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NADA und Geldnot : Realitätstest nicht bestanden

Frank Ullrichs Schweigen in dieser Sache war der peinlichste Beitrag zur Debatte. Bild: dpa

Der Anti-Doping-Agentur geht das Geld aus: Die Zahl der Proben muss um 20 Prozent reduziert werden. Im Sportausschuss fällt auf, wer am peinlichsten reagiert: der Vorsitzende.

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          Ein bisschen peinlich wirkten all der Dank für die Arbeit und all der Respekt vor der Leistung von Andrea Gotzmann schon, die praktisch jedem Redebeitrag im Sportausschuss des Bundestags am Mittwoch vorausgingen. Lob und Anerkennung für die scheidende Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) fanden Ausdruck auch darin, dass die Organisation, die sie bei ihrem Ausscheiden im Sommer knapp zwölf Jahre geführt haben wird, als Maßstab und Kern einer Integritätsagentur für den deutschen Sport beschrieben wurde. So wie ihn Athleten Deutschland angeregt und die Politik versprochen hat.

          Doch den Realitätstest haben die Abgeordneten nicht bestanden. Denn Andrea Gotzmann gab nicht nur für alle 62 vom Bund geförderten Sportverbände eine Unbedenklichkeitserklärung ab, was deren Strukturen zu Prävention und Bekämpfung von Doping angeht. Sie wies vielmehr auf die akute Einschränkung ihrer Arbeit und damit die nachlassende Wirkung von Dopingbekämpfung hin. Durch Preissteigerungen bis zu dreißig Prozent insbesondere in der Analytik, schilderte sie den Abgeordneten, müsste die Zahl der Proben um zwanzig Prozent reduziert werden.

          Chronische Unterfinanzierung

          Dies sei Folge des seit Jahren bei 10,7 Millionen Euro gleich bleibenden Budgets, in anderen Worten: der chronischen Unterfinanzierung. Auf Basis der Zahlen von 2021 bedeutet dies, dass 3200 Proben weniger stattfinden und – da manchmal zugleich Urin- wie Blutproben genommen werden – 2500 Kontrollen ausfallen. Jede fünfte Überprüfung findet nicht statt.

          Die Bundesregierung unterstütze die NADA mit allem, was nötig sei, sagte dazu im Ausschuss der Parlamentarische Staatssekretär Mahmut Özdemir. Da im vergangenen Jahr der Etat der NADA allerdings nicht vollständig ausgegeben wurde und knapp 500.000 Euro in dieses Jahr übertragen würden, sei eine Aufstockung nicht möglich.

          Von Alarmstimmung keine Spur. Dabei berufen sich nicht nur Sportler, sondern auch diejenigen, die sie mit Millionensummen vom Steuerzahler fördern, stets auf die umfassende und integre Arbeit der Dopingkontrolleure aus Bonn. Das Ausbleiben von Kontrollen schädigt die Glaubwürdigkeit des gesamten Systems um mehr als ein Fünftel.

          Immerhin 15 tatsächliche Doping-Verstöße stellte die Nada, auch das wurde im Ausschuss bekannt, im vergangenen Jahr fest. Der Bekannteste ist der des Fußballprofis Mario Vušković vom Hamburger SV, der wegen Epo-Dopings zu zwei Jahren Sperre verurteilt wurde. Nada und HSV haben Berufung angekündigt. In weiteren zehn Fällen laufen die Verfahren noch. In 49 Fällen, bei denen die Analyse auf Verstöße gegen die Regeln hinwies, lagen diese nicht vor, etwa durch regelkonforme Ausnahmegenehmigungen für Medikamente.

          Frank Ullrich, der Vorsitzende des Sportausschusses, hat wegen offener Fragen zu seiner Tätigkeit als Biathlontrainer im DDR-Sport seinen Sitz im Aufsichtsrat der NADA aufgeben müssen. Ein Jahr ist es her, dass er versprochen hat, ein Gutachten über seine mögliche Verstrickung in Auftrag zu geben. Auch er dankte Andrea Gotzmann und behauptete, während seiner fünfzehnjährigen Tätigkeit als Bundestrainer gern und vertrauensvoll mit ihr zusammengearbeitet zu haben. Kein Wort zu seiner Vergangenheit, kein Hinweis darauf, dass er das Gutachten in Auftrag gegeben hätte. Sein Schweigen in dieser Sache war der peinlichste Beitrag zur Debatte.

          Michael Reinsch
          Korrespondent für Sport in Berlin.

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