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Paralympics als Inspiration : Die Leuchttürme unserer Gesellschaft

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„Die Paralympischen Spiele sollten eine Quelle der Inspiration sein“, sagt Friedhelm Julius Beucher. Bild: imago/Pressefoto Baumann

Bei den Paralympics ist zu sehen, zu was Menschen in der Lage sind. Doch die Spiele sind keine Show. Sie sind der Beweis dafür, dass es keine Grenzen geben darf – auch nicht im Alltag. Ein Gastbeitrag.

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          In dieser Woche haben in Tokio die Paralympischen Spiele begonnen. Sie bergen das Potential, die Welt besser zu machen. Denn sie werden immer mehr wahrgenommen. Auf der ganzen Welt entdecken Gesellschaften, wie sie mit Menschen mit Behinderung umgehen. Über das Sportereignis kommen sie zu der Erkenntnis, dass es nicht reicht, alle zwei Jahre im Sommer und Winter Athletinnen und Athleten zu den Paralympics zu schicken, sondern dass diese Spiele, so wie sie aus der Gesellschaft heraus gefördert werden, auch in sie hinein wirken. Von der Nachwuchsförderung über den Breitensport führt das zu der generellen Frage nach Teilhabe von Menschen mit Behinderung.

          Japan, Gastgeber der Spiele, ist dafür ein gutes Beispiel. Hier sind Kinder in Schulen aufgefordert worden, sich in Rollstühle zu setzen und Sport zu treiben. So erlebten sie, dass es schwerer ist, einen Ball zu werfen oder eine Kugel zu stoßen, wenn man sitzen muss, statt auf zwei Beinen zu stehen. Diese Erfahrung schafft Akzeptanz und Bewunderung für diejenigen, die das beherrschen. Und vielleicht spielen nun mehr Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Rollstuhlbasketball.

          Leuchttürme der Gesellschaft

          Leistungssportler mit Behinderung sind Leuchttürme unserer Gesellschaft. Sie zeigen, was Menschen zu leisten in der Lage sind. Sie widerlegen, dass Menschen mit Behinderung weniger leisten, sie strafen das Wort Invalide Lügen. Wer kann sich schon vorstellen, dass jemand, dem ein Unterschenkel fehlt, mit Prothese 8,62 Meter weit springt? Bis er Markus Rehm sieht. Bei seinem Weltrekord ist Rehm weiter gesprungen als der Olympiasieger von Tokio. Das muss auch der klassische, der olympische Sport lernen, vom Weltverband bis in die Vereine: sich zu öffnen für Menschen mit Behinderung.

          Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes
          Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes : Bild: Sven Simon

          Wir im Deutschen Behindertensportverband können mit unseren 6500 Vereinen doch gar nicht abdecken, was sich an Sport und Lebensfreude entwickeln will. Für Bewegungsfreude darf es keine Grenzen geben. Die Paralympics hätten ihren Sinn verfehlt, wenn es sie lediglich als Leistungsvergleich alle zwei Jahre gäbe. Sie sind keine Show und kein Refugium. Die Paralympischen Spiele sind Treiber der Entwicklung.

          Lust am Wettkampf

          Die Urform des Sports ist der Vergleich. Das gilt für paralympische Sportlerinnen und Sportler genauso wie für olympische. Deren Lust am Wettkampf ist nicht zu unterschätzen. Sie soll anstecken. Sie soll ausstrahlen von Topathleten auf alle Teile der Gesellschaft. Sport ist schon deshalb wichtig, weil er Kinder lehrt, mit Niederlagen umzugehen. Sport bereitet auf das Leben vor.

          Diejenigen, die durch einen Unfall ihre Einschränkung erlitten haben oder mit ihr geboren wurden, zeigen uns beispielhaft, wie man mit einer solchen Situation umgeht. Sie zeigen durch Willensstärke und mithilfe des Sports unmissverständlich, dass sie starke, wertvolle und eben nicht benachteiligte Mitglieder der Gesellschaft sind. Dies hat Vorbildfunktion. Die Paralympischen Spiele sollten eine Quelle der Inspiration sein, hat in dieser Woche Eva Loeffler im Interview einer japanischen Zeitung gesagt.

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