Geiger gewinnt Qualifikation : „Ich kann die anderen ärgern, das ist mein Ziel“
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Niemand fliegt in Garmisch besser als Karl Geiger in der Qualifikation. Bild: AP
Karl Geiger ist im Flow. Die Qualifikation zum zweiten Springen der Vierschanzentournee gewinnt er durch einen weiten Satz – und geht mit forschen Tönen ins neue Jahr und das Duell mit dem Titelverteidiger.
Einen derartigen Silvestertag hat Karl Geiger noch nicht erlebt. Am Lagerfeuer mit den anderen deutschen Skispringern konnte sich Geiger entspannen. „Solch eine Form zum Jahreswechsel habe ich noch nie gehabt.“ Geiger ist im Flow. Was er derzeit anpackt, gelingt dem 26 Jahre alten Skispringer aus Oberstdorf. Die Qualifikation für das Neujahrsspringen an diesem Mittwoch (14.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Vierschanzentournee, im ZDF und bei Eurosport) auf der Olympiaschanze von Garmisch-Partenkirchen: ein Fall für Geiger.
Der Allgäuer, der am Sonntag mit Platz zwei so famos in die Vierschanzentournee gestartet war und lediglich 9,2 Punkte hinter Titelverteidiger Ryoyu Kobayashi liegt, hat den Japaner am Dienstag geschlagen. Auch wenn es nur die Qualifikation gewesen ist, in der es darum geht, das Feld der 73 Tourneespringer auf 50 zu reduzieren – Geiger hat seine starke Form mit einem weiten Satz auf 139 Meter bestätigt. Der Österreicher Philipp Aschenwald ist zwar einen Meter weiter als Geiger gesprungen. Doch der stilistisch sauber und präzise springende Deutsche erhielt von den Wertungsrichtern einen Punkt mehr, der ausschlaggebend für den Sieg und die damit verbundene Prämie von 5000 Euro gewesen ist.
„Skispringen ist eine Grenzsportart“, sagte Geiger nach seinem Sprung, der die 10.000 Zuschauer an der Schanze in Verzückung brachte. „Ich muss weiter mein Zeug machen und dranbleiben. Es kann viel passieren. Morgen ist ein neuer Tag. Da muss es nicht heißen, dass es weiterhin so gut läuft.“ Derzeit aber läuft es für Geiger, und deshalb sagte er auch: „Ich gehe auf Angriff, ich habe nichts zu verlieren. Ich kann die anderen ärgern, das ist mein Ziel.“
Erfreulich aus deutscher Sicht: Auch Markus Eisenbichler kommt seinem Ziel, wieder weit, stabil und erfolgreich zu springen, mit Siebenmeilenstiefeln näher. Geigers Zimmernachbar zeigte einen starken Qualifikationswettkampf und wurde Fünfter. Als er nach 137,5 Metern gelandet war, reckte der dreifache Skisprung-Weltmeister sofort seine rechte Hand in die Höhe und schwenkte den Zeigefinger hin und her.
Eisenbichler lag mit seinem Sprung lange in Führung und sagte später, „ich bin zurzeit sowas von entspannt. Das ist einfach herrlich.“ Am Neujahrstag, sagte Eisenbichler, „will ich Gaudi haben“. Eisenbichler musste lange in der sogenannten Leaderbox ausharren, ehe er Besseren Platz machen musste. Auch Kobayashi war dabei. Doch es passte zu diesem aus deutscher Sicht erfolgreichen Jahresausklang, dass der Japaner hinter Geiger und Aschenwald Dritter wurde.
Geiger geht damit beim traditionsreichen Neujahrsspringen als letzter der 50 Sportler, darunter neun Skispringer aus Deutschland, von der Schanze – und kann, wenn die Systeme weiter funktionieren und der Flow anhält, durchaus auf den ersten deutschen Sieg in Garmisch-Partenkirchen seit Sven Hannawalds Erfolg 2002 hoffen. „Das war ein toller Sprung von Karl“, sagte Bundestrainer Stefan Horngacher. Mannschaftskollege Stephan Leyhe, der Zwölfter in der Qualifikation wurde, sagte: „Karl zeigt, dass man Kobayashi schlagen kann.“