Interview zum Doping-Skandal : „Die Kronzeugen-Regelung wäre hilfreich“
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Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Stephan Mayer (CSU) Bild: dpa
Stephan Mayer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, im Gespräch über die Doping-Affäre und gesetzliche Möglichkeiten der Politik im Kampf gegen den Doping-Missbrauch.
Schreit der Doping-Skandal von Seefeld und Erfurt nach der Ergänzung des Anti-Doping-Gesetzes um eine Kronzeugenregelung?
Der Hinweis der Ermittler, dass wir das an sich bewährte Anti-Doping-Gesetz um eine spezielle Kronzeugenregelung für Sportler ergänzen sollten, ist sehr ernst zu nehmen. Deshalb setze ich mich für eine intensive Prüfung ein, ob nicht zeitnah das Anti-Doping-Gesetz um diese spezifische Regelung erweitert wird. Sie sollte ermöglichen, dass die Hintermänner und das kriminelle Umfeld von dopenden Sportlern schneller und effektiver aufgedeckt und öffentlich gemacht werden als bisher.
Heißt zeitnah vor der für nächstes Jahr vorgesehenen Evaluierung des Gesetzes?
Wir stehen in einem täglichen Kampf gegen den Doping-Missbrauch. Die Evaluierung des Anti-Doping-Gesetzes soll bis Ende des kommenden Jahres abgeschlossen sein. Wenn sich aber alle Beteiligten einig werden, könnte das Anti-Doping-Gesetz durchaus vorzeitig um eine Kronzeugenregelung erweitert werden.
2015 hat die große Koalition das Gesetz ohne Kronzeugenregelung verabschiedet, obwohl die Vorsitzende des Sportausschusses, Dagmar Freitag von der SPD, sie forderte. Wie groß sind die Chancen, dass Sie nun eine Mehrheit dafür finden?
Es gibt Argumente gegen eine spezifische Kronzeugenregelung. Sie sind ernst zu nehmen, und sie waren vor fünf Jahren ausschlaggebend. In schweren Fällen ist bereits die allgemeine Kronzeugenregelung des Paragraphen 46b Strafgesetzbuch anwendbar. Kronzeugenaussagen können bei einfachen Delikten über die allgemeine Strafzumessungsregelung des Paragraphen 46 Strafgesetzbuch oder über die Einstellungsmöglichkeiten der Paragraphen 153 und folgende der Strafprozessordnung berücksichtigt werden. Wenn die Ermittler nach einigen Jahren Erfahrung mit dem Gesetz nun sagen, eine spezielle Kronzeugenregelung wäre hilfreich, um der Mitglieder eines kriminellen Netzwerkes schneller habhaft zu werden, ist das aber ebenfalls ernst zu nehmen.
Ist der grundsätzliche Widerstand gegen eine solche Ergänzung groß?
Zuerst müssen wir uns in der Regierung eine Meinung dazu bilden. Bundesinnen- und Bundesjustizministerium sind in konstruktiven Gesprächen. Ich persönlich habe den Eindruck, dass in den Regierungsfraktionen große Offenheit und Aufgeschlossenheit in dieser Frage besteht.
Haben Sie den Eindruck, dass die Verschärfung der strafrechtlichen Verfolgung von Doping auch dadurch befördert wird, dass in der Öffentlichkeit zunehmend der Eindruck entsteht, die herkömmlichen Doping-Kontrollen seien nutzlos und Dopende könnten nur noch von Mitwissern, von Mittätern und mit polizeilichen Ermittlungen überführt werden?
Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass Prävention sehr wichtig ist. Ich bin auch der Auffassung, dass unsere Nationale Anti-Doping-Agentur sehr gute Arbeit leistet. Sowohl die Arbeit im präventiven Bereich als auch regelmäßige Tests im Training und im Wettkampf sind unerlässlich. Auch hier gilt, dass man das eine tun muss, ohne das andere zu lassen. Selbstverständlich zeigt die dramatische Dimension des Blut-Dopings in Seefeld und in Erfurt, dass, insbesondere bei kriminellen Machenschaften, die Härte des Strafrechts notwendig ist, um dopenden Sportlern und ihren Hintermännern das Handwerk zu legen.