75 Jahre Lauberhorn-Rennen : Jurassic Park des Skisports
- -Aktualisiert am
Sensationssieger wie Bogner sind am Lauberhorn allen Wetterkapriolen zum Trotz eine Seltenheit. Nach ihm gab es nur zwei: Der erste war Stefan Sodat, der Kärntner, der 1965 mit Startnummer 31 nicht nur Karl Schranz, sondern auch die Fotografen überraschte und deshalb den Zielschuß fürs Siegerbild noch einmal fahren mußte. Der zweite hieß Bill Johnson, der 1984 so schnelle Ski an den Füßen hatte, daß ihn im Neuschneerennen auch ein Ausritt ins Pulver nicht am Sieg hindern konnte. Johnson, von Franz Klammer als "Nasenbohrer" bezeichnet, wurde danach auch Olympiasieger. 2001 kehrte er auf die Pisten zurück, um sich für die Olympischen Spiele von Salt Lake City zu qualifizieren. Nach einem fürchterlichen Trainingssturz bei den amerikanischen Meisterschaften lag er drei Wochen im Koma. Als er erwachte, erinnerte er sich nur noch an die markantesten Ereignisse in seinem Leben. Wengen und Sarajevo gehörten dazu.
Das Österreicherloch
In seiner 75jährigen Geschichte sind Außenseitersiege für das Lauberhorn nur schmucke Episoden. Geprägt ist der Berg von großen Persönlichkeiten des Sports, die eine besondere Beziehung zu ihm hatten. Karl Molitor, der Wengener, war der erste. Zwischen 1939 und 1948 feierte er elf Siege, sechs davon in der Abfahrt. Bei seinem ersten Sieg halfen ihm die Wengener Schüler. Kurz vor dem Ziel traten sie mit ihren Skiern eine Abkürzung in den Schnee. Vor den Gegnern hielten sie die Spuren verdeckt. Erst als "Moli" kam, machten sie Platz. Doch der wurde auf der schmalen Spur zu schnell, und als er wieder auf die Piste einbog, stürzte er. Blitzschnell erhob er sich - und gewann mit neun Sekunden Vorsprung.
Toni Sailer, der Blitz aus Kitz, dominierte in den fünfziger Jahren. Von 1955 bis 1958 gewann er viermal in Serie - auch das ein Rekord. Selbstverständlich war das nicht. Als er 1954 in Wengen debütierte, gehörte er zu den vielen Österreichern, die mit ihren Stürzen gleich nach dem Seilersboden der Stelle einen noch heute verwendeten Namen gaben: das Österreicherloch.
Klammers Pech
Karl Schranz, der Löwe vom Arlberg, war sein Nachfolger und ebenfalls viermal erfolgreich, allerdings im Abstand von zehn Jahren (zwischen 1959 und 1969). Bei seinem ersten Sieg fühlte er sich am Ziel etwas unwohl, weil er Anderl Molterer, sein großes Vorbild, mit dem er das Zimmer teilen durfte, bezwungen hatte.
Franz Klammer, der Kaiser, hätte seine beiden Landsleute wohl übertroffen, wenn in den siebziger Jahren das Wetter in Wengen nicht so verrückt gespielt hätte. Nur dreimal konnte in der Zeit der rasenden Entwicklung im Abfahrtsrennsport von der Lauberhornschulter gestartet werden. Klammer war nie zu schlagen. Bei seinem ersten Sieg, 1975, distanzierte er Herbert Plank, den Zweiten, um 3,54 Sekunden - ein Weltcup-Rekord für die Ewigkeit. Dabei verbesserte er Schranz' Streckenrekord von 1969 um 25 Sekunden auf 2:35,19. Heute steht der Rekord bei 2:24,23, aufgestellt von Kristian Ghedina 1997.
Der Italiener ist die Verbindung von der großen Vergangenheit in die Gegenwart des Lauberhorns. Er gehört auch am Samstag zu den Favoriten. Gewinnt er - nach 1994 und 1997 - zum dritten Mal, würde auch er in die Galerie der Legenden von Wengen aufrücken. Die wichtigste Voraussetzung dafür erfüllt er: Er liebt das Lauberhorn.