Biathlon-WM in Oberhof : Die Deutschen jagen die Blumen
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WM vor der Haustür: Vanessa Voigt peilt zum Auftakt eine Medaille mit der Mixed-Staffel an. Bild: Witters
Sonne, Schnee und viele Zuschauer: Der Rahmen für die Biathlon-WM in Oberhof passt. Jetzt müssen Vanessa Voigt und Kollegen nur noch erfolgreich sein – am liebsten schon beim Auftakt.
Es ist in Zeiten des Klimawandels keine Option, bei Sportwettbewerben im Winter nicht über das Wetter zu sprechen. Denn die Frage, ob Schnee liegt und wenn ja, wie viel, ist zum ständigen Begleiter des Wintersports geworden. Überraschender ist deshalb eher die Antwort, die die Veranstalter der Biathlon-Weltmeisterschaft in Oberhof dieser Tage darauf haben: Es liegt Schnee im Thüringer Wald! So viel, dass die vorbereiteten Depots für die WM, die an diesem Mittwoch beginnt, nicht angebrochen werden mussten.
Fast noch überraschender ist der Sonnenschein, der die Athleten in der Arena am Rennsteig empfängt. Denn Oberhof ist eigentlich für sein nebliges, windiges Weltcup-Wetter bekannt. In den vergangenen Wochen hat es dort geschneit, und es ist frostig. Seit Tagen schaufeln die vielen Helfer den Schnee von den Tribünen. Auch die Bäume auf den Höhenlagen des Thüringer Walds sind weiß gepudert.
Erinnerungen sind immer dabei
„Ich habe schönes Wetter versprochen, da habt ihr es“, sagte Vanessa Voigt vor dem ersten offiziellen Training und lachte vergnügt. Die 25 Jahre alte Biathletin freut sich auf den WM-Beginn, denn für sie wird der Start in der Mixed-Staffel ein besonderer Moment. Das Auftaktrennen bestreitet sie mit Denise Herrmann-Wick, Benedikt Doll und Roman Rees. Die Thüringerin stammt ganz aus der Nähe von Oberhof, wechselte im Alter von zwölf Jahren auf das Sportgymnasium und wohnt nur fünf Minuten vom Wettkampfort entfernt. Ihre Familie und viele Freunde werden sie in den kommenden Tagen unterstützen, nicht nur ihr Zwillingsbruder Kevin, der Fotograf ist und schon in Peking dabei war.
Die Erinnerung an die Olympischen Spiele und an ihre Heimat hat Voigt immer dabei: das Maskottchen der Spiele, eine Glocke ihrer Heimatgemeinde und ein Glücksbringer in Form einer Thüringer Bratwurst baumeln an ihrem Rucksack. Gleich in ihrer ersten Weltcup-Saison im vergangenen Jahr qualifizierte sich Voigt für das größte Sportevent im Winter und wurde Vierte im Einzelrennen. Eine perfekte Saison sei das für sie gewesen.
Aber: „Mit der Mixed-Staffel habe ich noch eine Rechnung offen“, sagte sie. Auch in Peking war sie als Startläuferin in diesen Wettkampf gegangen, bei dem zwei Frauen und zwei Männer für eine Nation antreten – und musste nach Schießfehlern zweimal in die Strafrunde. Doch es gab für Voigt noch ein Happy End: Mit der Frauenstaffel gewann sie Bronze.
Vanessa Voigt, sagte Frauen-Cheftrainer Kristian Mehringer Anfang Januar beim Weltcup in Ruhpolding, lege sich selbst den meisten Druck auf. „Sie hatte eine super erste Saison im Weltcup, aber die zweite ist oft die schwierigste, weil die Erwartungen von allen Seiten groß sind.“ Dass sie mit großer Kulisse gut umgehen kann, zeigte Voigt aber schon in Ruhpolding, als sie im letzten Rennen, dem Massenstart, als beste Deutsche Platz fünf belegte – beflügelt vom Publikum an Strecke und Zielgerade, wie sie hinterher erzählte.
