Weltcup in Oberhof : Kein Biathlon-Boykott
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Sieger in Oberhof: Der Österreicher Julian Eberhard sprintet zum Sieg Bild: dpa
Zum Auftakt der Biathlon-Tage von Oberhof gewinnt ein Österreicher während der bisherige Dominator enttäuscht. Die Deutschen verpassen das Podium. Mehr Gesprächsstoff als das Rennen selbst aber bietet ein Athletentreffen vom Vorabend.
Auf den ersten Blick ist in Oberhof alles wie immer. Die Zuschauer am Grenzadler lärmen, der Wind treibt Schneewolken vor sich her, und die Biathleten geben ihr Bestes. Am Donnerstag im Sprint gab es gleichwohl Überraschungen, weil das Podium mit dem Österreicher Julian Eberhard, dem Tschechen Michal Slesinger und Dominik Windisch aus Italien anders besetzt war als gewohnt. Martin Fourcade, der bisherige Dominator im Biathlon-Weltcup etwa landete nur auf Rang acht, hinter den beiden besten deutschen Skijägern, Erik Lesser (Rang fünf) und Simon Schempp (Sechster).
Mehr Gesprächsstoff als das Rennen selbst aber bot das Athletentreffen vom Vorabend. Denn seit bekannt ist, dass im zweiten McLaren-Report um mutmaßliches russisches Staatsdoping auch 31 Biathleten genannt wurden, rumort es gewaltig hinter den Kulissen der Skijäger-Szene. Weil vielen Athleten das bisherige Vorgehen der Internationalen Biathlon-Union (IBU) gegen Russland – bislang sind nur die zurückgetretene Olga Wiluchina und Jana Romanowa suspendiert worden – nicht entschlossen genug war, machte sogar das Wort vom Boykott die Runde.
„Werden einen Forderungskatalog stellen“
Zu dem wird es, vorerst zumindest, nicht kommen. Am Mittwochabend waren bei einem Meeting – initiiert von Branchenführer Martin Fourcade, Michal Slesingr und Lowell Bailey – 60 Athleten zusammengekommen, um über den Stand der Dinge und mögliche Konsequenzen zu beraten. Mit dem vorläufigen Ergebnis, dass ein Weltcup-Boykott derzeit wohl nicht mehr zur Debatte steht. „Wir werden aber einen Forderungskatalog an die IBU stellen und sehen dann weiter“, sagte der Tscheche Slesingr, der Boykott ohnehin nur als letztes Mittel sieht. Bei dem Meeting, an dem auch vier deutsche Biathleten teilnahmen, warb IBU-Generalsekretärin Nicole Resch um Verständnis und Vertrauen für das Procedere der IBU: „Ich habe den Athleten den Status quo erklärt und in welche Richtung es bei uns weitergeht, damit wir in diesem Fall auch rechtlich alles richtig machen.“
Simon Schempp fand es gut, dass man „auch mal die Seite der IBU“ gehört habe, und dass es überhaupt zu einem Gespräch gekommen sei. „Ein sehr interessantes Meeting“, befand Fourcade. „Das ist ja auch kein Machtkampf zwischen den Athleten und der IBU. Wir Athleten wollen aber, dass sie viel aggressiver in der Doping-Problematik vorgehen.“ Es reiche eben nicht, wenn ein russischer Weltcup wie der in Tjumen zurückgegeben werde, weil es am Anti-Doping-Kampf prinzipiell nichts ändere. „Deshalb haben wir eine Reihe von Vorschlägen gemacht, die im Anti-Doping-Kampf leicht umzusetzen sind.“ Man könne auffällig gewordenen Nationen zum Beispiel Startplätze im Weltcup entziehen.
Selbst Nicole Resch will nicht ausschließen, dass am Ende der Untersuchungen eine Sperre für das gesamte russische Team stehen könnte. Aber das hänge allein davon ab, „was wir noch rausfinden werden“. Gegen 29 namentlich noch nicht bekannte Russen laufen Ermittlungen. „Wir müssen im Moment aus den Indizien Beweise machen. Und ich weiß nicht, für welche uns das gelingen wird und kann“, sagte Resch. Die Sache schwelt weiter.