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Dopingprozess gegen Vuskovic : „Ich möchte meine Unschuld beweisen“

Prozessauftakt: Mario Vuskovic vom Hamburger SV ist des Dopings verdächtig. Bild: dpa

HSV-Profi Mario Vuskovic soll mit Epo gedopt haben. Der Spieler beteuert, unschuldig zu sein. Am ersten Verhandlungstag wird schnell klar, welche Strategie die Verteidigung verfolgt.

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          Am 16. September 2022 gab der Fußballspieler Mario Vuskovic die erste Dopingprobe seines Lebens ab. So erzählte es einer seiner Anwälte am Freitag während des ersten Verhandlungstages vor dem Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Es war eine Probe, die Folgen hatte. Etwas mehr als acht Wochen später, am 15. November 2022, wurde der kroatische Innenverteidiger, der beim Zweitligaklub Hamburger SV unter Vertrag steht, vorläufig gesperrt. In seinem Urin war körperfremdes Erythropoetin (Epo) nachgewiesen worden. Das Ergebnis der A-Probe wurde später durch die B-Probe bestätigt. „Ich möchte meine Unschuld beweisen“, sagte Vuskovic nun zu Beginn seiner Zeugenaussage.

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          Michael Wittershagen
          Zuständig für den Sport in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Was also passierte am 16. September des vergangenen Jahres? Es war ein Freitag, einen Tag später trat der HSV zu Hause gegen Fortuna Düsseldorf an. Gegen 14 Uhr rief Trainer Tim Walter seine Spieler auf den Platz zum Abschlusstraining, das etwa eine Stunde dauerte. Danach wollte Vuskovic individuell im Kraftraum trainieren. So erinnerte er sich selbst während seiner Aussage vor dem DFB-Sportgericht. Auf dem Weg zum Kraftraum wurde ihm demnach mitgeteilt, dass er gemeinsam mit seinem Teamkollegen Xavier Amaechi zu einer Trainingskontrolle der Nationalen Antidopingagentur (Nada) ausgewählt wurde.

          90 Milliliter Urin – so viel sind mindestens nötig für eine Probe. Aber weder Vuskovic noch Amaechi konnten im ersten Versuch die geforderte Urinmenge abgeben. 60, vielleicht 65 Milliliter Urin, sagte Vuskovic, so viel waren es zunächst, erst fünfzehn Minuten später habe er die benötigte Restmenge abgeben können. Auch bei Amaechi sei zunächst nur eine Teilprobe abgenommen worden. Vuskovic sagte, dass sein Becher während der Wartezeit auf einem Tisch im Kontrollraum stand, ohne einen Deckel, wie er angab. Ob der Becher von Amaechi auch auf diesem Tisch stand? „Daran kann ich mich nicht erinnern“, sagte Vuskovic.

          Hätten die beiden Becher vor der zweiten Teilprobe also verwechselt werden können? Es ist eine der Fragen, auf die die Verteidigung von Vuskovic in diesem Verfahren abzielt. Aber selbst, wenn dies wirklich passiert wäre und beide Proben jeweils aus dem Urin zweier Spieler bestehen – warum ist dann die eine Probe positiv, die von Vuskovic, die andere, jene von Amaechi, jedoch nicht?

          Die Nada beauftragt Dienstleister für die Dopingkontrollen. Am 16. September fuhr der Mediziner Markus Jungbluth im Auftrag der Sports Medical Services GmbH zum Trainingsgelände des HSV. Er gab am Freitag an, sich gut an jenen Tag erinnern zu können. 900 Dopingproben, so viele habe er in etwa bereits abgenommen, beim Fußball führe er sowohl Wettkampf- als auch Trainingskontrollen durch.

          Epo fördert Regeneration

          Insofern sei der Ablauf an jenem Tag aus seiner Sicht nicht ungewöhnlich gewesen. Die Verteidigung befragte den Kontrolleur nach möglichen Fehlern. Jungbluth gab an, dass er eine Verwechslung der beiden Urinproben „ausschließen“ könne. Der Kontrolleur bestätigte, dass er an jenem Tag zwei Teilproben nahm, versicherte jedoch, dass die Becher zwischendurch mit einem Deckel verschlossen und versiegelt worden seien.

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          Vuskovic hatte zuvor erklärt, dass er seine zweite Teilprobe in einen Becher abgegeben habe, der bereits mit Urin gefüllt worden war. Das würde dem Standardvorgehen bei Dopingkontrollen der Nada widersprechen, die positive Dopingprobe von Vuskovic aber gleichwohl nicht hinreichend erklären. Denn Erythropoetin, kurz Epo, wird gespritzt. Anfang der Neunzigerjahre tauchte es als Blutdopingmittel von Ausdauersportlern auf. Das Medikament fördert die Bildung von roten Blutkörperchen und soll so die Sauerstoffversorgung der Muskulatur verbessern. Zudem verkürzt es die Regeneration.

          Neben dem Kontrolleur Jungbluth wurden am Freitag die beiden Mannschaftsärzte des HSV sowie Lars Mortsiefer, Vorstand der Nada, als Zeugen vernommen. Der zweite Verhandlungstag vor dem DFB-Sportgericht ist für den kommenden Donnerstag angesetzt. Dann soll es laut Stephan Oberholz, Vorsitzender des DFB-Sportgerichts, um das Analyseverfahren und die Bewertung der Probe gehen. Die Verteidigung kündigte dazu mehrere Gutachten an. Ob es danach bereits zu einem Urteil kommt, ist offen.

          Angebote aus der Premier League

          Jonas Boldt, der Vorstandsvorsitzende vom HSV, saß am Freitag in der letzten Reihe. „Er (Mario, Anm. d. Red.) muss seine Unschuld beweisen, dabei versuchen wir ihm zu helfen“, sagte Boldt. Auch für den HSV geht es um viel. Im Sommer 2021 lieh der Klub Vuskovic zunächst von Hajduk Split aus, vor der aktuellen Saison wurde der Verteidiger für eine Ablöse von angeblich vier Millionen Euro verpflichtet.

          Vuskovic galt bis zu seiner vorläufigen Sperre als der wohl beste Innenverteidiger der zweiten Liga, schon vor dieser Saison gingen in Hamburg Kaufangebote aus der Premier League in Höhe von mehr als zehn Millionen Euro ein. Auch deshalb wäre der finanzielle Schaden für den HSV im Falle einer Verurteilung enorm.

          An diesem Sonntag (13.30 Uhr, im F.A.Z .-Liveticker zur zweiten Bundesliga und bei Sky) tritt der Hamburger SV in Rostock an, der Klub geht als Tabellenzweiter in den 19. Spieltag und hat gute Aussichten, zur neuen Spielzeit in die Bundesliga zurückzukehren. Trainer Tim Walter sagte vor dem Prozessbeginn in Frankfurt: „Ich hoffe, dass es für uns gut ausgeht. Und vor allem für den Jungen.“ Zum bis dato letzten Mal stand Vuskovic am 9. November 2022 bei der 0:1-Niederlage in Fürth für den HSV auf dem Platz.

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