Skispringen in Lahti : Wellinger findet seinen Meister
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Deutschlands Andreas Wellinger jubelt im Ziel über seinen zweiten Platz. Bild: dpa
Andreas Wellinger sorgt auf der Großschanze für eine weitere WM-Medaille der deutschen Skispringer. Nur der Österreicher Stefan Kraft ist nach einem packenden Finale wieder einen Tick besser.
Ein Mann, ein Wort: Andreas Wellinger hat sich im Laufe der vergangenen Wochen, die außerordentlich vielversprechend für ihn verlaufen waren, verwandelt. Aus dem zurückhaltenden Zeitgenossen wurde mit jedem weiteren Erfolgserlebnis ein vor Selbstbewusstsein strotzender Skispringer, der für sich bei den Nordischen Weltmeisterschaften in Lahti höchste Ansprüche formulierte – und sie erfüllt.
Am Donnerstagabend erreichte er ein weiteres seiner selbst gesetzten Ziele, wobei seine Zufriedenheit über das nächste bemerkenswerte Resultat die Enttäuschung über den insgeheim erhofften, aber knapp verpassten, Triumph deutlich überwog. Der 21-Jährige vom SC Ruhpolding gewann auch von der Großschanze eine Medaille.
Er fand abermals nur in Stefan Kraft seinen Meister, der vom kleinen Bakken der Salpausselkä-Anlage ebenfalls nicht zu schlagen war. Der Österreicher lag nach zwei Durchgängen und einem packenden Finale um die Winzigkeit von 1,3 Punkten vor dem in den Einzelwettbewerben nun doppelt mit Silber dekorierten Bayern. Für Wellinger war es bereits das dritte Edelmetall bei der Veranstaltung in Finnland.
„Ich weiß auch nicht, warum Stefan bessere Noten kriegt“
Er kann seine Ausbeute zum Abschluss zusammen mit den Mannschaftskollegen des Deutschen Skiverbandes (DSV), mit denen er im Mixed schon eine Klasse für sich war, an diesem Samstag in der Teamkonkurrenz noch weiter verbessern. Den dritten Platz auf dem Podium belegte am Donnerstag der Pole Piotr Zyla (127,5, 131 Meter).
Die übrigen deutschen Starter des DSV spielten bei der Titelvergabe nur Nebenrollen, so dass sie zeitig fertig waren, ihre Ausrüstung abschnallen und Wellinger noch im Zielraum als Erste zu seiner Leistung gratulieren konnte. Markus Eisenbichler aus Siegsdorf (125,5/123,5) sprang der 13. Rang raus, der Willinger Stephan Leyhe (125, 117,5) wurde Sechzehnter, für Richard Freitag (121, 115,5) aus Aue reichte es lediglich zum 19. Platz. „Ich weiß auch nicht, warum Stefan bessere Noten kriegt.
Das war das Entscheidende. Aber das ist mir im Moment ziemlich egal“, kommentierte Wellinger den knappen Ausgang, bei dem die fünf Wertungsrichter mit ihren Beurteilungen für Skiführung und Landung den Ausschlag gaben. Der 23 Jahre Kraft ist erst der fünfte Athlet in der Historie des Skispringens, dem es gelang, sich bei einer WM auf beiden Schanzen durchzusetzen; zuletzt war eine solche Demonstration der Stärke dem Polen Adam Malysz 2003 geglückt.
„Es war ein toller Wettkampf“, bilanzierte Bundestrainer Werner Schuster. Danach hatte es in der Qualifikation am Vortag überhaupt nicht ausgesehen, als Wellinger bei Wind und Schneetreiben erhebliche Schwierigkeiten hatte. Davon ließ er sich aber nicht beirren, als es darauf ankam: „Ich habe gewusst, ich habe es drauf. Momentan macht Skispringen einfach brutal viel Spaß“, sagte der Chiemgauer, der 2012 als Teenager im Weltcup debütierte und im Januar in Willingen nach dreijähriger Durststrecke erstmals wieder ganz oben landete.
Nach einem schweren Sturz im November 2014 in Kuusamo kam der als größtes Talent seit Martin Schmitt geltende Blondschopf die vergangenen Winter gar nicht zurecht. Erst nach dem Saison-Aus von Frontmann Severin Freund, der 2015 in Falun Gold auf der Großschanze gewonnen hatte und wegen eines Kreuzbandrisses diesmal fehlte, startete Wellinger durch und deutete mit acht Podiumsplätzen seit Silvester sein Potential an. In Lahti schöpfte er es bislang eindrucksvoll aus.