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Vierschanzentournee : Nicht von dieser Welt

  • -Aktualisiert am

Der Dominator der Lüfte landet auf dem Boden auf Platz eins. Bild: Reuters

Peter Prevc gewinnt das letzte Springen und siegt damit überlegen bei der Tournee. Der Deutsche Severin Freund wird Zweiter – und ist glücklich.

          3 Min.

          Severin Freund ließ sich für seine Glückwünsche ein bisschen Zeit. Peter Prevc wurde ja eh sofort von vielen Gratulanten umringt. Als der Slowene dann den Schanzenauslauf verließ, steuerte Freund direkt auf ihn zu. Der Bayer legte seinen rechten Arm um Prevc’ Schulter und umarmte ihn kurz. Zuvor hatte er seinen großen Gegner in Bischofshofen allerdings noch maximal gefordert. Nach dem ersten Durchgang war Freund Zweiter, direkt hinter Prevc. Und bei seinem letzten Sprung dieser Vierschanzentournee zeigte er noch einmal all seine Klasse. Er flog die Paul-Außerleitner-Schanze in großer Höhe herab und landete bei beeindruckenden 141 Metern. Freund jubelte, doch kurz danach rastete Prevc für seine Verhältnisse regelrecht aus. Denn der sonst so reservierte Slowene überbot den 27-Jährigen abermals und kam auf 142,5 Meter.

          Prevc triumphierte somit in Bischofshofen, aber vor allem holte er sich den Gesamtsieg dieser Vierschanzentournee. Freund wurde Zweiter, auch in der Gesamtwertung. Zweimal Platz drei belegte am Mittwochabend der Österreicher Michael Hayböck.

          „Severin Freund kann stolz sein“

          Während Prevc etwas später die goldene Adler-Trophäe überreicht bekam, freute sich Freund über sein bestes Resultat bei der Tournee. „Es war wunderschön und hat extrem viel Spaß gemacht – inklusive einer kleinen Schrecksekunde und ein paar Blessuren“, sagte er mit einem Verweis auf seinen Sturz in Innsbruck. Doch Freund zeigte mit seiner fabelhaften Leistung in Bischofshofen, dass er auch dieses Missgeschick am vergangenen Sonntag gut verdaut hat.

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          „Platz zwei ist kein Grund, traurig zu sein. Wir haben keinen Fehler gemacht. Severin kann stolz sein“, sagte Bundestrainer Werner Schuster. Freund erreichte bei dieser Tournee in jedem Springen das Podest, vorher war er in seiner Karriere überhaupt nur einmal unter die besten drei gekommen. Bei der 64. Auflage der Traditionsserie war er nun also so gut wie noch nie.

          Schuster: „Peter war einfach besser“

          Noch zufriedener war zweifelsohne Prevc. „Ich bin so glücklich, es war alles so aufregend“, sagte er. Auch Schuster zollte ihm großen Respekt. „Wenn er rückwärts oben weggefahren wäre, hätten wir vielleicht eine Chance gehabt“, sagte er und lobte ebenso seinen Schützling: „Severin hat seinen Teil getan, aber Peter war einfach besser.“ Mit Prevc feierten dann zahlreiche slowenische Fans, die kurzfristig nach Bischofshofen gekommen waren. Ausgestattet mit Ziehharmonikas und vielen weiß-blau-roten Fahnen mischten sie sich lautstark unter die sonst dominierenden deutschen und österreichischen Anhänger. Ein slowenischer Fan hatte Fahnen sogar um seine Krücken gebunden.

          Der Dominator der Tournee kam in diesem Jahr aus Slowenien. Bilderstrecke
          Vierschanzentournee : Vierschanzentournee

          Schon im ersten Durchgang konnten die Slowenen feiern. Denn Prevc musste im Zweikampf mit Freund zwar vorlegen – er startete direkt vor ihm – doch er beseitigte bereits mit diesem Sprung alle Zweifel daran, dass er doch noch einmal schwächeln könnte. Prevc flog auf herausragende 139 Meter und zeigte, wie sehr ihm Bischofshofen liegt. In den vergangenen vier Jahren ist er dort nie schlechter als Fünfter geworden. Die Paul-Außerleitner-Schanze kommt seinen famosen Fliegerfähigkeiten entgegen. Sie unterscheidet sich mit ihrem langen flachen Anlauf deutlich von den drei anderen der Tournee. Wenn die Skispringer den Absprung an der Naturschanze nicht zu früh setzen, können sie ganz geschmeidig und lange hinuntersegeln. Genau das tat Prevc. Doch Freund agierte ähnlich stark, denn auch er ist ein begnadeter Flieger. Er landete bei 136 Metern und reihte sich nach dem ersten Durchgang direkt hinter Prevc ein.

