Gesetz gegen Doping : Bezahlte Lobbyisten?
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Linda Helleland, scheidende Vizepräsidentin: „Die Wada kann nicht gegen nationale Gesetzgebung Lobbyarbeit betreiben, einfach weil die Wada sie nicht mag.“ Bild: Picture-Alliance
Mit dem „Rodchenkov Act“ wollen die Vereinigten Staaten ein Gesetz verabschieden, das die Unterstützung von Doping auf der ganzen Welt unter Strafe stellt. IOC und Wada machen dagegen mobil.
Bezahlt die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) Lobbyisten ausgerechnet dafür, dass sie gegen das kommende Gesetz der Vereinigten Staaten agieren? Bis zu 250.000 Dollar hält die Wada bereit, um Zugang zu Politikern zu finden, die das Gesetz namens Rodchenkov Act unterstützen. Mit ihm soll die Unterstützung von Doping auf der ganzen Welt unter Strafe gestellt werden.
Im Gründungsrat der Wada griffen die Vertreterin des Weißen Hauses, Kendel Ehrlich, und die norwegische Abgeordnete Linda Helleland die Führung der Wada scharf an. „Was wir wollen und worum wir dieses Komitee bitten, ist, diese Bemühungen einzustellen“, sagte die Doping-Beauftragte der amerikanischen Regierung am Donnerstag in Kattowitz, wo die Welt-Anti-Doping-Konferenz stattfand. Sie erinnerte daran, dass die Vereinigten Staaten mit einem Beitrag von 2,5 Millionen Dollar größter Beitragszahler unter den Regierungen der Welt seien, und warnte davor, dieses Geld dafür zu benutzen, die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten zu unterminieren. Weder sie noch die Anti-Doping-Agentur der Vereinigten Staaten seien über das Lobbying der Wada informiert gewesen.
„Die Wada kann nicht gegen nationale Gesetzgebung Lobbyarbeit betreiben, einfach weil die Wada sie nicht mag“, sagte auch Linda Helleland, scheidende Vizepräsidentin der Wada. Geld, das von den Regierungen komme, dürfe nicht gegen das souveräne Recht zur Gesetzgebung eingesetzt werden, insbesondere Gesetzgebung gegen Korruption und Betrug. Das norwegische Parlament arbeite an einem ähnlichen Gesetz, sagte sie.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) ist, wie dessen Vertreter im Gründungsrat deutlich machten, besorgt über das Gesetz, das nach dem ehemaligen Moskauer Laborleiter Gregorij Rodtschenkow benannt ist. Dieser ist in die Vereinigten Staaten geflohen und hat, nachdem er den systematischen Betrug bei Doping-Kontrollen bestätigte, den massenhaften Austausch russischer Doping-Proben bei den Olympischen Winterspielen von Sotschi 2014 auffliegen lassen. In der Folge wurden Dutzende russische Athleten disqualifiziert. Das Gesetz stellt Verschwörung zum Doping zum Schaden von Sportveranstaltungen und Athleten unter Strafe, die bis zu zehn Jahre Haft und eine Million Dollar betragen kann – auch außerhalb der Vereinigten Staaten. Das Gesetz betrifft nicht sich selbst dopende Athleten. Das Repräsentantenhaus hat ihm vor gut drei Wochen zugestimmt, das positive Votum des Senats gilt als sicher.
Die IOC-Mitglieder Kersty Coventry aus Simbabwe, Ugur Erdener aus der Türkei, Francesco Ricci-Bitti aus Italien warnten im Gründungsrat vor den internationalen Auswirkungen des Gesetzes. Es gelte, Vorschriften zu harmonisieren, um sie wirkungsvoll zu machen. Kersty Coventry wiederholte, was IOC-Präsident Thomas Bach in seiner Eröffnungsrede der Konferenz in Kattowitz, ohne die Vereinigten Staaten zu nennen, kritisiert hatte, dass nämlich die auf der ganzen Welt für alle Athleten der olympischen Sportarten geltenden Anti-Doping-Regeln und -Kontrollen in den großen Profi-Ligen (Amerikas) keine Anwendung finden. Warum schützten die Vereinigten Staaten nicht auch die Gesundheit dieser Athleten, fragte die ehemalige Schwimmerin und Sportministerin von Simbabwe. Das IOC trägt mehr als 17 Millionen Dollar, das ist die Hälfte, zum Budget der Wada bei.
Wada-Generalsekretär Olivier Niggli bestritt, dass die Wada Lobbying betreibe. Er persönlich habe sich Zugang zu Politikern und Meinungsmachern verschafft; es gehe darum, zu verstehen und dem internationalen Sport Gehör zu verschaffen. Menschen auf der ganzen Welt, die sich im Sport engagierten, seien besorgt, amerikanischer Jurisdiktion zu unterliegen.