„Es ist cool“
Insgesamt 160.000 Menschen werden an den neun Wettkampftagen der WM erwartet. Doch noch ist es ruhig in der Arena. Nur das vertraute „Plongplong“ war am Dienstag zu hören, als die Geschosse im Training gegen die Zielscheiben am Schießstand prallten. Und das Kratzen der Langlaufski auf dem Schnee, als sich die Athletinnen und Athleten mit der Strecke vertraut machten.
Mit Blick auf die Weltmeisterschaft vor ihrer Haustür sagte Voigt: „Es ist cool, so eine Heim-WM miterleben zu können.“ Und es mache sie stolz, eine Staffelposition innezuhaben. „Der Druck wird ein anderer sein. Es ist meine erste WM, aber ich bin froh, dass ich die Olympischen Spiele schon miterlebt habe. Dort habe ich viel gelernt.“ Eine klare Medaillenvorgabe hat der Deutsche Skiverband (DSV) für Oberhof nicht formuliert.
„Diese WM ist ein großer Höhepunkt, auf den wir als Team lange hingearbeitet haben. Wir kommen nicht hierher, um den anderen jeden Tag beim Feiern zuzusehen“, sagte Felix Bitterling, Sportdirektor Biathlon beim DSV. „Wir wollen in jedem Rennen in die Flower Ceremony (Blumenzeremonie, Anm. d. Red.) kommen, das sind die Top Sechs im Einzel und das Podium in der Staffel. Wenn wir dieses Ziel konsequent verfolgen, wird die ein oder andere Medaille kommen.“
In den Staffelrennen ist den Deutschen eine Top-Platzierung zuzutrauen. Nach vier von fünf Weltcup-Staffeln liegen die Frauen in der Nationenwertung auf Platz drei, die Männer sogar auf Platz zwei – hinter Norwegen. Die Männer aus dem Norden dürften die bestimmenden Athleten dieser WM werden, allen voran der viermalige Olympiasieger von Peking, Johannes Thingnes Bö. Er gewann in dieser Saison elf von 14 Einzelrennen. Sein Landsmann Sturla Holm Laegreid, viermaliger Weltmeister von 2021, war ihm am dichtesten auf den Fersen.
Bei den Frauen sind die bisherigen Weltcup-Siege in dieser Saison mehr verteilt. Die Französin Julia Simon führt den Gesamtweltcup an und gilt als Favoritin in den WM-Einzelrennen. Doch die deutsche Medaillenhoffnung und Einzel-Olympiasiegerin Denise Herrmann-Wick war es, die das letzte Rennen vor der WM in Südtirol gewann. In strahlendem Sonnenschein – bei „typischem“ Oberhofer Wetter also.
Zeitplan der Biathlon-WM in Oberhof
Mittwoch, 8. Februar: 14.45 Uhr: Mixed-Staffel (4×6 km)
Freitag, 10. Februar: 14.30 Uhr: Sprint der Frauen (7,5 km)
Samstag, 11. Februar: 14.30 Uhr: Sprint der Männer (10 km)
Sonntag, 12. Februar: 13.25 Uhr: Verfolgung der Frauen (10 km), 15.30 Uhr: Verfolgung der Männer (12,5 km)
Dienstag, 14. Februar: 14.30 Uhr: Einzel der Männer (20 km)
Mittwoch, 15. Februar: 14.30 Uhr: Einzel der Frauen (15 km)
Donnerstag, 16. Februar:15.10 Uhr: Single-Mixed-Staffel (4×3 + 1,5 km)
Samstag, 18. Februar: 11.45 Uhr: Staffel der Männer (4×7,5 km), 15.00 Uhr: Staffel der Frauen (4×6 km)
Sonntag, 19. Februar: 12.30 Uhr: Massenstart der Männer (15 km), 15.15 Uhr: Massenstart der Frauen (12,5 km)
Alle Rennen werden im ZDF (ab. 8. Februar), in der ARD (ab 15. Februar) und bei Eurosport übertragen.