Wolfgang Niersbach : Fifa-Fürst mit guten Freunden
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Willkommen im Klub: Wolfgang Niersbach Bild: Reuters
Dank guter Kontakte zu den Fußballgrößen klettert Wolfgang Niersbach Stufe für Stufe nach oben. Nun zieht der DFB-Präsident in die Weltregierung des Fußballs ein. Fifa-Präsident Blatter straft die Uefa mit Arroganz.
Vom Agenturjournalisten zum Mitglied der Weltregierung im Fußball: Die sportpolitische Karriere Wolfgang Niersbachs hat am Dienstag in Wien eine weitere Stufe genommen. Beim Kongress der Europäischen Fußball-Union (Uefa) wählten die Delegierten ihn ohne Gegenkandidat per Akklamation zu ihrem Gesandten in die Exekutive des Fußball-Weltverbandes (Fifa). Damit folgt der 64 Jahre alte Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) seinem Erzfeind Theo Zwanziger nach, dessen Amtszeit beim Fifa-Kongress am 29. Mai in Zürich endet.
Auch Niersbachs Förderer Franz Beckenbauer, den er bewundert, war schon einmal Mitglied der Fifa-Exekutive. Doch musste Beckenbauer dafür Lichtgestalt werden. Niersbach hingegen kletterte auch dank guter Kontakte zu den Fußballgrößen Stufe für Stufe nach oben, vom Pressesprecher zum WM-Manager, zum DFB-Generalsekretär, zum Präsidenten, zum Fifa-Fürsten.
Platini per Akklamation bestätigt worden
Zuvor war Michel Platini - auch ohne Gegenkandidat per Akklamation - für eine dritte Amtszeit als Präsident bestätigt worden. Der 59 Jahre alte Franzose, der die Uefa seit 2007 anführt, ist unumstritten in seinem eigenen Kontinentalverband.
Die Spannung dieses Kongresses lag also woanders, im immer wieder aufblitzenden Machtkampf um das Präsidentenamt im Weltverband. Europa hat sich von der Rest-Fußballwelt weitgehend isoliert, wenn es um die Haltung zum Fifa-Präsidenten Joseph Blatter geht, der im Mai für eine fünfte Amtszeit kandidiert. Europa betreibt seine Ablösung. Gleichzeitig ist es gut möglich, dass sich alle anderen fünf Kontinentalverbände hinter den 79 Jahre alten Schweizer stellen werden.
Insofern war das Grußwort, mit dem Blatter den Kongress in Wien eröffnete, nicht ohne Pikanterie. Die darin enthaltenen Freundlichkeiten waren geschenkt. Alles wartete darauf, seinen Worten ein Zeichen der Aggression gegen seine Gastgeber zu entnehmen. Doch er blieb scheinbar staatsmännisch, indem er alle Institutionen des Fußballs zur Einheit aufrief. „Ich appelliere an Sie alle, zusammen mit der Uefa, mit Europa diese Einheit herzustellen.“ Blatter meint damit wohl, dass es in der Fifa-Präsidentenfrage nur einen möglichen Konsens gibt: nämlich ihn.
Dass Blatter darauf verzichtete, am Ende des Kongresses in einen Rede-Wettstreit mit seinen Gegenkandidaten einzutreten, kann durchaus als Zeichen der Arroganz gewertet werden. Ein Manifest habe er nicht nötig, sagte er vorher, seine Arbeit sei sein Manifest. Der Niederländer Michael van Praag, der Portugiese Luis Figo und der Jordanier Prinz Ali bin al Hussein hingegen nutzten das Forum, um für sich zu werben. Alle drei wurden von europäischen Verbänden für die Fifa-Präsidentenwahl nominiert. Michel Platini hingegen, der einst als Blatters Kronprinz angesehen wurde, wagte keine eigene Kandidatur. Welchen der drei Anwärter die Uefa am Ende unterstützen wird, ist zwei Monate vor der Wahl noch offen.
Platini, gestärkt durch das überzeugende Votum des Kongresses, ließ es sich dann doch nicht nehmen, in Anwesenheit Blatters und der anderen Kontinental-Präsidenten auf Angriff zu gehen. „Einige versuchen vielleicht, uns gegeneinander auszuspielen, uns zu spalten, um besser zu herrschen“, sagte der Franzose. Um dann ein vergiftetes Kompliment hinterherzuschicken: „Wir stellen nur an jene Menschen und Institutionen hohe Anforderungen, die uns etwas bedeuten.“
Niersbach, der auch Platini als seinen Freund bezeichnet, dürfte sein neues Mandat konzilianter angehen. „Ich sehe es als meine Aufgabe und meinen klaren Auftrag an, in dieser Rolle für die Interessen des deutschen und europäischen Fußballs einzutreten“, wurde er in einer DFB-Mitteilung zitiert. „Für mich ist und bleibt es eine Gemeinschaftsaufgabe, den Fußball weiterzuentwickeln und zu verändern.“ Sowohl Platini, der als Uefa-Präsident automatisch der Fifa-Regierung angehört, als auch deren neues Mitglied Niersbach werden sich ohnehin mit Blatter an einen Tisch setzen müssen.