Olympische Winterspiele 2022 : Die Ölspur des Geldes führt nach Peking
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Eigentlich ein olympischer Wintertraum: Eine von fünf Schanzen mitten in Almaty Bild: Privat
Echter Schnee, imposante Sportstätten, eine begeisterte Bevölkerung: Almaty, der kasachische Bewerber für 2022, hat alles, was Olympische Winterspiele brauchen. Trotzdem ist Peking Favorit. Warum nur?
Winterspiele mit echtem Schnee, hohen Bergen, imposanten Sportstätten, begeisterter Bevölkerung, gewachsener Tradition, und das alles zu vernünftigen Preisen und ohne Bausünden - davon träumt Olympia. Darum wurde die Verblüffung bei den 14 Prüfern des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) während ihres Besuchs in Almaty immer größer.
Der kasachische Bewerber um die Winterspiele 2022 hat das alles. Doch ein Wintertraum genügt nicht, um das Großereignis zu gewinnen, es gibt ja auch noch die Wirklichkeit: Wirtschaftliche Probleme Kasachstans, die unklare Haltung des Diktators Nasarbajew, die sportpolitischen Kräfteverhältnisse und die Macht des einzig verbliebenen Konkurrenten Peking könnten am Ende schwerer wiegen als verschneite Hänge und Märchenbilder in Weiß.
Fünf Tage lang hat die Evaluierungskommission des IOC sich die Bewerbung in natura zeigen lassen. Für alle war es der erste Besuch. Die vermeintlichen olympischen Hinterwäldler präsentierten den staunenden IOC-Experten die legendäre Eisschnelllauf-Piste in der Höhenlage von Medeo, die sich in eine dramatische Bergkulisse kuschelt. Hier wurden einst Hunderte von Weltrekorden gebrochen. Das Tau-Park-Skigebiet liegt im Gebirge Tian Shan, dem Ausläufer der Berge von Tibet. Und die Sunkar Sprungschanzen mitten in der Stadt dürften zu den spektakulärsten Wintersportstätten der Welt gehören.
Die Bewerber demonstrierten den Prüfern, dass die meisten Anlagen bereits stehen und in Betrieb sind, nur das Olympische Dorf, die Bob- und Rodelbahn und eine Halle für die Eiswettbewerbe müssten neu gebaut werden. 2011 fanden hier die Asien-Winterspiele statt, für die Winter-Universiade 2017 soll bereits alles fertig sein.
Niemand müsste wegen der geplanten Neubauten umsiedeln, die maximale Entfernung der Wettkampfplätze zum Athletendorf beträgt 30 Kilometer. Es würden nirgendwo Tunnel gebohrt wie für Sotschi 2014, und das kalkulierte Budget beträgt nur einen Bruchteil der mehr als 37 Milliarden Euro, mit denen Russland die Welt schockiert hat. Noch während des IOC-Besuchs gab der Bewerber sogar bekannt, er werde 88 Millionen Euro sparen, indem er - nach einem technischen Einspruch des Ski-Weltverbands - auf die Einbindung des Skigebiets Schimbolak ganz verzichten werde.
Alexander Schukow, der Vorsitzende der Kommission, bescheinigte vergangene Woche zum Abschluss der Inspektion dem Kandidaten volle Tauglichkeit. Almaty erfülle alle Anforderungen, die das Olympische Reformprogramm „Agenda 2020“ an die Spiele stelle. „Der IOC-Besuch hat gezeigt, dass Almaty bestens geeignet ist“, sagte der russische Politiker, der selbst entscheidend in die Organisation der Spiele von Sotschi involviert war. Die „Agenda 2020“, die im Dezember 2014 verabschiedet wurde und die Reformen des Präsidenten Thomas Bach zusammenfasst, propagiert kostengünstige Spiele, die vorhandene Sportstätten nutzen und die Umwelt schonen sollen.
Peking würde Umwelt für Olympia 2022 nicht schonen
Mitbewerber Peking kann dies nicht unbedingt für sich reklamieren. Es ist geplant, die Eiswettbewerbe in der Riesenstadt auszutragen, die Schneewettkämpfe im 250 Kilometer entfernten Zhangjikau. Die Fahrt dorthin über eine ständig verstopfte, vom Smog verdüsterte Autobahn dauert bisher vier Stunden. Für Olympia soll eine Milliarden teure Schnellbahn errichtet werden. Das ganze Skigebiet müsste neu gebaut werden, zwei Dörfer würden dafür geopfert. Die Berge sind klein, eine überzeugende alpine Abfahrt wäre kaum möglich, Schnee gibt es selten. Im März wird sich die Evaluierungkommission dort genauer umsehen. Doch fest steht jetzt schon: Peking wird Favorit bleiben.