Werkzeugkiste des IOC : Umfrage bestätigt Bach
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Im Flug: Thomas Bach, bald wieder in Tokio Bild: dpa
Eine „qualitative Erhebung“ unter Athleten zeigt: Die Mehrheit der Sportler sei gegen politische Äußerungen in der Arena. Das berichtet IOC-Chef Thomas Bach nun. Auch zu den anstehenden Olympischen Spieler äußert er sich.
Thomas Bach steigt wieder ins Flugzeug. Zum ersten Mal seit Ausbruch der Corona-Pandemie wird der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am Wochenende nach Tokio reisen. Bestandsaufnahme mit Blick auf die Olympischen Spiele im kommenden Sommer, von denen Bach nicht sagen kann, unter welchen Umständen sie stattfinden werden. Aber die Gewissheit wächst, dass es Spiele geben wird, und Bach hat eine gute Nachricht im Gepäck.
Die Einigung der nordamerikanischen Basketball-Profis mit der NBA auf einen Saisonstart noch in diesem Jahr bringt die Aussicht auf ein erstklassig besetztes Olympia-Turnier mit sich. Ansonsten lässt sich wenig verlässlich prognostizieren. Bach sagte nach der Sitzung der IOC-Exekutive am Mittwoch, er sei zuversichtlich, dass die Wettkampfstätten im Sommer 2021 mit einer „vernünftigen Zahl“ Zuschauern gefüllt sein werden. Konkreter, etwa zur Frage, woher die Zuschauer denn kommen werden – Aus Tokio? Aus ganz Japan? Aus der ganzen Welt? –, wurde Bach nicht. Die Entscheidung über die olympische Zukunft des Gewichthebens wurde aufgeschoben, auf die Zeit nach Tokio. Bach stellte fest, dass sich in der Führung des korruptionsdurchsetzten Gewichtheberverbands IWF nichts geändert habe, bis auf den Abgang des früheren Präsidenten Tamas Ajan.
Olympia coronasicher?
Bach bemüht gern das Bild von der Werkzeugkiste, die helfen soll, die Spiele coronasicher zusammenzuzimmern: Was nicht passt, wird passend gemacht. Ein Werkzeug, auch in der Pandemie: Geld. Der „Olympic Solidarity“-Fonds zur Unterstützung von Nationalen Olympischen Komitees wurde um 16 Prozent auf 499 Millionen Euro aufgestockt, die Unterstützung von Athletenprogrammen um 25 Prozent.
Das Heimwerker-Motto gilt auch für Diskussionen, die über Tokio hinausweisen. Die Athletenkommission des IOC hat seit Frühsommer den Auftrag, zu erheben, wie die Athleten in aller Welt zur Frage von politischen Meinungsäußerungen im Stadion und bei Siegerehrungen stehen. Die Kommission wird von Zimbabwes Sportministerin Kirsty Coventry angeführt, die in anderer Funktion gerade führend die Olympischen Jugendspiele von Dakar 2026 vorbereitet. Im Oktober hatte Bach gesagt, Olympische Spiele dürften nicht zum „Marktplatz der Demonstrationen“ werden. Nun sagte er, die Athletenkommission habe beim Treffen mit seiner Exekutive, in der Kirsty Coventry auch sitzt, von der „qualitativen Erhebung“ berichtet. Demnach sei die „Mehrheit der Athleten“ dafür, „das Spielfeld geschützt zu belassen, während man nach kreativen Lösungen suchen solle, um anderenorts Unterstützung für die olympischen Werte auszudrücken“. Nun folge die „quantitative Erhebung“ unter Sportlern; diese Prozedur sei „von Anfang an“ von der IOC-Exekutive unterstützt worden.
Bachs Worte fielen auf. Der rhetorische Kniff des IOC-Präsidenten nennt sich „framing“. In rund einem Jahr stehen die Winterspiele in Peking an. Athletenprotest gegen das Einsperren von Uiguren und anderen Muslimen in Konzentrationslagern, gegen den Umgang der chinesischen Einparteien-Diktatur unter Xi Jinping mit Hongkong, Tibet, mit der Freiheit an und für sich wäre allenfalls indirekt Unterstützung für Werte, die in der Olympischen Charta stehen, aber nicht zuletzt bei der Wahl von Ausrichterorten manches Mal hintanzustehen scheinen.
„Ich befürchte, die Aussage von Thomas Bach engt den Prozess ein“, sagt Johannes Herber, Geschäftsführer der Athletenvereinigung Athleten Deutschland. Die Organisation hätte sich gern aktiv in den Prozess eingebracht. Sie ist dazu von der Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbunds mandatiert. Allein: Über den Austausch freundlicher E-Mails mit der IOC-Athletenkommission ging es nicht hinaus, ein inhaltliches Gespräch ist bislang nicht zustande gekommen. Seit Anfang Oktober hat Athleten Deutschland dazu nichts mehr gehört. In der Sache lohnt auch der Aufruf der IOC-Website Athlete365. Dort finden sich Zusammenfassungen von Umfragen aus Kanada, Australien, hinterlegt von den Athletenvertretungen, und jene aus Deutschland, vorgenommen und präsentiert vom DOSB selbst. Athleten Deutschland will versuchen, sich nun in die „quantitative Erhebung“ einzubringen. Schließlich hatte die deutsche Sportlervertretung schon früh bemerkt, dass die Umfrage sehr sorgfältig vorbereitet werden muss. Auch das diesbezügliche Angebot zur Mitwirkung griffen die IOC-Athleten nicht auf.