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Vollblutathletin außer Gefecht : Harte Geduldsprobe für Deborah Levi

  • -Aktualisiert am

Wollen auch künftig gemeinsame Erfolge bejubeln: Laura Nolte und Deborah Levi (rechts) 2022 bei Olympia in Peking. Bild: Picture-Alliance

Olympiasiegerin Deborah Levi hofft nach einem Knorpelschaden im Knie auf die neue Saison und vertraut auf Pilotin Laura Nolte. Die Wartezeit vertreibt sie als Frankfurter Botschafterin der Fußball-EM.

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          Die Fahrt nach St. Moritz wäre zu aufwendig gewesen. Wenn die Bob-Elite an den kommenden beiden Wochenenden auf der Jagd nach Weltmeisterschaftsmedaillen die Bahn im Schweizer Nobel-Wintersportort herunterflitzt, wird Deborah Levi in Frankfurt vor dem Fernseher sitzen. Vielleicht liegt ihr linkes Bein in einer Motorschiene, denn die 25-Jährige soll es mit eigener Muskelkraft nicht bewegen.

          Ein Jahr nach ihrem Olympiasieg von Peking, zusammen mit Pilotin Laura Nolte, steht die Schlitten-Anschieberin vor einem Neuanfang. Kurz vor Weihnachten musste sie sich wegen eines Knorpelschadens am Knie operieren lassen. Sechs Wochen lang darf Levi das Gelenk nicht belasten, ist auf Gehstützen angewiesen und rollt zu Hause auf einem Stuhl durch die Wohnung. Erst acht Monate nach dem Eingriff soll sie wieder das volle Training aufnehmen dürfen.

          „Ich gebe gerne 120 Prozent“

          Ein langer Weg zurück in die Eisrinne, der die Geduld der Vollblutathletin arg strapaziert. „Ich gebe gerne 120 Prozent“, sagt Levi. Jetzt bestehen die Tage aus physiotherapeutischen Behandlungen, und wenn sie trainiert, darf sie nur im Sitzen den Oberkörper fordern oder die Muskeln des rechten Beines „daran erinnern, dass sie vorher Leistungssport gemacht haben“.

          Bleiben eine Fahrgemeinschaft: Deborah Levi und Laura Nolte Anfang Januar in Winterberg
          Bleiben eine Fahrgemeinschaft: Deborah Levi und Laura Nolte Anfang Januar in Winterberg : Bild: dpa

          Als die Knieprobleme Anfang November auftraten, nicht das Training, aber das Treppenlaufen danach schmerzte, hegte Levi noch die Hoffnung, dass sich dies nach ein paar Wochen Pause bessern und sie nur die ersten Weltcup-Rennen in Übersee verpassen würde. „Aber es ist schlimmer geworden“, erzählt die Hessin, die den nationalen Anschubtest vor Saisonbeginn noch für sich entschieden hatte. Gemeinsam mit Trainer David Corell wählte sie den frühestmöglichen OP-Termin. „Fast erleichtert“ sei sie gewesen, als das Saison-Aus feststand, hatte sich die ehrgeizige Sportlerin vorher doch großen Druck gemacht, rechtzeitig vor der WM fit sein zu müssen.

          Jetzt versucht Levi das Beste aus der Situation zu machen. Die 60 Seiten lange Arbeit, die die Lehramtsstudentin für ihr erstes Staatsexamen braucht, ist sie angegangen. Ursprünglich hatte sie die Abhandlung über Eliteschulen des Sports bereits im Sommer schreiben wollen, obwohl sie das nach der Prüfung folgende Referendariat erst nach ihrer Karriere absolvieren wird.

          Doch nach der Rückkehr aus China war zu viel auf die Goldmedaillengewinnerin eingeprasselt. Empfänge, Ehrungen, Sponsoren- und Medientermine gehörten plötzlich zum Alltag; in Siegbach-Oberndorf, wo die in Dillenburg geborene Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers aufgewachsen ist, wurde ein Platz nach der Mittelhessin benannt.

          Frankfurter Botschafterin der Fußball-EM

          Beim Europa-League-Viertelfinalspiel der Eintracht gegen den FC Barcelona, zu dem Mike Josef sie eingeladen hatte, bot der Sportdezernent der Sportlerin des Jahres seiner Stadt die Rolle als Frankfurter Botschafterin der Fußball-Europameisterschaft 2024 an. Seitdem tourt sie zusammen mit Alexander Meier als Werbeträgerin durchs Land und fühlt sich im Metier des früheren Profis immer mehr zu den Adlerträgern hingezogen. Obwohl die SGE selbst mittlerweile eine Bob-Gruppe unter ihrem Dach hat und die Pläne für eine Anschubbahn an der Sportanlage in Niederrad dadurch zusätzlichen Schwung bekommen haben, will Levi aber in der Leichtathletik dem Sprintteam Wetzlar und beim Wintersport dem SC Potsdam treu bleiben.

          Obwohl es unter den Anschieberinnen, von denen viele wie die Sprinterin von der Tartanbahn kommen, einen großen Konkurrenzkampf gibt und Nolte als Zweite der Weltcup-Gesamtwertung auch mit anderen Partnerinnen gut unterwegs ist, macht sich die Rekonvaleszentin um ihren Platz im Gefährt der Winterbergerin keine Sorgen. Zu gut sind die beiden befreundet, bildeten schon ein Duo, als Levi 2018 erstmals auf den Rücksitz stieg, und im vergangenen Jahr ist die Lenkerin selbst nach Frankfurt gezogen, um Seite an Seite mit ihrer athletisch starken Beifahrerin zu schwitzen.

          „Ich habe volles Vertrauen in sie, dass sie auf mich wartet“, sagt Levi. Über Facetime tauschen sich die Partnerinnen aus, und beim Weltcup Anfang des Monats in Winterberg, den Nolte mit der Gladbeckerin Neele Schuten gewann, begleitete die verletzte Stammkraft die Rennen vor Ort im Rollstuhl.

          Den Plan zu vertagen, sich nach Olympiagold auch einen ersten WM-Titel zu sichern, sei „nicht so toll“, sagt Levi. Doch viel lieber als im Nachbarland würden sie und Nolte den gemeinsamen Triumph auf ihrer Heimbahn in Winterberg feiern. Dort wird die WM 2024 ausgetragen, und dann und auch noch bei den Spielen 2026 in Italien hofft Levi, wieder zusammen mit der Freundin der Konkurrenz davonzurasen.

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