Tennis-Sieg in Bad Homburg : Garcia mit dicker Haut zum Elefanten
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Küsschen nach dem Finalsieg: Caroline Garcia mit ihrer Trophäe in Bad Homburg Bild: AFP
Caroline Garcia setzt sich im Endspiel von Bad Homburg gegen Bianca Andreescu in drei engen Sätzen durch. Dabei trotzt sie allen Widrigkeiten und beweist Wimbledon-Form.
Eine strahlende junge Frau spaziert mit einem Elefanten unterm Arm umher – so etwas ist im Bad Homburger Kurpark auch nicht alle Tage zu sehen. Caroline Garcia lustwandelte von einem historischen Monument zum nächsten, stemmte die Trophäe – eine Elefantenfigur mit Tennisball am Rüssel – mehrfach lächelnd in die Höhe und bot den Fotografen im Schlepptau ein hübsches Motiv. Das Gewicht der dreieinhalb Kilogramm Bronzestatue schien die Französin gar nicht wahrzunehmen, so sehr genoss die Turniersiegerin der zweiten Bad Homburg Open die neue Leichtigkeit nach schweren Zeiten.
„Frustrierend“ seien die vergangenen zwölf Monate gewesen, sagte Caroline Garcia, körperliche Beschwerden hätten ihr dermaßen zu schaffen gemacht, dass „ich mich dem Wettbewerb nicht so stellen konnte, wie ich wollte“. Im Kurpark sind der 28-Jährigen gleich in mehrfacher Hinsicht beeindruckende Comebacks gelungen.
Parallelen zwischen Kerber und Garcia
Obwohl erst zwei Auflagen vorbei sind, schreiben die Bad Homburg Open schon die schönsten Geschichten. Bei der Premiere im vergangenen Jahr unter Corona-Beschränkungen hatte die Turnierbotschafterin Angelique Kerber den Titel gewonnen. Zuvor war ihre Tennissaison so lala gelaufen, direkt danach erreichte sie auf ihrem geliebten Rasen von Wimbledon das Halbfinale. Die diesjährige Turniersiegerin war vor ihrer ersten Teilnahme von kaum weniger Zweifel begleitet als Kerber vor Jahresfrist. Vor den French Open hatte Caroline Garcia unter einer Fußverletzung gelitten und zwei Monate nicht spielen können. In Paris scheiterte sie im Einzel früh, gewann aber mit ihrer Landsmännin Kristina Mladenovic zum zweiten Mal nach 2016 den Doppel-Wettbewerb. Bei den folgenden Rasenturnieren in Nottingham und Birmingham schied Garcia jeweils in der zweiten Runde aus.
Weil sie angeschlagen war, überlegte sie mit ihrem Betreuerteam, ob es überhaupt ratsam wäre, nach Bad Homburg zu reisen, oder ob eine Regeneration vor Wimbledon angebracht wäre. Es gab solche und solche Stimmen, am Ende entschied die Französin: „Ich war es müde, nichts zu tun. Ich wollte herkommen, und das war eine gute Entscheidung.“ In der Tat: Sie gewann nach Mallorca 2016 und Nottingham 2019 auch ihr drittes Endspiel bei einem Rasenturnier, holte drei Jahre nach ihrem letzten Triumph überhaupt wieder einen Turnier auf der WTA-Tour. „Ich bin sehr glücklich, einen weiteren Titel gewonnen zu haben“, sagte Caroline Garcia. Es ist ihr achter bei elf Finalteilnahmen.
Die ehemalige Weltranglistenvierte hatte auch deshalb die Reise nach Bad Homburg angetreten, weil sie sich durch möglichst viele Turnierteilnahmen wieder nach oben arbeiten wollte. Das ist ihr nach dem Coup im Kurpark, wo sie 26.770 Euro Siegprämie und 280 Weltranglistenpunkte einstrich, bestens gelungen. Im Ranking sprang sie um 20 Plätze nach oben auf Platz 55.
Diesen Erfolg hat sich Caroline Garcia hart erarbeitet. Eine Woche lang zeigte sie Nehmerqualitäten und drehte drei Matches, die gegen sie liefen. In der ersten Runde gegen die Belarussin Alexandra Sasnowitsch machte sie einen 0:1-Satzrückstand wett, im Halbfinale gegen ihre Landsmännin Alizé Cornet wehrte sie einen Matchball ab, und im Finale gegen Bianca Andreescu lag Garcia schon 6:7, 2:4 hinten, ehe sie vier Spiele in Serie und damit den zweiten Satz gewann. Den dritten Durchgang entschied sie mit 6:4 für sich, nachdem eine Vorhand der kanadischen US-Open-Siegerin von 2019 im Aus gelandet war. Garcias Halbfinale (2:45 Stunden) und Finale (2:42 Stunden) waren zugleich die längsten Matches des Turniers. „Das Unvorhersehbare zeigt die Schönheit des Tennis und des Sports überhaupt“, sagte die Französin.
Vorhersehbar dagegen war das, was nach dem Spaziergang durch den Kurpark passierte. Am Sonntagmorgen um sieben Uhr ging Garcias Linienflug nach London. Gegen 15 Uhr an diesem Montag wird es die Französin auf dem Court 17 von Wimbledon mit der Britin Yuriko Miyazaki zu tun bekommen, die dank einer Wildcard antreten darf. In der zweiten Runde könnte eine weitere Britin warten, nämlich Emma Raducanu, Shootingstar von 2021 und sensationell US-Open-Gewinnerin. Dank ihres Bad Homburger Triumphs sieht sich Caroline Garcia gut gerüstet: „Man trägt den Titel im Herzen, er gibt Motivation in komplizierteren Zeiten.“