Japans NOK-Präsident tritt ab : Ein sehr japanischer Rücktritt
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Trauriger Abgang: Tsunekazu Takeda gibt als japanischer NOK-Chef auf. Bild: AFP
Tsunekazu Takeda, der Olympia 2020 nach Tokio geholt hat, tritt unter dem Druck französischer Korruptionsermittlungen zurück. Dennoch bestreitet er ein Fehlverhalten und will seine Unschuld beweisen.
Weniger als 500 Tage sind es noch bis zum Beginn der Olympischen Spiele 2020 in Tokio. Ein Rücktritt des Vorsitzenden des Nationalen Olympischen Komitees ist zu einem solch späten Zeitpunkt eigentlich nicht mehr vorgesehen. Japan aber nimmt diese Schmach jetzt doch hin, um größeren Schaden von den Spielen abzuwenden. Tsunekazu Takeda, der Präsident des Japanischen Olympischen Komitees, kündigte an diesem Dienstag in Tokio seinen Rücktritt an.
Takeda will das Amt aufgeben, wenn seine reguläre Amtszeit im Juni endet. Auch seine Mitgliedschaft im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wird dann enden. Er zieht damit die Konsequenz aus den Vorermittlungen französischer Ermittler, die Takeda in einen vermuteten Bestechungsskandal um die Vergabe der Sommerspiele nach Tokio verwickelt sehen. Der Noch-Präsident bestreitet wie schon zuvor ein Fehlverhalten und will seine Unschuld beweisen.
Es sei sehr bedauerlich, dass er öffentliche Besorgnis verursache, sagte Takeda in einer für Japan üblichen Formulierung. Er wolle die Zukunft des Japanischen Olympischen Komitees einer jüngeren Generation überlassen, die zu Tokio 2020 hinführe, begründete er seine Entscheidung. Im Januar noch, als die Vorwürfe wegen der französischen Untersuchung wieder hochkochten, hatte Takeda in einer nur sieben Minuten dauernden Pressekonferenz, in der er keine Fragen zuließ, die Anschuldigungen entschieden zurückgewiesen. Als möglicher Nachfolger des scheidenden Präsidenten des Japanischen Olympischen Komitees gilt Yasuhiro Yamashita, ein Judoka, der bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles Gold geholt hatte.
Hinter der Rücktrittsankündigung steht anscheinend auch Druck aus dem Internationalen Olympischen Komitee, das einen Rufschaden fürchtet. Japanische Sportfunktionäre wurden nach Medienberichten von IOC-Vertretern informiert, dass IOC-Präsident Thomas Bach zu einer Zeremonie im Juli ein Jahr vor der Eröffnung der Sommerspiele nicht anreisen könnte. Doch wirft der vermutete Skandal auch einen Schatten auf das IOC, das den Bieterprozess um die Austragung Olympischer Spiele noch nicht hinreichend von verdächtigen Zahlungen gereinigt hat. Ein IOC-Sprecher äußerte „noch größeren Respekt“ vor Takedas Entscheidung, da dieser sich zurück ziehe, „um die Olympische Bewegung zu schützen“ und verwies auf die Unschuldsvermutung.
In der französischen Ermittlung geht es um eine Zahlung von 220 Millionen Yen (rund 1,7 Millionen Euro) an die in Singapur ansässige Beratungsgesellschaft Black Tidings. Die französischen Ermittler vermuten hinter dem Unternehmen Papa Massata Diack, einen der Söhne des mächtigen früheren IOC-Mitglieds Lamine Diack aus Senegal, der womöglich afrikanische Stimmen für die Bewerbung Tokios zusammentrommelte. Tokio setzte sich 2013 gegen Madrid und Istanbul durch. Takeda hat eingestanden, die Zahlung genehmigt zu haben, will aber in den Entscheidungsprozess nicht eingebunden gewesen sein. Er habe keinen Grund gehabt, den gewöhnlichen kommerziellen Kontakt infrage zu stellen, sagte er schon früher. Ein japanischer Untersuchungsausschuss hatte keine Hinweise auf Bestechungsgelder gefunden.
Warum Takeda nicht schon am Dienstag zurücktrat und noch bis Juni wartet, erklärte er mit Pflichtgefühl. Das Detail wirft aber auch ein Licht auf die starke Stellung, die der ehemalige Dressurreiter unter Japans Olympioniken innehat. Während der Vorstandssitzung am Dienstag sahen manche Mitglieder nach japanischen Medienberichten keine Notwendigkeit für einen Rücktritt. Takeda, der an den Olympischen Spielen 1972 in München und 1976 in Montreal als Reiter teilnahm, führte das Japanische Olympische Komitee seit 2001. Es galt eigentlich schon als abgemacht, dass die Altersregelung des Verbands geändert werden sollte, um dem 71-Jährigen die Präsidentschaft bis nach den Olympischen Spielen im kommenden Jahr zu ermöglichen. Das war auch als Dank dafür gedacht, dass Takeda die Sommerspiele zum ersten Mal seit 1964 wieder nach Japan geholt hatte. Damit hatte Takeda auch einen Wunsch seines Vaters erfüllt. Prinz Tsuneyoshi Takeda, ein Enkel des Kaiser Meiji und ein Vetter von Kaiser Hirohito, hatte als Reiter an den Olympischen Spielen 1936 in Berlin teilgenommen. Von 1962 bis 1969 leitete er das Japanische Olympische Komitee und erlebte als Präsident die Sommerspiele 1964 in Tokio.
Eine mögliche Anklage Takedas würde das Image von Tokio 2020 deutlich verdunkeln und frühere Aufgeregtheiten in den Schatten stellen. Das Vorbereitungskomitee hatte einen ersten Entwurf für das olympische Logo wegen eines Plagiatsvorwurfs zurückziehen müssen. Auch wurde der Neubau des Stadions in Tokio neu ausgeschrieben und entworfen, weil eine Kostenexplosion drohte. Mit mindestens zwei Billionen Yen (16 Milliarden Euro) sind die Kosten für die Spiele dennoch etwa dreimal so hoch wie ursprünglich geplant. Bach hatte Japan dennoch im Dezember das Lob ausgesprochen, dass es sich um die am besten vorbereiteten Olympischen Spiele handele.