum Waschen Wasser gehört, braucht man Anschlüsse an das Rohrsystem, und das liegt nun mal in den Wänden, wo sich folglich Dusche, Waschbecken, WC und Badewanne bisher mangels Alternativen drängeln.
Neue Materialien wie Holz haben Einzug gehalten
Damit soll Schluss sein. Zumindest wenn es nach Innenarchitekten und Designern geht. Die haben seit einigen Jahren das Bad als Spielwiese und neues Gestaltungsfeld entdeckt; unterstützt von der Sanitärbranche und Herstellern wie Burgbad oder Hansgrohe, die das entsprechende Mobiliar liefern. Von Wohlfühloase und Wellnesstempel statt Nasszelle ist die Rede. Wasserfallbrausen und Liegeduschen haben für Schlagzeilen gesorgt, die nicht ohne Erregung jenen Luxus thematisieren, den sich die Deutschen im Bad leisten.
Tatsache ist, die neuen Bäder werden nicht nur größer, sondern zugleich auch wohnlicher. Vor allem werden sie individueller, wie der Innenarchitekt und Buchautor Roger Mandl feststellt. Früher musste ein Bad nur praktisch sein, heute soll es Stil haben. Fliesen bis unter die Decke sind daher out. Nicht nur, weil sie Klinikatmosphäre verströmen, sondern auch, weil sich herumgesprochen hat, dass luftdichte Oberflächen nicht unbedingt gut fürs Raumklima sind.
Neue Materialien wie Holz haben Einzug gehalten - zunehmend taucht der natürliche Baustoff nicht nur als Bodenbelag im Bad auf, sondern auch als Möbel - bis hin zum Waschtisch. Wer es sich leisten kann, zieht in der Regel Naturstein den zuvor üblichen Fliesen vor. Wer es ein bisschen extravaganter und trendiger liebt, wählt vielleicht einen Boden aus Acrylharz. Der unempfindliche Mineralwerkstoff ist fast so robust wie Stein, außerdem gibt es ihn in vielen Farben - und die sind mittlerweile im Bad genauso ins Spiel gekommen wie Textilien.
Zum neusten technischen Schnickschnack zählen Filter, die das Wasser weicher und schmeichelnder machen, Lichtduschen oder Brausen, die zusätzlich Duft verströmen. Alle selbstverständlich ebenerdig, seit sich die barrierefreie Dusche durchgesetzt hat, womit zugleich atmosphärisch eine entscheidende Änderung im Bad einherging. Seitdem wirkt es in jeder Hinsicht zugänglicher.