Sponsoring bei Olympia : Athleten beklagen Markenpolizei
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Exklusivität versus „Guerilla-Marketing“: Richards-Ross kritisiert diesen Zustand Bild: dapd
Im Internet regt sich Protest: Eine Gruppe olympischer Athleten protestiert über „social media“ gegen das rigide Vorgehen des IOC beim Thema Sponsoring. Im Zentrum der Kritik: die ominöse „Regel 40“.
Für den Erfolg von Olympia in London 2012 ist es nicht wurst, was in einer Metzgerei in Südengland im Schaufenster liegt. Deshalb hat die sogenannte olympische „Markenpolizei“ einem phantasievollen Metzger in der südenglischen Grafschaft Dorset verboten, für seine Kunden Fleischwaren in Form der olympischen Ringe zu arrangieren. Inzwischen macht den Wächtern der Interessen der olympischen Großsponsoren jedoch ein viel weiteres Feld reichlich Arbeit: die rapide wachsende Welt der „social media“, der Verbreitung von Texten, Bildern und Dateien über Dienste wie Twitter oder Facebook.
So haben die olympischen Fahnder den amerikanischen 1500-Meter-Läufer Lee Manzano gezwungen, eine Fotografie seiner Schuhe und seine Einschätzung ihrer Qualität von seiner Facebook-Seite zu entfernen - weil der Hersteller der Schuhe kein olympischer Sponsor ist.
Manzano gehört wie auch die 100-Meter-Hürden-Olympiasiegerin Dawn Harper zu den Dutzenden Athleten, die sich binnen Stunden zu einem ersten kleinen Sturm des Protestes formiert haben. Ausgelöst wurde die Aktion von der Staffel-Olympiasiegerin Sanya Richards-Ross. Sie berichtete am Mittwoch im „Olympic Park“ von London über zahlreiche zustimmende Äußerungen anderer Athleten über „Twitter“. So findet dieser Anfang einer Online-Revolte auf ebenjenen „social media“ statt, die Olympia erstmals so genau ins Visier genommen hat.
„Regel 40“ gegen das „Guerilla-Marketing“
Er richtet sich gegen die ominöse olympische „Regel 40“, die allen Athleten vor den Spielen durch das Organisationskomitee von „London 2012“ in einem zwanzigseitigen Informationsblatt eingeimpft wurde. Die Regel bekämpft das „Guerrilla-Marketing“ durch Firmen, die „ihre Verbindung mit Athleten dazu benutzen, eine Verbindung mit den Olympischen Spielen“ zu suggerieren - und somit „die Exklusivität untergraben“, die das Organisationskomitee den offiziellen Sponsoren bieten könne. Sportlern, die während der Spiele andere Marken präsentieren, drohen Geldstrafen oder gar der Entzug der Akkreditierung für die Spiele.
Sanya Richards-Ross argumentierte, dass nur zwei Prozent der Sportler im Team der Vereinigten Staaten offizielle IOC-Sponsoren hätten. Die anderen, die mangels staatlicher Unterstützung oft von nur einem oder zwei Sponsoren leben, könnten diesen bei Olympia nicht präsentieren - was die Chancen, überhaupt einen Sponsor zu finden, deutlich senkt. „Die olympischen Ideale und die olympische Realität sind ein Unterschied“, sagte sie.
Dass die Regel so eng ausgelegt werde, dass Sportler ihren Sponsoren über „Twitter“ oder „Facebook“ nicht einmal mehr Dank aussprechen dürfen, sei „eine Ungerechtigkeit“, sagte die Amerikanerin. Sie forderte, dass Athleten während der Spiele die Logos ihrer Sponsoren tragen dürfen.
London 2012 : Erste Facebook-Spiele der Geschichte
Eine Lockerung der Regel ist jedoch unwahrscheinlich. Das IOC hat aus seinem Top-Sponsorenprogramm für die Jahre 2013 bis 2016 bereits Rekordeinnahmen von über einer Milliarde Dollar sicher - Verträge, die unter der Voraussetzung der völligen Exklusivität geschlossen wurden.
„Es wird keinen Aufstand geben“
Deshalb machen sich die Athleten auch keine großen Illusionen über den möglichen Erfolg. „Wir wollen keinen Krieg beginnen, es wird keinen Aufstand der Athleten geben“, sagte Sandra Richards-Ross. Man wolle sich nur „hörbar“ machen. „Wir haben diese Kampagne begonnen, wollen uns aber nicht ablenken lassen von dem, was wir hier vor allem erreichen wollen.“