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Bayerns „Sportschutzgesetz“ : Betrügende Sportler vor Gericht

„Lassen Sie uns endlich das tun, was jahrelang versäumt wurde“: Bayersn Justizminister Winfried Bausback Bild: dpa

Bayern stellt sein „Sportschutzgesetz“ vor. Im Gegensatz zu München will Berlin Doping und Integrität des Sports in zwei Gesetzen behandeln. Der Entwurf der Bundesminister soll bis Anfang 2015 vorliegen.

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          „Der Staat muss Beschützer des Sports sein. Schreitet er gegen Doping und Spielmanipulationen nicht ein, wird der Sport hieran zugrunde gehen. Lassen Sie uns endlich das tun, was jahrelang versäumt wurde: nämlich ein Strafrecht zum Schutze der Integrität des Sportes schaffen!“ Die Worte, mit denen der bayerische Justizminister Wilfried Bausback (CSU) am Montag in München den Entwurf für ein solches „Sportschutzgesetz“ vorstellte, gelten auch in Berlin.

          Anno Hecker
          Verantwortlicher Redakteur für Sport.
          Michael Reinsch
          Korrespondent für Sport in Berlin.

          Vier Monate, nachdem sich die Regierung in der Koalitionsvereinbarung die Schaffung einer gesetzlichen Dopingbekämpfung vorgenommen hat, haben die zuständigen Ministerien - Innen, Justiz und Gesundheit - in aller Stille mit der Erarbeitung eines Antidopinggesetzes begonnen. Noch ist offen, ob uneingeschränkt der Besitz von Dopingsubstanzen unter Strafe gestellt werden soll oder Doper es mit einem Betrugs-Straftatbestand zu tun bekommen sollen; möglich scheint, beide Ansätze zu integrieren.

          Die Minister Maas (Justiz), de Maizière (Inneres und Sport) sowie Gröhe (Gesundheit) wollen ihren Entwurf noch in diesem Jahr, spätestens Anfang 2015 vorlegen. Das Anti-Doping-Gesetz soll das in dieser Hinsicht wirkungslose Arzneimittelgesetz ersetzen. Ob es von der Regierungsmehrheit im Bundestag angenommen werden wird, ist nicht sicher. Gerade Sportpolitiker der Union leisten hinhaltend Widerstand dagegen, dopende Athleten strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Sie sprechen von einer Kriminalisierung der Athleten.

          Im Gegensatz zu München will Berlin Doping und Integrität des Sports in zwei Gesetzen behandeln. Zum Thema Dopingbekämpfung seien alle Expertenanhörungen erfolgt, nun gelte es, zügig das Gesetz auf den Weg zu bringen, heißt es in Regierung und Parlament. Deshalb solle es nicht überfrachtet werden. Ein Gesetz zum Schutz der Integrität des Sports, das sich vor allem gegen Wettmanipulation richtet, soll sich auch am Entwurf der entsprechenden Konvention orientieren, der in der Europäischen Union entsteht.

          Betroffene Gruppen werden klar definiert

          Die Überlegungen zur gesetzlichen Dopingbekämpfung sind weit gediehen. So sollen die Staatsanwaltschaften verpflichtet werden, Doping-Delikte der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada), Bonn, zu melden. Um dies rechtlich zu ermöglichen, könnte diese öffentlich-rechtlichen Status erhalten, wie ihn die Technischen Überwachungsvereine besitzen.

          Auch sollen die Schiedsgerichtsverfahren, auf denen das Sportrecht mit Strafen und Sperren basiert, gesetzlich verankert werden. Gerade hat das Landgericht München in seiner Abweisung der Schadensersatzklage von Claudia Pechstein geurteilt, die Unterwerfung der Athleten unter die Sportgerichtsbarkeit erfolge nicht freiwillig und sei deshalb nicht wirksam.

          Der Bundesrat hat 2013 den Bundestag dazu verpflichtet, sich mit dem Anti-Doping-Gesetzentwurf von Baden-Württemberg zu befassen, der den Tatbestand des Sport-Betruges vorsieht. Bausbacks Entwurf, unterstützt von Clemens Prokop, dem Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, zielt darauf ab, strafwürdiges Verhalten zu bekämpfen, nicht nur Doping, sondern auch die in den Wettaffären zu Tage geförderte Bestechung und Bestechlichkeit.

          Damit klar wird, dass nicht die Kegelbruderschaft nach dem Griff zu Muntermachern vor Gericht erscheinen muss, definiert der Entwurf die betroffene Gruppe en Detail: Das Verbot von Doping gilt für A-, B-, und C-Kader, für Bundesligaspieler sowie Athleten, die wirtschaftliche Einkünfte durch Sport erzielen. Allein der Besitz und nicht, wie bislang, der Besitz „nicht geringer Mengen“ von im Sport verbotenen Mitteln und Wirkstoffen wird demnach strafwürdig.

          Staat scheint die „Gewaltenteilung“ zu beenden

          Im 58 Seiten starken Entwurf wird zudem die „Anwendung von Dopingmethoden“ unter Strafe gestellt; sie richtet sich gegen Ärzte, die Eigenblut-Infusion ermöglichen. Bayern schlägt zudem die Erhöhung des Strafrahmens auf bis zu fünf Jahre und eine sportspezifische Kronzeugenregelung vor.

          Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und seine Vorgänger-Organisationen haben sich stets gegen staatliche Doping-Verfolgung gewehrt. Dabei konnte und kann er sich auf eine große Mehrheit seiner Delegierten stützen. Nun scheint der Staat die „Gewaltenteilung“ zu beenden, nach der Doper von den Sportgerichten und Dealer vom Staat bestraft werden.

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