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Eintracht Frankfurt : Charaktertest in Cannstatt

Dankeschön: Kamada (rechts) überzeugt als Torschütze und Vorbereiter, wovon auch Jakic beim 3:1 der Eintracht in Stuttgart profitiert. Bild: Sven Simon

Der Aufwärtstrend hält, die Eintracht gewinnt auch beim VfB. „Wenn wir die Schritte gehen, die weh tun, können wir viel erreichen.“

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          Es läuft bei der Eintracht. Nach dem Fehlstart in die Champions League (0:3 gegen Sporting Lissabon) und dem bösen Bundesliga-Fehltritt gegen Wolfsburg (0:1) sind die wankelmütigen Frankfurter binnen sieben Tagen wieder in die Spur gekommen. Das 1:0 in Marseille und das 3:1 am Samstag beim VfB Stuttgart sind für die Mannschaft von Trainer Oliver Glasner perspektivisch richtungweisend für die Zeit nach der ­zweiwöchigen Nationalmannschaftspause. „Wenn wir die Schritte gehen, die wehtun, dann können wir viel erreichen“, sagte Torhüter Kevin Trapp im Anschluss an den dritten Saisonsieg im Schwabenland. Mit jetzt elf Punkten nach sieben Spielen liegen die vorderen Plätze in Reichweite für die wiedererstarkten Hessen.

          Jörg Daniels
          Redakteur in der Sportredaktion

          Die Begegnung in Baden-Württemberg bildete für die Eintracht den Abschluss der zweiten englischen Woche nacheinander. Trotzdem liefen die Frankfurter dann in den 94 Spielminuten sechs Kilometer mehr als die Stuttgarter – „und das vier Tage nach diesem intensiven Spiel in Marseille mit 122 abgespulten Kilometern“, wie Glasner stolz hervorhob. Dessen Mannschaft rappelte sich in Bad Cannstatt zu einem Kraftakt auf, mit dem die willensstarken Spieler den Charaktertest im Alltagsbetrieb Bundesliga bestanden. Der Trainer habe „gesagt, dass alle sagen, wir seien müde. Dann hat er gesagt: Wir sind nicht müde, wir sind Eintracht Frankfurt. Das haben wir auf dem Platz gezeigt“, teilte Abwehrchef Makoto Hasebe hinterher mit.

          Die beschwörenden Worte von Glasner dienten dem Team als Aufputschmittel. „Die Jungs haben noch mal alles reingeworfen. Großes Kompliment! Es war das fünfte Spiel in 14 Tagen.“ Mit diesen Worten lobte der Trainer den „leidenschaftlichen“ Auftritt und die „gute Mentalität“ der Mannschaft. „Wir haben nicht verwaltet, wir wollten hier gewinnen.“ Symbolfigur des Sieges war Verteidiger Evan Ndicka, der wegen einer aufgeplatzten Wunde am Auge mit einem Turban spielte, bis sein Auge zugeschwollen war. „Er sah aus wie Rocky Balboa zu seinen besten Zeiten“, scherzte der Trainer.

          Ganz besonderen Auftrieb verspürte Daichi Kamada. Der 26 Jahre alte Japaner war Schlüsselspieler und Matchwinner in einer Person. An allen drei Toren war der elegante Offensivspieler maßgeblich beteiligt: Den Kopfballtreffer von Sebastian Rode zum 1:0 (6. Minute) leitete Kamada mit einem Freistoß ein. Das 2:0 (55.) erzielte er selbst – diesmal landete sein leicht abgefälschter Freistoß im Tor. Treffer Nummer drei (88.) durch Kristijan Jakic bereitete der Japaner mit einem Eckball vor. „Am Anfang war ich müde. Dann haben wir getroffen, und ich war wieder frisch“, berichtete Kamada. Seine Erfolgserlebnisse waren der Frischekick für Frankfurts Besten im Duell mit dem VfB, für den Tiago Tomas in der 79. Minute auf 1:2 verkürzt hatte.

          Auch der japanische Nationalspieler ging am siebten Spieltag mit gelaufenen 11,58 Kilometern weite Wege. In seiner Leistungsbilanz dieser Erstligasaison stehen bisher vier Tore und drei Vorlagen, zum 4:0 gewonnenen Pokalspiel in Magdeburg hatte er zudem zwei Tore beigesteuert. Besser ist bisher keiner im Kollegenkreis. „Daichi ist in starker Form“, lobte Sportvorstand Markus Krösche. So ist Kamada zu einem festen Kandidaten für die Frankfurter Startelf geworden. „Daichi ist sehr wichtig für uns. Deshalb spielt er auch jede Partie“, hatte Glasner schon vor dem Aufeinandertreffen gesagt.

          „Die Richtung stimmt“

          Aufgrund seiner Verletzungsanfälligkeit und Knieproblematik steht Rode dem Österreicher nicht immer zur Verfügung. Aber wenn der Kapitän dabei ist, ist er meist eine Säule im Spiel. In Stuttgart überzeugte der Anführer in den Bereichen Spiel- und Zweikampfführung. Seine gesunde Aggressivität bekamen die VfB-Profis in den Einzelduellen zu spüren. Empfindlich traf die Stuttgarter Rodes früher Führungstreffer mit dem Kopf; Torhüter Florian Müller hatte den Freistoß von Kamada in Richtung des Kapitäns abgewehrt. „Ich habe Glück gehabt, dass der Ball mal zu mir kam und der Kopfball dann auch noch genau ins Eck gegangen ist“, freute sich der Torschütze. Unter dem Strich kamen die Frankfurter nach drei Standardsituationen zu drei Torerfolgen. Von ihren insgesamt 14 Saisontreffern fielen sechs nach ruhenden Bällen – in dieser Kategorie sind sie führend.

          Und wie sieht ihre Gesamtbilanz aus? „Wir sind einigermaßen im Soll. Vor allem wettbewerbsübergreifend. In der Liga hätten wir den einen oder anderen Punkt mehr haben können“, sagte Krösche. „Aber die Richtung stimmt, wir wollten Kontakt nach oben herstellen.“ Auswärts ist die Eintracht wie in der Vorsaison stramm im Aufwind. Von ihren fünf Pflichtspielen in der Fremde gewann sie vier und spielte ein Mal unentschieden. In der Bundesliga haben die Frankfurter in drei Spielen sieben Punkte gesammelt. Nur in den Begegnungen zu Hause (vier Punkte aus vier Partien) können sie beim Ertrag mit den Topteams nicht mithalten.

          Ihre kommende Aufgabe sieht für die Frankfurter am 1. Oktober (15.30 Uhr) ein anspruchsvolles Kräftemessen mit Union Berlin vor. Die Vorarbeit für ein erfolgreiches Abschneiden hat die Eintracht in Stuttgart gelegt. „Diesmal ist uns der Sprung von der Champions League in die Bundesliga richtig gut gelungen“, sagte Rode. Mit dem Lauf der Dinge war der Kapitän in höchstem Maße zufrieden.

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