
Korruption und Erpressung : Die Schuld des Sports
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Fand deutliche Worte, muss nun aber Taten folgen lassen: DOSB-Präsident Alfons Hörmann Bild: dpa
Das Misstrauen gegen den organisierten Sport in Deutschland hat Gründe. Einer ist das schlechte Image von internationalen Verbänden. Die Funktionäre sind selbst dafür verantwortlich.
Die bittere Niederlage des deutschen Sports vor einer Woche in Hamburg hat Gründe. Einer ist das schlechte Image von internationalen Verbänden. Korrupte Funktionäre, Manipulateure, Erpresser; von (demokratischen) Regierungen ausgezeichnete Männer – bislang keine Frau –, denen das Kulturgut Sport anvertraut worden ist, entpuppen sich als dessen Totengräber. Niemand hat sie aufgehalten. Das liegt an der Autonomie des Sports. Die Herren durften machen, was sie wollten.
Und jene, die es lange ahnten, hatten nicht das Interesse, das System zu durchbrechen. Weil sie als Akteure oder Mitläufer profitierten. Die Parole von der Selbstreinigungskraft des Sports war eine bewusste Irreführung. Alfons Hörmann hat am Samstag auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) dieses Thema so offen angesprochen wie kein Präsident in den vergangenen 25 Jahren vor ihm. Es war der wichtigste Aspekt seiner Rede.
Bis zuletzt fortgeführt
Denn bei allen drängenden Problemen im deutschen Sport ist die Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit der entscheidende Schritt für eine Zukunft des Spitzensports. Nichts wird sich voranbringen lassen, falls die Selbstzerstörung voranschreitet. Sie hat vor Jahrzehnten begonnen mit heuchlerischen Forderungen hochrangiger Funktionäre nach sauberen Athleten in einem internationalen Zwangs-Doping-System. Und wurde bis zuletzt fortgesetzt mit dem Versuch, jeweils Verfehlungen in anderen Sportarten in den Fokus zu rücken, anstatt vor der eigenen Tür zu kehren.
Hörmann attackierte zwar am Samstag unter dem großen Beifall der Delegierten die früheren, von eben jenen Verbandsmitgliedern hofierten Funktionäre Zwanziger und Digel als „verantwortungslose“ Mitläufer auf Weltverbands-Ebene. Aber während dieser „internen“ Abrechnung forderte er seine Getreuen auf, den eigenen, hehren Ansprüchen ständig zu genügen. Die meisten von ihnen mögen das sich rasend schnell verbreitende Klischee vom Sportfunktionär als elitärem, in Luxus schwelgendem, korruptem Menschen zu Recht frustriert beklagen.
Aber sie sollten akzeptieren, dass der organisierte Sport allein für diese Entwicklung verantwortlich ist. Jene Funktionäre, die das Desaster skrupellos vorangetrieben haben, und alle, die zuschauten, denen es gefiel, mitzuspielen. Wer dabei an Zwanziger und Digel denkt, muss noch viele andere Deutsche im Sinn haben – und sie sowie die Umstände ihrer Arbeit nennen. Sonst ist der Angriff nur ein Ablenkungsmanöver.