Neuer Eishockey-Bundestrainer : Harold Kreis soll die Deutschen in die Weltspitze führen
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180 Länderspiele für Deutschland, demnächst Premiere als Bundestrainer: Harold Kreis hat bisher überall bewiesen, dass er Menschen zu führen versteht. Bild: Imago
Als neuer Bundestrainer soll Harold Kreis das deutsche Eishockeyteam in der Weltelite etablieren. Die Profis hören gerne auf ihn – aber spielen sie auch mit?
Die Freude war Harold Kreis anzusehen. Kreis lächelte, Kreis lachte, als er am Montag in München vom Deutschen Eishockey-Bund (DEB) als neuer Bundestrainer vorgestellt wurde. „Das ist eine Riesen-Freude und eine Riesen-Ehre, die ich mit Respekt, Demut und Teamgeist angehen werde“, sagte der 64-Jährige, dessen Vertrag mit dem DEB bis 2026 gilt. Und der nun die Aufgabe hat, die deutsche Mannschaft „dauerhaft unter die besten acht Nationen der Weltspitze zu führen“, wie es DEB-Präsident Peter Merten formulierte.
Das ist nicht gerade wenig für eine Mannschaft, die es zwar immer mal wieder in ein Halbfinale oder wie 2018 sogar in ein olympisches Endspiel schafft, die aber ebenso oft nach der Vorrunde nach Hause fährt. Das weiß natürlich auch Kreis, der sich am Montag vor vollmundigen Prognosen hütete. Er habe die Ziele der Verbandsspitze „zur Kenntnis genommen“, sagte er, aber ob es gleich bei der kommenden Weltmeisterschaft im Mai in Finnland fürs Viertelfinale und für die Olympia-Qualifikation reicht, das ließ er mal dahingestellt. Man wisse vorher ja nie, welche Spieler nach einer anstrengenden Vereinssaison noch Lust auf die Nationalmannschaft haben.
Kreis und Sulzer die „Topkandidaten“
Das dürfte in den kommenden Jahren besonders bei den Stars in Übersee wie Leon Draisaitl, Moritz Seider oder Tim Stützle schwierig werden. Noch habe er keinen Kontakt zu Spielern aufgenommen, sagte Kreis. Auch die übliche Reise der Sportlichen Leitung nach Nordamerika wird DEB-Sportdirektor Christian Künast dieses Jahr alleine antreten. Kreis ist nämlich noch bei den Schwenninger Wild Wings in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) angestellt. Und wer weiß schon, ob die Mannschaft die Play-offs erreicht und wie weit sie dann kommt? Erst nach deren Saisonende kümmert sich Kreis um die DEB-Auswahl. Das gilt auch für den neuen Ko-Trainer Alexander Sulzer, der in Bremerhaven arbeitet.
Für Künast waren Kreis und Sulzer dennoch die „Topkandidaten“ für die Aufgabe, mit dem deutschen Eishockey grundsätzlich „vorwärts zu kommen“. Die geht Künast aber anders an als seine Vorgänger beim DEB. Sie setzten zuletzt auf Männer, die am Anfang ihrer Trainerkarriere standen. Das war riskant, aber funktionierte, weil Marco Sturm und Toni Söderholm für neue Denkansätze sorgten: Sturm vermittelte den Spielern den Glauben, auch große Gegner schlagen zu können, Söderholm entwickelte sie taktisch weiter. Doch für beide war der DEB ein Sprungbrett: Sturm nutzte den Schwung der Silbermedaille und ging nach Nordamerika, Söderholm, der das DEB-Team 2021 ins WM-Halbfinale führte, zog es vor einigen Wochen in die Schweiz zum SC Bern. Die Musik im Eishockey spielt nun mal in den Ligen.
Bei Harold Kreis ist so ein Abgang nicht zu erwarten. Er ist 45 Jahre im Geschäft. Erst in seinem Geburtsland Kanada, ehe er bereits mit 19 Jahren nach Deutschland kam, weil umtriebige Bundesliga-Manager Kanadier mit deutschen Vorfahren suchten, um die Ausländerregel auszuhebeln. 19 Jahre lang hielt der knallharte Kreis die Mannheimer Abwehr zusammen, davon 13 Jahre als Kapitän, gewann zwei Meisterschaften, machte 180 Länderspiele für Deutschland. 1997 wechselte er auf die Trainerbank, gewann auch da Titel, vor allem in der Schweiz. Auch bei der Nationalmannschaft war er schon als Assistent dabei. Zuletzt trainierte er wieder in der DEL, führte die Düsseldorfer EG zurück in die Play-offs, nun versucht er es mit Schwenningen, einen Monat vor Ende der Hauptrunde sieht es ganz gut aus.
Als Kreis’ große Stärke gilt die Menschenführung. Der 64-Jährige kann seine Umgebung schnell für sich einnehmen, ist höflich und direkt, aber nie anbiedernd, ist eloquent, aber nie elitär. Seine Kabine hat er stets im Griff mit einer Mischung aus klaren Regeln und Freiheiten. Gruppendynamik ist sein Thema, er hält Vorträge vor Menschen aus Sport, Wirtschaft und Wissenschaft. Wie baue ich ein Team auf? Wie führe ich es? Nun beim DEB hilft ihm dabei Alexander Sulzer. Der 38-Jährge soll den Sturm-Söderholm-Geist der vergangenen Jahre reinbringen.
Beim Verband geht es aber um mehr als nur um die Nationalmannschaft, ums große Ganze. Also auch um den Nachwuchs, der in naher Zukunft keinen neuen Draisaitl hervorbringen wird. Wie es da wieder aufwärts gehen soll? Dazu gab es keine konkrete Aussage, zumindest gönnte Harold Kreis aber einen Einblick in seine taktischen Vorstellungen: Er sei mitnichten ein Defensivfanatiker, sein Team soll „spielen und nicht dem Gegner zuschauen“. Ihm gefalle die jüngere Entwicklung, vor allem die neue „Überzeugung und das Selbstvertrauen“. So soll es weitergehen. „Gegen Schweden oder Kanada denken, hoffentlich fällt es nicht zu hoch aus? Die Zeiten sind vorbei.“