Sport-Kommentar : Dritter sein
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So sieht ein Sieger aus: Raul Spank feiert seinen dritten Platz bei der WM Bild: AFP
Der Zweite ist der erste Verlierer - und der dahinter? Ist der Glücklichere. Eine amerikanische Studie beweist: Bronzemedaillengewinner sind zufriedener als Silbermedaillengewinner.
Die Buchgeschenke von Weihnachten schon gewürdigt? Mitunter sind ja nicht nur symbolische Werke dabei („Du bist der beste Papa der Welt“, „Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab?“), sondern auch solche, die einen nachhaltig beschäftigen und aus denen man unverhofft etwas lernen kann.
Was haben Ariane Friedrich, Marion Wagner, Anne Möllinger, Cathleen Tschirch, Verena Sailer, Ralf Bartels und Raul Spank gemeinsam? Sie alle wurden im vergangenen August Dritte bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Berlin, erhielten eine Bronzemedaille. Erinnert man sich, fallen einem lauter strahlende Gesichter ein, zufriedene Gewinner waren diese Athleten. Und das ist – so steht es in einem Büchlein über „101 Erkenntnisse der Wissenschaft“ von Eichborn – kein Wunder, sondern Normalität. „Ich bin unglaublich stolz über meine Bronzemedaille“, notierte die Hochspringerin Ariane Friedrich am 21. August auf ihrer Internetseite. „Die Ehrenrunde war mein bisher größter sportlicher Moment“, schrieb Disziplinkollege Raul Spank am selben Tag. Kein Wort davon, eine bessere Plazierung verpasst zu haben.
Nordamerikanische Wissenschaftler haben belegt, dass der dritte Rang glücklich macht, ganz anders als der zweite Platz. In einem Versuch wurden Bilder von Gewinnern einer Silbermedaille und Gewinnern einer Bronzemedaille bei Olympischen Spielen zusammengestellt. Testpersonen bewerteten dann, welchen Eindruck die Sportler auf den Bildern vermittelten: Die Dritten wurden als die Glücklicheren identifiziert. Dass die Betroffenen es selbst auch so sehen, zeigte ein zweiter Test, bei dem Athleten einen Fragebogen ausfüllen mussten: Und siehe da, die Zufriedenheit der Bronzegewinner war höher. Erklärungsversuche: Der Zweite hat Rang eins verfehlt, also etwas verloren. Er war nur beinahe der Beste. Das nagt. Der Dritte ist viel eher in der Lage, sich zu sagen, etwas gewonnen zu haben. Zumindest hat er verhindert, gar nicht auf dem Podest zu stehen.
Noch einmal zur Leichtathletik-WM. Gleich zu Beginn hatte Bartels seinen großen Auftritt: „Danke, Berlin, dass ihr mir zu Bronze verholfen habt“, rief er dem Publikum zu. Und was sagte Olympiasieger Tomasz Majewski aus Polen, der in diesem Wettbewerb Zweiter hinter dem Amerikaner Christian Cantwell wurde: „Ich bin ein wenig enttäuscht, dass ich nicht gewonnen habe.“