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IOC-Politik : Olympische Solidarität – mit Russland

Seite an Seite, nicht nur bei Olympia in Sotschi 2014: Russische Flagge neben IOC-Fahne Bild: AP

Vom Krieg gegen die Ukraine ist nicht die Rede, nicht von Leid, Invasion und Überfall: Russische Sportler sind willkommen in Paris 2024. Das IOC gewährt Putins Politik einen Platz in der olympischen Welt.

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          Das Internationale Olympische Komitee (IOC) bahnt russischen Sportlern den Weg zu den Sommerspielen von Paris im kommenden Jahr. Niemand kann überrascht sein. Wie selbstverständlich wird mit der eigenen „vereinenden Aufgabe, insbesondere in diesen Zeiten des Kriegs“ begründet, dass nur diejenigen russischen Sportler nicht olympischer Ehren würdig sein sollen, die den Krieg „aktiv unterstützen“. Was das heißt? Bleibt offen.

          Wirklich? Hätten Putins Soldempfänger in der russischen Sportelite, Soldaten in Trainingsanzügen, Spitzensport treibende Mitglieder der Invasionsarmee ausgeschlossen werden sollen, hätte das IOC dies so formuliert. Hat es aber nicht. Stattdessen ist von „Krieg in der Ukraine“ und nicht etwa vom „Krieg gegen die Ukraine“ die Rede und erst recht nicht von „Invasion“, „Überfall“ oder gar dem Leid ukrainischer Sportler. Bis Dezember sind nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj 180 von ihnen ums Leben gekommen, getötet von Krieg treibenden Mitgliedern der Invasionsarmee. Das IOC überschreibt sein Statement mit „Solidarität mit der Ukraine“ und erwähnt die Opfer, ob Sportler oder nicht, mit keiner Silbe.

          Niemand sollte davon überrascht sein. Die Winterspiele von Sotschi 2014 endeten, Putin raubte die Krim, die Paralympics begannen, anschließend begann das Töten im Donbas. Das IOC hielt still. Das russische Betrugsprogramm, Doping und seine Verschleierung, flog auf, doch bei allen Olympischen Spielen seither waren russische Sportler am Start. Der russische Sport ist ein wesentlicher Arm der Staatsgewalt. In Einzelfällen, fast ausschließlich sind es Individualsportler, zumeist nicht in Russland lebend, emanzipieren sich kritische Athleten öffentlich von der ihnen zugedachten Rolle.

          Das ändert aber nichts im Grundsatz und schon gar nicht in Bezug auf Olympia, denn genau auf diese Veranstaltung zielt Putin mit dem Sport seit seinem Amtsantritt. In seiner Welt gehen der Anspruch auf die Glorifizierung der russischen Nation in der Sportarena und die Zerstörung der Lebensgrundlage der ukrainischen Zivilbevölkerung Hand in Hand.

          In Putins Welt ist ein Sportler ein Unterstützer seiner Politik, für Zweifel daran gibt es keinen Raum. Doch das IOC lässt Putins Politik einen Platz in seiner olympischen Welt, wie es in seiner Geschichte der Politik von Gewaltherrschern und Kriegsherren wieder und wieder Platz gelassen hat. Olympische Spiele als Beitrag zu einer friedfertigen Welt sind eine vom IOC geschürte Illusion. Mit der Entscheidung, russischen Sportlern den Weg nach Paris zu bereiten, hat das IOC ein weiteres Mal dazu beigetragen, dass dies so bleibt.

          Christoph Becker
          Sportredakteur.

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