Sportjustiz : Cas lässt ehemalige Doper laufen
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Profiteurin des Urteils: Claudia Pechstein ist glücklich über das Cas-Urteil Bild: dapd
Der internationale Sportgerichtshof wertet den Ausschluss überführter Dopingsünder von den Spielen in London als rechtswidrig. Von dem Urteil profitiert auch die nun „glückliche“ Eisschnelläuferin Claudia Pechstein.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat einen Rückschlag im Kampf gegen Doper hinnehmen müssen. Am Donnerstag hob der Internationale Sportgerichtshof (Cas) die sogenannte Osaka-Regel des IOC von 2008 auf. Ziel dieser Regel sollte sein, Sportler von Olympischen Spielen auszuschließen, wenn ihnen zuvor wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Bestimmungen eine Sperre von mehr als sechs Monaten auferlegt wurde; sie sollten nach Ablauf ihrer Sperre keine Startberechtigung für die jeweils folgenden Spiele in ihren Sportarten erhalten. Die Osaka-Regel ist nun gekippt.
Das Cas gab dem amerikanischen Leichtathlet LaShawn Merritt Recht, der gegen das IOC geklagt hatte. Merritt darf nach einer fast zweijährigen Dopingsperre seit dem Sommer wieder am organisierten Sport teilnehmen. Bei den Weltmeisterschaften gewann der Doppel-Olympiasieger von 2008 eine Silbermedaille. Merritt gewann den Prozess, weil das Cas bei der Überprüfung der Statuten einen schweren juristischen Verstoß entdeckte und die Osaka-Regel deshalb für „ungültig“ erklärte. Nach Angaben des Cas hat das IOC gegen seine eigenen Statuten verstoßen, weil es sich bei der Sperre für Olympia nicht um eine Zugangsbegrenzung handele, sondern um eine zweite Sanktion für den Doper. Zu der im Kodex der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) festgelegten Bestrafung von im Falle Merritts 21 Monaten sollte noch der Ausschluss von den Spielen in London 2012 hinzukommen. „Eine solche Disziplinarstrafe ist nicht mit Artikel 23.2.2. des Wada-Kodex vereinbar“, schreibt das Cas in seiner Erklärung. Die Regelung des IOC entspricht also einer unzulässigen Verlängerung der Sanktion. Eine doppelte Bestrafung in einer Sache („ne bis in idem“) ist ein Rechtsverstoß. In Deutschland ist dies in Artikel 103 Absatz 3 des Grundgesetzes festgehalten.
Der deutsche Sport reagierte unterschiedlich auf das Urteil. Thomas Bach, Vizepräsident des IOC und Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, bedauerte die Entscheidung, weil sie den Versuch, die Vorbildwirkung von Olympiateams zu stärken, zunächst schwäche. Die wegen Blutdopings für zwei Jahre gesperrte Eisschnell-Läuferin Claudia Pechstein sieht in der Entscheidung „einen Sieg der Gerechtigkeit“. Sie ist nun grundsätzlich für die Winterspiele 2014 in Sotschi startberechtigt. Springreiter Christian Ahlmann, wegen der Vergabe des verbotenen Mittels Capsaicin an sein Pferd Cöster während der Sommerspiele 2008 in Peking für acht Monate aus dem Verkehr gezogen, darf bei den Sommerspielen 2012 wieder mitspringen, wenn er nominiert wird. Neben Merritt machen sich unter anderen nun auch einst überführte Doper wie die viermalige Schwimm-Weltmeisterin Jessica Hardy aus den Vereinigten Staaten, die Hammerwurf-Weltmeisterin Tatjana Lysenko, die Radprofis David Millar (England) und Alejandro Valverde (Spanien) sowie Sprint-Olympiasieger Justin Gatlin (Vereinigte Staaten) Hoffnungen, in London antreten zu können. Wahrscheinlich aber werden überführte Athleten nicht lange vom Spruch des Cas profitieren. Die Richter empfahlen dem IOC, den Wada-Kodex ändern und dabei den Olympia-Ausschluss in die Strafe für einen Dopingverstoß einfließen zu lassen. Das würde ihren Ansprüchen genügen. Der Kodex soll 2013 erneuert werden.