
Handball-WM mit Zuschauern : Ohne Verstand
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In Ägypten bei der Handball-WM sollen tatsächlich 20 Prozent der Plätze mit Zuschauern besetzt sein. Bild: Reuters
Die Welt wird weiter heruntergefahren. Nur der Profisport ist offenbar ausgenommen: ein Hygienekonzept – und schon scheint alles möglich. Bei der Handball-WM soll es gar Zuschauer geben. Welches Zeichen will der Sport senden?
Diese Pandemie bestimmte erst ein paar Wochen unser Leben, als ein mit neuem Text versehener Cartoon der Peanuts ein Hauptproblem auf den Punkt brachte. Zu sehen war Charlie Brown, der mit seinem Hund Snoopy von einem Ufer aus auf einen See blickte und sagte: „Ein Virologe hat gerade gesagt, die größte Waffe gegen dieses Virus sei der gesunde Menschenverstand.“ Worauf in Snoopys Sprechblase stand: „Wir sind verloren. Die Hälfte von uns ist unbewaffnet.“
Die Welt wird in diesen Tagen in vielen Ländern angesichts eines mutierenden und offenbar immer ansteckenderen Virus heruntergefahren. Lockdowns, wohin man blickt, verschärfte Quarantänebedingungen bei Reisen, eingeschränkte Bewegungsradien, geschlossene Schulen und Kitas, Ausgangsverbote, die Empfehlung zum Homeoffice und zur Vermeidung unnötiger Kontakte. Nur der Profisport scheint von alldem ausgenommen: ein Hygienekonzept – und schon scheint alles möglich und kein Problem mehr.
Dass ein nationaler Sportbetrieb im Profibereich mit der nötigen Sorgfalt einigermaßen sicher aufrechtzuerhalten ist, mag einleuchten – aber eine WM mit Teams aus 32 Ländern, genau jetzt? In Ägypten kommen beim Treffen der Handball-Nationen Menschen zusammen, die sich derzeit unter normalen Umständen niemals treffen dürften.
Was könnte dem gesunden Menschenverstand mehr widersprechen? Eines schon: das Ganze auch noch mit Zuschauern zu veranstalten. Zwanzig Prozent der Plätze in den Hallen sollen besetzt werden dürfen, so schwebt es dem internationalen Handball-Verband vor. Zu Hause sind die Kontaktmöglichkeiten eingeschränkt, dort sitzen Fans in der Halle: Welches Bild will der Sport senden?
Wir werden uns viel verzeihen müssen, hatte der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn zu Beginn der Pandemie gesagt. Immer noch einer der klügsten Sätze – und einer, der auch auf den deutschen Handball anzuwenden ist. Die Kritik des DHB-Präsidenten Andreas Michelmann und von Torhüter Andreas Wolff an der Absage einiger deutscher Spieler, die auch wegen der aktuellen Pandemieentwicklung zu Hause bleiben, ist völlig deplaziert. Denn eines müsste einleuchten: Je größer die Veranstaltung, desto mehr Menschen muss das Sicherheitskonzept umfassen – und desto größer wird das Risiko.
