Fußball-Regionalliga Südwest : „Ein Trümmerhaufen“
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Kickers-Präsident Joachim Wagner: „Jeder verfolgt brutal seine eigenen Interessen“. Bild: Picture-Alliance
Amateure und Profis in einer Liga, das passt für Kickers-Präsident Joachim Wagner nicht zusammen. In der Corona-Krise zeigen sich die Gegensätze der Interessen in der Regionalliga Südwest extrem.
Sechs Klubs klagen vor dem Landgericht Mannheim per einstweiliger Verfügung gegen den Re-Start der Regionalliga Südwest an diesem Freitag. Welchen Eindruck vermittelt die Regionalliga Südwest dadurch?
Oh Gott! Im Moment kommt sie einem Trümmerhaufen nah. Und das haben wir schon vor ein paar Monaten so kommen sehen, als wir uns stark dafür eingesetzt haben, eine zweigleisige dritte Liga zu installieren. Denn die vierte Liga ist im Südwesten in der Zusammensetzung ihrer Vereine leider extrem heterogen. Jeder verfolgt brutal seine eigenen Interessen. Von einigen Klubs wird die bestehende rechtliche Position ausgeblendet. Der Umgang miteinander ist nicht ehrlich. An Scheinheiligkeit ist das Verhalten des einen oder anderen Vereins kaum zu überbieten.
Warum?
Wir haben eine Verpflichtung, zu spielen. Nach der aktuellen Reglung ist Profisport erlaubt. Und die Regionalliga Südwest genießt jetzt in allen in der Spielklasse vertretenen Bundesländern Profistatus. Trotzdem gehen einige Vereine hin und erklären sich zu Amateurvereinen. Dann sind sie in der falschen Liga und hätten sich nicht anmelden dürfen. Für ihr Verhalten fehlt mir jedes Verständnis, ich erachte es als grenzwertig. Unter dem Deckmantel, die Gesellschaft vor dem Corona-Virus schützen zu müssen, versuchen diese Klubs nun, sich dem Spielbetrieb zu entziehen. Letztendlich geht es ihnen aber ums Geld. Wir haben davon gehört, dass der Hauptsponsor eines Vereins im Fall von Geisterspielen keine Zahlungen leistet. Wir in Offenbach werden in die Ecke von Unmenschen gestellt. Doch wir halten uns nur an die gültigen Regeln.
Welche Konsequenzen hätte es, wenn der Spielbetrieb am Wochenende nicht fortgesetzt werden dürfte?
Das hätte extreme Nachwirkungen und weitreichende Folgen. Aus meiner Sicht hätten die Vereine nämlich nicht die Berechtigung, Kurzarbeitergeld für ihre Spieler zu erhalten. Von der Regionalliga Südwest liegt ja die Genehmigung zum Spielbetrieb vor. Und wie handelt dann ein Spieler, der unbedingt spielen will? Für ihn wäre es ein Berufsverbot. Er bekommt keine Punktprämie mehr und und und. Ihm fehlt Geld. Klagt dieser Spieler dann auch? Ich bin gespannt. Auf uns käme eine Lawine zu. Wir könnten mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Liga nicht so zu Ende spielen, wie es geplant war. Was soll sich denn bis Ende Januar an der Gesamtsituation der Corona-Pandemie verändert haben? Auch die Werbeleistung im Verhältnis zu den angesetzten Spielen wird sich verschieben. Wir sind es unseren Sponsoren und auch unseren Anhängern schuldig, dass wir uns dafür einsetzen, dass wir weiterspielen.
Würden die Kickers notfalls auch juristische Maßnahmen ergreifen?
Es geht uns nicht ums Klagen. Aber natürlich würden wir das prüfen, wenn wir der Auffassung sind, dass dadurch unsere Rechte massiv beeinträchtigt sind. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass einige Spieler von welchem Verein auch immer dagegen vorgehen würden. Es gibt gute Spieler in der Regionalliga, die auch in der dritten Profi-Liga spielen könnten. Ihnen würde die Chance genommen werden, ihren Beruf auszuüben. Das hätte brutale Auswirkungen.
Sie und Ihre Präsidiumskollegen investieren viel Geld in die Kickers. Würden Sie Ihre Unterstützung überdenken?
Sicher nicht. Ich bin in der Verantwortung und stehe zu dem Verein. Gerade jetzt brauchen wir den Schulterschluss. Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren. Egal, was kommt und wie groß die Ausfälle finanziell sein werden, wir kriegen das wirtschaftlich hin. Keiner, der Sympathisant der Kickers ist, hat ein Interesse daran, den Verein jetzt sterben zu lassen. Und das wird auch nicht geschehen.