Volleyball-Bundesliga : Sahnetag für VC Wiesbaden
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Die Kleinste kommt groß raus: Justine Wong-Orantes (in pink) ist als Libera eine feste Größe beim VCW Bild: Picture-Alliance
Die Volleyball-Frauen des VC Wiesbaden zeigen Einsatz, Mut und Können und überraschen die Favoritinnen aus Schwerin. Dabei nutzen sie auch die Müdigkeit der Gäste, die eine harte Woche hinter sich haben.
Es war einer dieser Momente der größtmöglichen Freude, der zugleich schmerzlich bewusst machte, wie merkwürdig sich die allgemeine Situation derzeit anfühlt. Außenangreiferin Lena Vedder schlug auf der linken Seite den Schweriner Block an, der Ball landete im Aus, und die Volleyballfrauen des VC Wiesbaden (VCW) hatten den großen Favoriten SSC Palmberg Schwerin nach einer hochspannenden und sehr wechselhaften Partie mit 3:2 (25:20, 25:21, 22:25, 17:25, 15:12) Sätzen bezwungen. An normalen Tagen wie diesen hätte mit dem verwandelten Matchball ein Jubelschrei aus 2000 Kehlen die Halle am Platz der Deutschen Einheit erschüttert und das Getrommel der Fans wäre noch bis in die Fußgängerzone der eleganten Kurstadt zu hören gewesen.

Sportredakteur.
So blieb es bei einem Freudenjauchzer des guten Dutzend VCW-Spielerinnen und ihrer Betreuer, die zwar wie üblich im Kreis tanzten, aber dann nicht so recht wussten, wohin mit ihrer Freude. Es war ja sonst keiner da zum Umarmen. Geschäftsführer Fetting spendierte immerhin eine Sahnetorte, die noch auf dem Spielfeld angeschnitten wurde. Irgendwie musste der Triumph ja gefeiert werden.
Im Spiel hatten die Bundesliga-Frauen des VCW in den zweieinviertel Stunden zuvor mit einer herausragenden Teamleistung und großem Kampfgeist überzeugt. Vor allem die ersten beiden Sätze gelangen ihnen außerordentlich gut, wobei ihnen die Müdigkeit der Gäste zupass kam. Die Schwerinerinnen hatten unter der Woche am Mittwoch und Donnerstag zwei Pokalspiele absolviert und gewonnen, waren dann quasi als passive Erholung am Freitag acht Stunden lang mit dem Bus angereist und mussten am Samstag schon wieder aufs Parkett. „Wir sind kaputt“, bekannte Schwerins Trainer Felix Koslowski ohne Umschweife. Um seine Stamm-Sechs ein wenig zu schonen, hatte er das Match mit einigen Ergänzungsspielerinnen begonnen, was der Leistungsfähigkeit seines Teams aber nicht gut bekam. „Es hat uns natürlich in die Karten gespielt, dass sie so ein Programm hatten“, sagte VCW-Trainer Christian Sossenheimer, der stolz darauf verwies, dass seine Spielerinnen die Gunst der Müdigkeit auf der Gegenseite auch erst mal nutzen mussten.
Als Glücksgriff erwies sich die Rochade, Frauke Neuhaus im Außenangriff einzusetzen und dafür die Diagonalposition mit Renate Bjerland zu besetzen. Die 21-jährige Norwegerin überzeugte vor allem in den ersten beiden Sätzen mit mutigen Angriffen, die 27-jährige Neuhaus erwies sich während des gesamten Spiels als zuverlässige Punktesammlerin und kam am Ende auf 19 Zähler. Wertvollste Spielerin des Teams war Justine Wong-Orantes, die als Libera in der Feldabwehr wegfegte, was zu holen war, von einer Sonderstellung aber nichts wissen wollte: „Jede einzelne Spielerin hat heute um jeden Punkt gekämpft und in keiner Situation aufgegeben“, lobte die Amerikanerin ihre neuen Mitspielerinnen. „Der Erfolg zeigt, dass es sich lohnt, jeden Tag hart zu arbeiten“. Die 25-jährige war erst zu Saisonbeginn kurzfristig nach Wiesbaden gekommen, um die verletzte Stammlibera Lisa Stock zu ersetzen – und hatte sich blendend ins Team eingefügt. Zuvor spielte sie übrigens in Schwerin.
Nachdem ihre ehemaligen Kolleginnen mit Hereinnahme der besten Spielerinnen um Zuspielerin Denise Imoudu nun die Sätze drei und vier für sich entschieden hatte, schien das Spiel doch zu ihren Gunsten zu kippen. Doch der VCW erwies sich als widerstandsfähiger als gedacht, und schaffte nach einem 5:8-Rückstand im fünften Satz abermals die Wende. Über 7:10 gelang der Ausgleich zum 10:10, bei 13:12 erstmals die Führung. Und dann kam der Moment, der mehr als 50 Augenzeugen verdient gehabt hätte.