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Sportfunktionär Gäb : Mensch geblieben in der Leistungsgesellschaft

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Mit Hirn und Herz für den Sport: Hans Wilhelm Gäb Bild: dpa

Die Sporthilfe verleiht dem ehemaligen Tischtennis-Nationalspieler Hans Wilhelm Gäb die „Goldene Sportpyramide“ und nimmt den 84-Jährigen in die Hall of Fame auf. Dabei hatte die Jury vor allem Gäbs Lebenswerk im Blick.

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          Hans Wilhelm Gäb beeindruckt mit seinem unbeugsamen Leistungswillen und mit seiner unbestechlichen Haltung zu Anstand und Fairness. Ein Leben lang hat der mittlerweile 84-jährige Düsseldorfer sein Handeln an diesen Maximen ausgerichtet. In seinen späten Jahren war eine ganze Palette von verdienten Auszeichnungen die Folge, vom Großen Bundesverdienstkreuz bis zum Olympischen Orden, den er aus Protest gegen das Internationale Olympische Komitee zurückgab, das nach der Aufdeckung des Staatsdopings Russland nicht von den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro ausschloss.

          Jetzt ist ihm von der Stiftung Deutsche Sporthilfe die „Goldene Sportpyramide“ zuerkannt worden. Zugleich wird Gäb in die Hall of Fame des Sports aufgenommen, die er mitbegründet hat: „Besonders freut mich, dass in der Jury die bisherigen Gewinner der Goldenen Sportpyramide befragt wurden.“ Viele Olympiasieger und Weltmeister.

          Der ehemalige Tischtennis-Nationalspieler sammelte einst im Doppel und Mixed sowie mit der Mannschaft des PSV Borussia Düsseldorf deutsche Meistertitel, nahm an Welt- und Europameisterschaften teil. Die Jury aber hatte vor allem sein Lebenswerk im Blick. In einer Vielzahl von Spitzenämtern hat Hans Wilhelm Gäb den deutschen Sport mitgestaltet. Als Präsident des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) führte er das deutsche Tischtennis an die Weltspitze. Seit zwanzig Jahren berät er Timo Boll. Der mehrmalige Weltranglistenerste setzt nach Überzeugung von Gäb die ethischen Grundsätze des Sports vorbildlich um: „Timo ist leistungsstark, anständig, fair und freundlich.“ Die Nähe zu den Athleten hat Gäb auch in seiner Arbeit als Vorsitzender der Stiftung Deutsche Sporthilfe motiviert. Seine größte Liebe aber, nach der zu seiner Familie, gehört dem Tischtennis. Als Zwölfjähriger begann Gäb auf dem Wohnzimmertisch mit Pingpong. Als junger Mann entwickelte er einen Tischtennisschläger, den er 100.000-mal mit seinem Namenszug verkaufte. So finanzierte er das Germanistik- und Jura-Studium.

          Was ist nur an diesem Mann, dass er Ämter und Auszeichnungen magnetisch anzieht? Der bekennende Düsseldorfer, der die Kölner Lokalrivalen mit der Nachricht zu überraschen pflegt, dass er vom Weihbischof im Kölner Dom getauft wurde, hat bei aller Ernsthaftigkeit die Gabe, über sich selbst zu lachen. „Ein starker Antrieb für mich ist es, Freunde zu finden und andere Menschen anständig zu behandeln. Das ist ein Ergebnis des Sports.“ Gelegentlich kommt unter dem Firnis sanfter Freundlichkeit eine überraschende Härte zum Vorschein, mit der Hans Wilhelm Gäb eingreift, wenn es ihm geboten erscheint. So befreite er einst den DTTB von Korruption. Als Aufsichtsratsvorsitzender legte Gäb im September 2008 Ann Kathrin Linsenhoff nach gravierenden Auseinandersetzungen nahe, als Sporthilfechefin zurückzutreten. Danach war er heftigen Anfeindungen in den Medien ausgesetzt. Als notwendig betrachtete er den harten Schnitt, den Sporthilfevorstand von sechzehn auf fünf Mitglieder plus Vorsitzenden und hauptamtlichen Geschäftsführer zu reduzieren.

          Gäb legt die Hände nie in den Schoß. Das galt sogar, als 1994 eine Lebertransplantation erforderlich wurde. Die Erkrankung hatte 1991 dazu geführt, dass sich der frisch ernannte Chef de Mission der gesamtdeutschen Olympiamannschaft von Barcelona 1992 aus sämtlichen Ehrenämtern des Sports zurückziehen musste. Er hatte Präsident des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) werden sollen, das war der Wunsch des NOK-Chefs Willi Daume.

          Nur fünf Wochen nach seiner Operation kehrte er an seinen Arbeitsplatz als Vizepräsident Europa von General Motors Europa nach Zürich zurück. 1997 wechselte Gäb für zwei Jahre als Aufsichtsratsvorsitzender der Adam Opel AG nach Rüsselsheim. Dort hatte er mit der López-Affäre gleich ein ganz dickes Brett zu bohren. Typisch für ihn, dass er voller Dankbarkeit für seine Genesung 1996 den Verein „Sportler für Organspende“ gründete, den er 2004 um den Verein „Kinderhilfe Organtransplantation“ erweiterte. Zahlreiche Prominente, von Steffi Graf bis Rosi Mittermaier, von Franz Beckenbauer bis Michael Schumacher unterstützten seinen Wunsch, die schleppende Bereitschaft zur Organspende zu forcieren.

          Gäbs Gaben erlauben es ihm, in die unterschiedlichsten Rollen zu schlüpfen. Sein Können als Journalist verband sich glücklich mit seinem Interesse an Autos und am Motorsport. Gemeinsam mit einem Partner gründete er die „Auto Zeitung“ und arbeitete als deren Chefredakteur. Gäb wollte früh gestalten. Und bewies, dass Sport und Wirtschaft einander befördern. Mitte der achtziger Jahre eröffnete der PR-Spezialist dem Sportsponsoring neue Horizonte. Er gewann Steffi Graf, den Schwimmstar Franziska van Almsick und die Bergsteigerlegende Reinhold Messner ebenso als Partner und Werbeträger von Opel wie Bayern München und den AC Mailand. Damit gelang es ihm, der Marke Opel zu einem moderneren Image zu verhelfen. Seine Aufnahme in die Hall of Fame des Sportmarketings war die logische Konsequenz.

          Gäb wird oft „das moralische Gewissen des deutschen Sports“ genannt. Er kämpft leidenschaftlich gegen Doping. Als Sporthilfe-Chef verlangte er von den Athleten einen „Anti-Doping-Eid“. Der von ihm kreierte Leitsatz der Sporthilfe „Leistung. Fairplay. Miteinander“ ließe sich nicht nur auf die Wirtschaft übertragen: „Nur eine Leistungsgesellschaft, in der die Prinzipien des Sports lebendig sind, wird am Ende eine menschliche Gesellschaft bleiben.“

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