DDR-Doping : Vom Staat vergiftet
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Cornelia Reichhelm, ehermalige Ruderin, wurde schon im Alter von 13 Jahren in der DDR unwissentlich gedopt. Sie soll nun eine staatliche Rente bekommen.
Der ehemaligen Ruderin Cornelia Reichhelm steht wegen schwerer gesundheitlicher Schädigung durch Doping in der DDR staatliche Rente nach dem Opferentschädigungsrecht zu. Die 4. Kammer des Sozialgerichts Magdeburg sprach ihr am Freitag einen Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 60 zu; ihr Anspruch beginnt rückwirkend im Juli 2007. Dies ist das erste Urteil für ein Doping-Opfer, seit die ehemalige Kanutin Kerstin Spiegelberg im vergangenen Jahr in Berlin einen befristeten Anspruch auf Opferrente durchsetzte.
Die Vergabe von Doping-Mitteln an Cornelia Reichhelm schon im Alter von 13 Jahren stelle einen rechtswidrigen und tätlichen Angriff dar, sagte nun der Vorsitzende Richter Riechert, vergleichbar der Beibringung von Gift. Das Gericht hob damit einen Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin auf, welches den Zusammenhang von Doping und schwerer Schädigungen der Wirbelsäule durch Überlastung bestritt. Um auch unbestreitbare psychische Schädigungen berücksichtigen zu können, fehle der kausale Nachweis, konstatierte das Gericht; die Klägerin hatte ein Gutachten verweigert.
Bandscheibenvorfall wurde verheimlicht
Cornelia Reichhelm hat erst lange nach dem Fall der Mauer durch die Auswertung von Krankenakten und Protokollen der Stasi rekonstruieren können, dass sie als Kind und Jugendliche in der Ruder-Abteilung des SC Dynamo (Ost-)Berlin unwissentlich gedopt worden und ihr unter anderem die Diagnose eines Bandscheibenvorfalls verheimlicht worden war.
Über ihr Schicksal schrieb sie das Buch „Doping-Kinder des Kalten Krieges“. Vor Gericht vertrat sie sich selbst und argumentierte, sie sei ein Opfer von Kinderarbeit und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ihr Anspruch auf monatlich etwa 416 Euro sei ihre erste staatliche Versorgungsleistung.
Für den Fall, dass das Landesamt Revision einlegt, kündigte sie Strafantrag vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Den Haag an. Der Doping-Opfer-Hilfeverein vermutet, dass rund 10.000 ehemalige Sportlerinnen und Sportler durch Doping geschädigt sind und fordert, ihnen eine Rente zuzugestehen.