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Rhein-Ruhr 2032 : Olympia-Projekt als „Hebelthema“

  • -Aktualisiert am

Vision für 2032: Olympische Ringe in Nordrhein-Westfalen Bild: Imago

Die Bewerbung Rhein-Ruhr will ein neues deutsches Wirtschaftswunder antreiben. Moderne Verkehrssysteme sollen ebenso entstehen wie ein Schub für Energiewende und Digitalisierung.

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          Um Sport ging es eigentlich nur in der Peripherie des prominent besetzten Kongresses, der in der vorigen Woche in Duisburg unter dem Namen „#neuland“ stattgefunden hat, und doch ist die Veranstaltung eine tragende Säule des Projektes, an dessen Ende 2032 Olympische und Paralympische Spiele in der Region Rhein-Ruhr stattfinden sollen.

          Die Chefs der Daimler AG, von RWE, der Deutschen Bank und anderer großer Unternehmen tauschten sich mit Politikern wie Christian Lindner (FDP), Robert Habeck (Grüne) oder Andreas Scheuer (CSU) über die Digitalisierung des Lebens und der Wirtschaft, über Mobilität und die Dekarbonisierung unseres Lebens aus. Wissenschaftler wie der Professor Günther Schuh, der den Kongress gemeinsam mit dem Eventmanager Michael Mronz veranstaltet, entwarfen Visionen von einer leuchtenden Zukunft. „Es gibt eine neue Idee“, sagte Mronz, der Mastermind hinter dem nordrheinwestfälischen Olympia-Projekt. „Nach dem fossilen Wirtschaftswunder der 1950er Jahre“ sei es möglich, „ein neues Wirtschaftswunder zu schaffen, das auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung ausgerichtet ist“.

          All das werde ohnehin passieren, wenn Deutschland im Allgemeinen und Nordrhein-Westfalen im Besonderen nicht den Anschluss verlieren wollen. Olympische Spiele sollen diese Entwicklungen nur beschleunigen, wiederholt Mronz seit vielen Monaten: „Deutschland ist nicht arm an Ideen und Visionen, Deutschland ist arm an Zieldaten, um etwas bis zu einem konkreten Zeitpunkt umzusetzen.“ Das soll sich ändern, wenn klar ist, dass 2032 in 14 Städten in NRW von Aachen über Köln und Düsseldorf bis nach Dortmund Olympische Spiele stattfinden werden.

          Die Privatinitiative, in die staatliche Stellen und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) erst nach einer Bürgerbefragung Ende 2021 oder Anfang 2022 einsteigen sollen, ist dabei, sich tief zu verwurzeln in der Politik und in der Elite der nationalen Wirtschaft. Kritiker könnten diese Strategie als Anflug jener Gigantomanie begreifen, die die Macher des Olympia-Projektes – und auch das Internationale Olympische Komitee – überwinden wollen, damit die großen Summen an Steuermitteln, die Olympische Spiele kosten, dem Gastgeber dauerhaft zugutekommen.

          Wenn Mronz’ Plan sich so umsetzen lässt, wie er dargestellt wird, könnten die Bewohner der dichtbesiedelten Region Rhein-Ruhr tatsächlich deutlich mehr profitieren als Gastgeber früherer Spiele. 90 Prozent der Sportstätten sind vorhanden, lediglich eine Wildwasserbahn und ein Leichtathletikstadion fehlen, wobei das Dortmunder Westfalenstadion temporär zu solch einer Arena für die olympische Kernsportart umfunktioniert werden könnte. Statt Hallen und Arenen zu bauen, die später keiner braucht, sollen moderne Verkehrssysteme und ein Schub für die Energiewende und die Digitalisierung entstehen.

          Eventmanager Michael Mronz entwirft Visionen von einer leuchtenden Zukunft. „Es gibt eine neue Idee“.
          Eventmanager Michael Mronz entwirft Visionen von einer leuchtenden Zukunft. „Es gibt eine neue Idee“. : Bild: dpa

          Auf dem #neuland-Kongress, den Mronz und der Aachener Professor Schuh bereits zum dritten Mal veranstalteten, wurde nun auch ein erstes konkretes Konzept für den Bau eines Olympischen Dorfes präsentiert, das nach seiner Nutzung durch die Sportlerinnen und Sportler als Instrument gegen den Wohnraummangel in der Ballungsregion dienen soll. Der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen präsentierte einen Plan, dem zufolge die Unterkünfte über der A 40 errichtet werden könnten. Die Autobahn führt mitten durch die Stadt, die Idee zum Bau eines Deckels auf diese Verkehrsader existiert schon lange, wurde aber nie ernsthaft angegangen. 2032 könnte nun den entscheidenden Impuls geben. „Da bietet sich für uns eine Riesenchance“, sagte Kufen und bezeichnete das olympische Projekt als „Hebelthema“ für lauter dringend nötige Projekte, die nur langsam in Gang kommen.

          Mit großer Wucht

          Es scheint, als hätte Mronz tatsächlich ein Konstrukt ersonnen, das machtvoller ist als eine bloße Olympia-Bewerbung. Philipp Lahm, der frühere Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, sagte gerade in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dass die Kraft des FC Bayern auf einer Vernetzung mit der Wirtschaft beruhe, die über Jahre gepflegt wurde. Diesem Konzept folgt nun auch Mronz, und der #neuland-Kongress zeigte, wie weit die Initiative auf dieser Ebene schon gekommen ist.

          „In 2030 wollen wir mehr als 50 Prozent unserer Flotte mit klimaneutralen Fahrzeugen aufgerüstet haben“, kündigte Ola Källenius, der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG, an. Ronald Pofalla, der Vorstand Infrastruktur der Deutschen Bahn, versprach, dass sein Unternehmen auch im Hinblick auf das Olympia-Jahr zwölf Milliarden Euro in das nordrhein-westfälische Schienennetz investieren werde. Die Deutsche Bank hat 430 Milliarden Euro in ihren Kreditbüchern stehen, schon 2025 werde das Haus „einen guten Anteil von diesen 430 Milliarden Euro in nachhaltige Finanzierung setzen, das bedeutet, dass wir die Umstellung der Wirtschaft finanzieren wollen“, sagte Christian Sewing, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank.

          Die „Kernidee“ sei der Vorsatz, Dinge „nicht für, sondern durch Olympia durchzusetzen“, erklärte Mronz zum Abschluss. Auch Corona scheint ihn dabei nicht aufzuhalten. Vieles deutet vielmehr darauf hin, dass dieses Projekt schon jetzt eine größere Wucht hat als die gescheiterten Versuche von Berlin, Hamburg oder München, mal wieder Spiele in Deutschland auszutragen.

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