Erfurter Ermittlungen : Sportärzte im Fokus
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Gute Stimmung - trotz Erfurt: Thomas Bach beim Neujahrsempfang des DOSB im Frankfurter Römer Bild: dapd
Noch sind die Ausmaße des Verfahrens gegen den Erfurter Sportarzt Franke unklar. DOSB-Präsident Bach fordert schon jetzt Konsequenzen - von Ärztekammern und Justizministerien.
Angesichts der Ermittlungen gegen den Erfurter Sportmediziner Andreas Franke hat der Präsident des Deutschen Olympischen Sport-Bundes (DOSB), Thomas Bach, eine strengere Überprüfung der Anstellungskriterien für Sportärzte an Olympiastützpunkten und die Einrichtung von mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Doping-Bekämpfung gefordert. „Bislang hat die sportärztliche Approbation als Qualifikation für die Anstellung im Leistungssport ausgereicht. Wir müssen uns Gedanken machen, ob das künftig reicht und wie wir die Arbeit von Sportärzten überprüfen können", sagte Bach der F.A.Z. am Montagabend in Stuttgart.
Am Dienstag nutzte er den Neujahrsempfang des DOSB im Frankfurter Römer, auch die Ärztekammer in die Pflicht zu nehmen. "Ein Doping-Verstoß ist immer auch ein Verstoß gegen das ärztliche Ethos. Da muss eingegriffen werden." Wie Bach hatte auch die Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestags, Dagmar Freitag (SPD), gefordert, dopenden Ärzten die Approbation zu entziehen.
Der Thüringer Sportmediziner Franke hat Sportlern in seiner Praxis Blut entnommen, angeblich um es zur Infektvorsorge mit ultraviolettem Licht zu bestrahlen. Die Erfurter Staatsanwaltschaft sieht darin den „Anfangsverdacht der unerlaubten Anwendung von Arzneimitteln bei anderen zu Doping-Zwecken". Sie ermittelt gegen Franke seit dem Frühjahr 2011.
DDR-Methoden
Der Arzt bestreitet, dass es sich bei seiner Behandlungsmethode, die nach derzeitigem Kenntnisstand bei mindestens 30 Sportlern angewendet worden sein soll, um Doping handelt. Mehrere Sportler sollen zum Zeitpunkt der Behandlung minderjährig gewesen sein.
Nach dem Welt-Anti-Doping-Kodex ist jede Entnahme und spätere Reinfusion von Blut verboten. Franke war bis 2011 Arzt am Thüringer Olympiastützpunkt in Erfurt, für seine Anstellung war der Thüringer Landessportbund verantwortlich. Vor Jahren teilte sich Franke in Erfurt eine Praxis mit Horst Tausch, der vor der Wende Sportarzt der DDR-Schwimmer war und 1999 wegen Dopings mit einem Strafbefehl belegt wurde.
Diese berufliche Vergangenheit sei für sich genommen allerdings kein Grund, um Franke nicht an einem Olympiastützpunkt zu beschäftigen, sagte Bach. Das käme einer Sippenhaft gleich. Die Entnahme von Blut zur UV-Bestrahlung wurde bereits Anfang der achtziger Jahre von Sportärzten der DDR im Leistungssport praktiziert.
Bach fordert mehr staatliche Ermittlungen
Als weitere Konsequenz aus dem Erfurter Verfahren fordert Bach ein verstärktes Engagement staatlicher Ermittler, um „Dealer und Hintermänner wie Ärzte" auffliegen zu lassen. Die Erfurter Ermittlungen, die ihren Ausgangspunkt im Jahr 2009 im Verfahren der Nationalen Anti-Doping Agentur (Nada) gegen die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein haben, seien ein Beispiel für eine „vorbildliche" Kooperation zwischen den Strafverfolgern der Münchner Schwerpunktstaatsanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft Erfurt, in deren Händen die Ermittlungen gegen Franke liegen. In München ist die bislang einzige Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Dopingfragen in Deutschland ansässig.
„Der Fall Erfurt zeigt, dass wir mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Arzneimittel- beziehungsweise Doping Vergehen brauchen, die mit ihrem Expertenwissen Ermittlungen anstoßen können", sagte Bach.
Während die Staatsanwaltschaft nur gegen Franke, nicht aber gegen Sportler ermittelt, prüft die Nada derzeit die Einleitung weiterer sportgerichtlicher Verfahren. Bislang führt sie gegen die Eischnellläuferin Judith Hesse (nach einer Selbstanzeige) und den Radsportler Jakob Steigmiller Doping-Verfahren. Angesichts der großen Zahl der Sportler, die sich Frankes Blutbehandlung unterzogen haben sollen, rückt auch die nach wie vor unzureichende Finanzierung der Nada in den Blickpunkt.
Am Montagabend in Stuttgart sagte Bach, er hoffe, ein Runder Tisch im Bundesinnenministerium bringe in Kürze Fortschritte. Er sei „guter Hoffnung". Am Sonntag hatte Nada-Chefin Andrea Gotzmann gesagt, angesichts der limitierten personellen und finanziellen Ressourcen werde „intensiv geplant", wie in den Erfurter Fällen zu verfahren sei.