Mainz 05 : Streitfall Stadion: Ackerland oder Fußballrasen
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Mainz bekommt eine neues Stadion - glücklich damit sind aber nicht alle Bild: F.A.Z. - Cornelia Sick
Mainz 05 will sein neues Stadion auf einem Feld in Bretzenheim bauen. „Bestes Ackerland“ werden dann vernichtet, meinen die ansässigen Bauern. Hunderte Bedenken und Anregungen sind bisher bei der Stadt eingegangen.
Den Trainer verloren, den Aufstieg verpasst – trotzdem oder vielleicht gerade deswegen wird in Mainz mit Hochdruck an den Plänen für ein neues Fußballstadion gearbeitet. Schließlich hat der Manager des FSV Mainz 05, Christian Heidel, in der Vergangenheit immer wieder hervorgehoben, dass der Verein ohne die für 35.000 Zuschauer gedachte „Coface-Arena“ und die damit zu erzielenden Einnahmen auf Dauer nicht einmal in der Zweiten Liga eine herausragende Rolle spielen könne.

Korrespondent Rhein-Main-Süd.
Dieses Argument genügt den betroffenen Landwirten offenbar nicht, um ihren Widerstand gegen das von der Stadt Mainz in der TSG-Turnhalle vorgestellte Projekt aufzugeben: Wie einst ihre Kollegen aus Gonsenheim wehren sich nun die Bretzenheimer Bauern, dass „bestes Ackerland der allerhöchsten Qualität“ zum Fußballrasen werden soll.
Arena soll „strömungsoptimiert“ ausgerichtet werden
Und anders als bei der im März anberaumten ersten Informationsveranstaltung zum „Multifunktionalen Stadion südlich des Europakreisels“, die von vielen Neugierigen besucht worden war, traten diesmal fast ausnahmslos Kritiker des von Stadt und Land finanzierten Bauvorhabens ans Mikrofon. „Denk‘ ich ans Stadion in der Nacht, bin ich um meinen Schlaf gebracht“, äußerte unerwartet sogar die als „Gastgeberin“ mit auf dem Podium sitzende stellvertretende Ortsvorsteherin, Astrid Böhme (FDP), wofür sie vom Saalpublikum zwar kräftigem Applaus, von Oberbürgermeister Jens Beutel (SPD) jedoch unverzüglich einen Rüffel erhielt.
Allen bei der Stadt bis dato eingegangenen 226 Bedenken und Anregen zu dem in den Feldern bei Bretzenheim geplanten 60 Millionen Euro Projekt würden ausgewertet und, so sie berechtigt und verwertbar seien, bei der weiteren Planung berücksichtigt, versprach der Bau- und Sportdezernent, Bürgermeister Norbert Schüler (CDU), der bei der „vorgezogenen Bürgerbeteiligung“ mehr als einmal zur Sachlichkeit aufrief, sich dafür aber die Bezeichnung „Oberlehrer“ gefallen lassen musste. Zu tief saß bei einigen Anwesenden, vor allem Anwohnern des Ostergrabens, ganz offensichtlich das Misstrauen, dass die Entscheidung für den nach langer, bisweilen peinlich anmutender Suche gefunden Standort bei Bretzenheim eigentlich längst schon gefallen sei; und dies, obwohl die Ergebnisse von Klima- und Umwelt-Gutachten nicht vor Juli oder August erwartet werden.
Weil die Felder am Stadtrand zweifellos bedeutende „Kaltluftseen“ und deshalb für die Frischluftversorgung von Mainz äußerst wichtig seien, werde die Arena etwa fünf Meter tief in die Erde eingegraben sowie „strömungsoptimiert“ ausgerichtet, sagte Umweltdezernent Wolfgang Reichel (CDU). Die nächsten Wohnhäuser und Aussiedlerhöfe seien mit gut 600 Metern weit genug entfernt, damit es nicht zu Lärmbelästigungen kommen könne. Zehn Unternehmen und Bietergemeinschaften haben sich nach Angaben des Liegenschaftsdezernenten, Franz Ringhoffer (FDP), für den europaweit ausgeschriebenen Teilnehmerwettbewerb zur „Coface-Arena interessiert.
Fertigstellung bis Ende 2010 möglich
Als treuhänderisch von der Stadt damit beauftragte Bauherrin werde die Grundstücksverwaltungsgesellschaft GVG nun die in Frage kommenden Generalübernehmer auswählen. Geht alles nach Plan, könnte bis zum Frühjahr des nächsten Jahres Baurecht vorliegen. In der bevorstehenden Sommerpause sollen mehr als 70 Träger öffentlicher Belange angeschrieben werden, sagte der für die Erstellung der Bebauungspläne B 157 und 158 zuständige Bürgermeister Schüler. Danach folge die vierwöchige Offenlage. Bei einem Baubeginn Mitte 2009 sei eine Fertigstellung des mit 40 Millionen Euro veranschlagten Stadions, in dem der Verein künftig Pächter sein wird, bis Ende 2010 möglich; weitere 20 Millionen Euro müssen außerdem für Grundstückserwerb und Erschließung aufgewendet werden.
Der Masterplan verrät schon jetzt, dass die „treuesten Anhänger“ die Spiele des FSV Mainz 05 künftig von der Westtribüne aus verfolgen werden, wo es auf Wunsch vieler Fans mehr als 10.000 Stehplätze geben soll. Für die Haupttribüne sind unter anderem 2500 Business-Seats und 600 Logenplätze vorgesehen. Schließlich soll gerade durch eine bessere Vermarktung im Vip-Segment jenes Geld erwirtschaftet werden, das laut Verein angesichts der vergleichsweise bescheidenen Platzverhältnisse am alten Bruchweg derzeit beim besten Willen nicht zu verdienen ist.