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Eintracht Frankfurt : Rückkehr mit Leidenschaft

Starkes Comeback: Eintracht-Trainer Kovac ist von Stenderas Auftritt angetan. Bild: Imago

Nach der langwierigen Verletzung liegt es nicht an Marc Stendera, dass die Frankfurter Eintracht offensiv nichts zustande bringt und gegen Hoffenheim verliert.

          3 Min.

          Niko Kovac konnte es kaum glauben. „So etwas habe ich in dieser Form noch nicht erlebt.“ Auch in der Stunde der Niederlage war der Eintracht-Trainer voll des Lobes. Seine Wertschätzung in den Stunden und Minuten nach dem 0:1 bei der TSG Hoffenheim galt einem Rückkehrer: Marc Stendera. Genau 342 Tage nach seinem letzten, seinem zweiten Kreuzbandriss in der noch jungen Karriere des 21 Jahre alten Profis hatte der Frankfurter Mittelfeldspieler erstmals wieder seinen Arbeitsdress übergestreift, um erstklassig Fußball zu spielen.

          Ralf Weitbrecht
          Sportredakteur.

          Gewiss: An der Sprintfähigkeit lässt sich noch arbeiten. Aber sonst: Es war ein starkes Comeback. Eines, mit dem selbst Stendera in dieser Form nicht gerechnet hatte. „Dass es gleich so in Ordnung lief, hatte ich nicht erwartet“, sagte Stendera, der sich vor dem Anpfiff in der ausverkauften Sinsheimer Arena mit einem bislang unbekannten Gefühl befassen musste: Lampenfieber. Erst zwei Stunden zuvor hatte ihm Kovac mitgeteilt, dass er in der Startelf stehen werde. „Man hofft natürlich, dass man spielen darf“, sagte Stendera. „Denn es gibt nichts Schöneres, als auf dem Platz zu stehen – nach solch einer Verletzung.“

          Stenderas Ethos hinterließ bleibende Spuren

          Zweiter Kreuzbandriss, erlitten vor knapp einem Jahr im Relegations-Rückspiel der Eintracht beim 1. FC Nürnberg. Ein abermaliger Tiefschlag in der Laufbahn des in Frankfurt heimisch gewordenen Nordhessen, der wie schon beim ersten Mal den Entschluss fasste: Aufgeben ist keine Alternative. Und so kämpfte er wieder einmal für die Rückkehr in die Mannschaft und in die Bundesliga. Stenderas Ethos hinterließ bleibende Spuren bei Kovac. „Dass er jetzt so lange nach seinem letzten Spiel eine derart kämpferische und leidenschaftliche Leistung zeigt, ist einzigartig.“ Mitspieler Michael Hector, der in Hoffenheim eine konzentrierte Leistung ablieferte, fand Stenderas Rückkehr mit all ihren angenehmen Begleiterscheinungen „einfach nur unglaublich“. 79 Minuten lang hielt Stendera durch, und als er sich auf den Weg Richtung Auswechselbank machte, dürften ihm die lauten „Marc Stendera“-Rufe ausgesprochen gutgetan haben.

          Überhaupt: Die annähernd 4000 mitgereisten Eintracht-Fans hatten die relativ kurze Auswärtsfahrt in die direkt an der Autobahn gelegene Sinsheimer Arena dazu genutzt, um sich ihren fußballspielenden Lieblingen von ihrer besten Seite zu zeigen. Bevor die Partie, die arm an Höhepunkten war und durch einen späten Kopfballtreffer von Benjamin Hübner zugunsten der Hoffenheimer entschieden wurde (90.), ihren Anfang nahm, gab es im Frankfurter Fanblock eine in Rot und schwarz gehaltene Choreographie zu sehen. „Kämpfen und siegen“ stand da groß zu lesen. Gekämpft haben sie – und Stendera bei seinem Comeback ganz besonders. Gesiegt aber nicht.

          Russ konnte Hübners gewaltigen Kopfstoß nicht verhindern

          Es waren die beiden Siege vor der Dienstreise zum Tabellendritten Hoffenheim, von denen die Eintracht auch nach dem 0:1 noch sprach. „Denn für uns war es eine gute Woche“, sagte Kovac. Erst der wichtige Heimerfolg im Bundesliga-Geschäft gegen den FC Augsburg, dann drei Tage später der Coup im Mönchengladbacher Borussia-Park und der Einzug in das DFB-Pokalfinale nach Elfmeterschießen. Auch gegen die TSG hätte die Eintracht etwas erreichen können. Lange nämlich sah es danach aus, dass die von Kapitän Marco Russ angeführte Mannschaft das torlose 0:0 über die Zeit würde retten können. Doch gegen Hübners gewaltigen Kopfstoß war nicht gegenzuhalten. „Marco war für ihn eingeteilt“, berichtete Kovac später. Doch weil der Hesse in den Reihen der Kraichgauer mit einer derartigen Power zu Werke ging, konnte ihn Russ nicht stoppen. „Die Kopfballwucht von Benjamin ist unglaublich“, sagte der Hoffenheimer Trainer Julian Nagelsmann über eine der hervorstechendsten Qualitäten des Sohnes von Eintracht-Sportdirektor Bruno Hübner. „Er hat ein unglaubliches Einlauftempo.“ Kovac sagte: „Benni ist einer der fünf Hoffenheimer Riesen.“

          Der Frankfurter Trainer spielte damit auf die Körpergröße an. Denn nicht nur Hübner, sondern auch der zum alten und neuen deutschen Fußballmeister FC Bayern wechselnde Niklas Süle versperrten der Eintracht den Weg zum Hoffenheimer Tor. Ein einziger Schuss nur von Marco Fabian – mehr brachte die Kovac-Truppe offensiv nicht zustande. Denn die vermeintlich größte Chance ließ acht Minuten vor dem Ende Haris Seferovic nach einem Sprintduell mit Kevin Vogt ungenutzt. Der Schweizer in Diensten der Frankfurter war mit seinen Kräften am Ende und konnte den etwas zu weit vorgelegten Ball an der Strafraumgrenze nur noch mit der Sohle touchieren.

          Am Ende seiner Schaffenskraft und geradezu „platt“, wie er freimütig bekannte, das war auch Marc Stendera. Er hatte alles gegeben und alles abgerufen, was er bei seinem Comeback zu leisten imstande gewesen ist. Für Kovac und all die anderen, die ihn dabei live beobachteten, war es genug, um sagen zu können: „Er hat ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht. Er hat für diesen Moment fleißig trainiert. Ich bin sehr zufrieden mit ihm.“ Stendera selbst sagte: „Ich habe noch Ziele in dieser Saison. Gegen Wolfsburg wollen wir das Spiel positiv bestreiten.“ Von Dortmund, vom Pokalfinale am 27. Mai, hat Stendera nicht gesprochen. Noch nicht.

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