          Bislang kam Prevc nicht an Platz zwei vorbei

          „Es ist doch wirklich schön, wenn ich nach dieser Tournee für das nächste Mal sagen kann: Ich muss nicht nur aus Fehlern lernen, sondern kann auch so viel Positives mitnehmen“, sagte Freund. Auch die anderen Deutschen konnten zufrieden sein. Richard Freitag wurde im Gesamtklassement Neunter, Andreas Wank Zehnter und Andreas Wellinger kam auf Platz zwölf. Und Freitag hatte auch noch ein besonderes Lob für Freund parat: „Selten gab es so einen saustarken Zweitplatzierten wie Severin“, sagte er.

          Prevc hingegen ist der größte Erfolg seiner Karriere gelungen. Bisher waren seine besten Plazierungen zweite Ränge bei Olympischen Winterspielen und Weltmeisterschaften. Nun ist er nach Primoz Peterka 1997 der zweite Slowene, der die Tournee gewonnen hat. Als er noch keinen großen Sieg vorweisen konnte, erkannte er Vergleiche mit Peterka und anderen berühmten Vorgängern seines Landes, wie den Weltmeistern Franci Petek (1991) und Rok Benkovic (2005), gar nicht an. Das dürfte nun vorbei sein für den 23-Jährigen aus dem 500-Einwohner-Dorf Dolenja vas Selca.

          Außerdem könnte dieser Sieg der Auftakt für eine neue Dominanz der Prevc-Familie im Skispringen sein. Peter Prevc ist nämlich der älteste von fünf Geschwistern. Sein Bruder Domen (16 Jahre) überzeugt seit dieser Saison bereits im Weltcup – in Bischofshofen wurde er Sechster. Der dritte Bruder Cene (19 Jahre) ist im zweitklassigen Continentalcup aktiv und sogar die zehnjährige Schwester Nika ist Skispringerin, sie gewann kürzlich in Ruhpolding ein Mädchenspringen. Nur die sechsjährige Ema springt nicht, noch nicht.

          Ob nun eine neue Ära beginnt, vermochte Peter Prevc nicht zu sagen. Ihm fehlten einfach die Worte. Er war zu überwältigt. „Ich muss jetzt erst mal schlafen“, sagte er. „Ich lag die vergangenen drei Nächte wach.“

          4. Springen der Vierschanzentournee in Bischofshofen/Österreich:

          1. Peter Prevc (Slowenien) 297,3 Pkt. (139,0/142,5 Meter);
          2. Severin  Freund (Rastbüchl) 290,5 (136,0/141,0);
          3. Michael Hayböck  (Österreich) 282,6 (134,0/139,0);
          4. Stefan Kraft (Österreich) 278,0  (136,0/138,0);
          5. Kenneth Gangnes (Norwegen) 273,3 (131,5/137,0);
          6.  Domen Prevc (Slowenien) 265,1 (132,0/135,5);
          7. Johann Forfang  (Norwegen) 256,2 (135,5/129,5);
          8. Simon Ammann (Schweiz) 255,7  (136,0/132,0);
          9. Noriaki Kasai (Japan) 254,8 (129,0/131,0);
          10. Daiki Ito (Japan) 251,2 (130,5/130,0);
          11. Richard Freitag (Aue)  248.0 (129,0/129,5);

          ...15. Andreas Wellinger (Ruhpolding) 243,4  (124,5/129,0);
          16. Andreas Wank (Hinterzarten) 242,7 (126,0/128,0);
          38. Michael Neumayer (Oberstdorf) 105,9 (120,5);
          40. Karl Geiger  (Oberstdorf) 103,9 (121,0);
          45. Stephan Leyhe (Willingen) 98,4  (118,5)

          Vierschanzentournee-Gesamtwertung:

          1. Peter Prevc (Slowenien) 1139,4 Pkt.;
          2. Severin Freund (Rastbüchl) 1112,9;
          3. Michael Hayböck (Österreich) 1081,6;
          4. Kenneth Gangnes (Norwegen) 1073,5;
          5. Stefan Kraft (Österreich) 1036,2;
          6. Johann Forfang (Norwegen) 1035,5;
          7. Noriaki Kasai (Japan) 1013,2;
          8. Anders Fannemel (Norwegen) 1010,1;
          9. Richard Freitag (Aue) 1001,4;
          10. Andreas Wank (Hinterzarten) 974,4;

          ...12. Andreas Wellinger (Ruhpolding) 970,3;
          20. Stephan Leyhe (Willingen) 807,4;
          28. Michael Neumayer (Oberstdorf) 656,2;
          31. Karl Geiger (Oberstdorf) 549,4;
          39. Pius Paschke (Kiefersfelden) 331,8;
          50. David Siegel (Baiersbronn) 222,5;
          52. Marinus Kraus (Oberaudorf) 204,7;
          63. Markus Eisenbichler (Siegsdorf) 108,2

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