Frankfurter Europapokal-Gala : „Ganz Deutschland schaut stolz auf uns“
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Ich war’s: Daichi Kamada ragt bei Eintracht Frankfurt mit drei Toren heraus gegen Salzburg. Bild: AFP
Die Eintracht zeigt beim 4:1 gegen Salzburg wieder einen magischen Europapokal-Abend. Dabei sticht ein Spieler mit drei Toren heraus, der eine erstaunliche Bilanz hat – und den doch nur einer auf der Rechnung hatte.
Die Wunderkerzen für die geplante Choreografie durften nicht angezündet werden. Dafür haben die Frankfurter Spieler am Donnerstagabend „das Feuer entfacht“, wie Trainer Adi Hütter sagte. Seine Eintracht besiegte in einem in Teilen mitreißenden Fußballspiel den FC Salzburg im Zwischenrunden-Hinspiel der Europa League mit 4:1 Toren. „Wir haben eine tolle Europapokalnacht gesehen“, sagte Hütter nach dem Duell mit seinem früheren Verein, bei dem er einst selbst spielte und dessen erste Mannschaft er in der Saison 2014/2015 trainierte: „Es war ein toller Abend. Mir ist warm ums Herz geworden.“
Das lag, wie der Österreicher mehrfach betonte, an der „Mannschaftsleistung“. Das Team habe „das Spiel so angenommen, wie ich mir das vorgestellt habe. Wir waren bissig und leidenschaftlich“. Doch auch der Trainer kam nicht umhin, einen Spieler hervorzuheben. Bevor Filip Kostic das 4:0 erzielte (56. Minute) und Hwang Hee-chan per Elfmeter das einzige Salzburger Tor schoss (85.) hatte Daichi Kamada gleich drei Mal für die Frankfurter getroffen (12., 43. und 53.). „Ich glaube, da hatte ich ein gutes Händchen. Er hat uns mit seine drei Toren den Weg zum Sieg geebnet“, sagte Hütter glücklich.
„Dass Kamada in der Startelf stand, war sicher für viele überraschend“, sagte der Coach mit einem Lächeln im Gesicht. Schließlich hatte der Japaner in diesem Jahr gerade 45 Minuten beim Spiel in Düsseldorf mitmachen dürfen. Im Trainingslager in Florida im Januar hatte er sich zuvor einen Bänderriss zugezogen. Nach seiner Genesung fand er zunächst nicht zu alter Form. In vier Spielen saß der 23 Jahre alte Offensivspieler 90 Minuten auf der Bank. „Die Freude ist riesengroß. Ich hätte nie gedacht, dass ich hier drei Tore machen würde“, ließ Kamada von Landsmann Makoto Hasebe übersetzen.
Es scheint, als hätte Hütter die bemerkenswerte Bilanz Kamadas in dieser Saison im Kopf gehabt, als er sich entschied, das 1,80 Meter große Leichtgewicht aufzustellen. In der Europa League erzielte er nun schon sein sechstes Tor im siebten Spiel, dazu kommen zwei Vorlagen. In der Bundesliga indes traf Kamada noch nicht, alleine drei Vorlagen stehen zu Buche. Woran die Diskrepanz zwischen den Wettbewerben liegt, vermochte niemand so recht zu erklären. Kamada jedenfalls wusste auch um die Statistik und sagte: „Ich muss jetzt unbedingt auch ein Tor in der Bundesliga schießen.“
Die nächste Gelegenheit bietet sich am Rosenmontag beim Heimspiel gegen Union Berlin. Danach folgt das zweite Duell in der Europa League in Salzburg. Trotz des Drei-Tore-Vorsprungs fehlte es im Frankfurter Lager nach dem Fußballfest nicht an Mahnungen. „Wir haben uns eine gute Ausgangssituation für das Rückspiel erarbeitet“, sagte Trainer Hütter. „Wir wissen aber, dass wir ein schweres Rückspiel haben. Wir sind auf keinen Fall durch. Wir müssen nächste Woche nochmal die gleiche Leistung bringen wie heute.“ Sebastian Rode wurde deutlich: „Wenn wir uns das noch nehmen lassen, sind wir sehr, sehr doof.“
Wie ein noch größerer Vorsprung verspielt werden kann, musste Kevin Trapp einst erfahren. Mit Paris St. Germain schied der Torwart nach einem 4:0 noch durch ein 1:6 in Barcelona aus der Champions League aus. „Ich habe ja einiges erlebt vor ein paar Jahren“, sagte Trapp mahnend. Daher ärgerte sich der Schlussmann zwar über das späte Gegentor, sah aber auch den möglichen Vorteil, dass das 4:1 die Sinne schärft. Rode bewertete den Treffer als „einzigen Wermutstropfen“, Hütter fand es „schade“. Und Hasebe nannte das Gegentor „unnötig“, denn das Ergebnis sei nun „nicht perfekt, aber sehr gut“.
Eine leicht ärgerliche Note bekam das Resultat am Ende dadurch, dass die Frankfurter in der zweiten Halbzeit, als sie Salzburg zeitweise vorführten, nicht weitere eigene Tore erzielten. Vor allem Rode, der knapp am langen Eck vorbeischoss (62.), und der eingewechselte Goncalo Paciencia (78.), der aus kurzer Distanz an einem Abwehrbein scheiterte, kamen dem fünften Tor ganz nah. „Es ist ärgerlich, dass wir nicht das 5:0 gemacht haben“, sagte Sportdirektor Bruno Hübner, strich aber das Positive heraus: „Ich habe ja gesagt: Donnerstag ist Eintracht-Tag! Ganz Deutschland schaut stolz auf uns.“
Nicht stolz waren die Salzburger auf ihre Leistung, die „unter dem Maximum“ war, wie Trainer Jesse Marsch bekannte. „Wir müssen besser und mutiger spielen. Wir brauchen jetzt Männer. Das ist Profifußball.“ In der ersten Saisonhälfte beeindruckte der österreichische Meister noch in der Champions League und spielte unter anderem beim FC Liverpool 3:3. Da standen Erling Haaland oder Takumi Minamino, der zu Jürgen Klopp ging, noch im Kader. Als der Frankfurter Rode gefragt wurde, ob er froh sei, dass Haaland, der nun in Dortmund Tor um Tor schießt, nicht mehr für Salzburg spiele, antwortete er nur mit einem lauten: „Ja!“
Haaland wird der Eintracht auch im Rückspiel nicht in die Quere kommen. Dafür brennen die alten Salzburger Kollegen darauf, das Duell doch noch zu drehen. Die Frankfurter fühlen sich gewappnet für die zweite Hälfte in Österreich. Mit dabei sein will dann auch wieder Kamada. Am Donnerstag schlenderte er mit dem Spielball, den er sich gemäß eines ungeschriebenen Fußballgesetzes nach seinen drei Toren sicherte, und einem schwarz-weißen Schal von der Feier mit den Fans in die Kabine. Er möchte nun auch im Rückspiel ein Garant sein, dass die Eintracht nicht doch noch kalt erwischt wird.