IOC-Präsidentschaftswahl : Gespannt auf den Tag P
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Der Abstieg der Istanbuler Bewerbung
Ob Bach dafür der richtige ist? Seine Ausbildung auf allen Ebenen ist perfekt, sein Image in Deutschland zwiespältig. Zwei Magazinsendungen des WDR-Fernsehens haben sich zuletzt mehr oder weniger als Aufwärmküche deutscher Sportskandale betätigt, in deren Nähe Bach sich befand, ihm aber keine verfängliche Beteiligung nachweisen können. Auch die Beleuchtung seiner Tätigkeit als Wirtschaftsanwalt und Präsident der Deutsch-Arabischen Handelskammer Ghorfa, die deutschen Firmen für Verkäufe in arabische Länder bescheinigt, keine Waren israelischen Ursprungs zu enthalten, brachte bislang keine substantiellen Vergehen zu Tage. Bach wehrt sich seit einigen Wochen gegen Medien-Anfragen, die er für ehrenrührig hält, mit Hilfe eines einschlägigen Anwalts. Doch Deutschland ist jetzt weit weg - für Bach ist es entscheidend, in Buenos Aires die IOC-Mitglieder von sich zu überzeugen.
Eine andere Art von Richtungs-Entscheidung steht bereits an diesem Samstag mit der Wahl der Olympiastadt 2020 bevor. Jeder der drei Bewerber leidet an einer anderen Welt-Krankheit: Istanbul an Gewaltexzessen, Tokio an einer Umweltkatastrophe und Madrid an der Finanzkrise. Istanbul, das mit seiner bereits fünften Bewerbung lange als Favorit galt mit seiner Verbindung zweier Kontinente, der jungen Bevölkerung und der boomenden Wirtschaft, hat sich innerhalb kürzester Zeit in ein Pulverfass verwandelt. Das gewaltsame Vorgehen gegen protestierende Bürger, die Nachbarschaft zum Kriegsschauplatz Syrien und die vielen positiven Dopingfälle, allein 31 in der Leichtathletik, zuletzt gar ein traditioneller Ölringer, haben die Chancen der türkischen Metropole erheblich geschmälert.
Ringer kehren auf olympische Matte zurück
Tokio mit seiner zweiten Bewerbung gilt zwar als sicherer Ort, an dem man sogar üblicherweise seine verlorene Brieftasche samt Inhalt auf dem Fundbüro wiederbekommt. Aber die riesigen Mengen aus dem Kraftwerks-Wrack Fukushima ausströmenden radioaktiven Wassers könnten die IOC-Mitglieder abschrecken. Madrid, zum dritten Mal am Start, gilt längst nicht mehr als Außenseiter, schließlich kennt man das Mittel gegen die Geldmangel-Krankheit - Geld. Die meisten Bauten stehen im Übrigen schon, Madrid hat das kleinste Investitionsbudget (1,46 Milliarden Euro, Istanbul: 12,72) und die Lage im alten Europa verspricht ein ruhiges Umfeld, zumal die IOC-Nerven angesichts der Problem-Spiele in Sotschi 2014 und Rio 2016 nicht die besten sind. Alle drei Anwärter werden von den Ministerpräsidenten ihrer Länder begleitet: Shinzo Abe aus Japan, Mariano Rajoy aus Spanien und Recep Tayyip Erdogan aus der Türkei. Aber Madrid hat noch einen weiteren Trumpf zu bieten: Den Kronprinzen Felipe.
Am kommenden Sonntag werden aller Voraussicht nach die Ringer auf die olympische Matte zurückkehren. Nach dem heftigen Warnschuss im Februar in Lausanne haben sich Griffkünstler aus aller Welt zusammengetan und eine Lobby aufgebaut, die ihresgleichen sucht. Mit dem serbischen Bauunternehmer Nenad Lalovic wählte der Weltverband Fila einen neuen Präsidenten von imposanter Gestalt, der den Sport im Rekordtempo reformierte und die Delegation in Buenos Aires anführt. Überragen wird die Gruppe aber Alexander Karelin, dessen Erscheinung noch heute von den olympischen Ur-Ringern 708 vor Christus zu zeugen scheint. Heute ist er Abgeordneter der russischen Staats-Duma und wahrscheinlich auch in Buenos Aires wieder einmal unbesiegbar.