Final-Niederlage gegen China : Tischtennis-Herren müssen weiter auf „den einen Tag“ warten
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Keine Chance gegen China: Timo Boll und Patrick Franziska nach dem Tischtennis-Finale in Tokio. Bild: dpa
Eindeutiges Ergebnis im Teamwettbewerb des Tischtennis: Silber für Boll, Franziska und Ovtcharov. Mehr lassen die Chinesen nicht zu. Vielleicht in Paris 2024?
Auf einmal stehen Timo Boll und Ma Long zwei Meter hinter der Tischtennisplatte. Vielleicht sogar drei. Der Deutsche auf der einen, der Chinese auf der anderen Seite. Sie hauen mit ihren Schlägern so fest und so schnell gegen den Ball, dass man diesem auf der Tribüne mit den Augen kaum folgen kann. Sie haben mit angeschnittenen und kurzen Versuchen an der Platte angefangen, die danach Schlag für Schlag immer fester und länger geworden sind. Ein Meter. Zwei Meter. Jetzt vielleicht sogar drei. Boll muss nach rechts. Er streckt den Arm – und erwischt den Ball. So genau sogar, dass er über das Netz auf die Platte fliegt. Doch als er sich wieder in die Mitte bewegen will, sieht er nur noch, wie der Ball schon wieder auf seiner Seite ist. Erst auf der Platte. Und dann auf dem Boden.
Es ist Freitagabend, Metropolitan Gymnasium in Tokio, das Teamfinale der Olympischen Spiele im Tischtennis. Und weil China im großen Spiel gegen Deutschland schon 2:0 und Ma Long im kleinen Spiel gegen Boll 2:1 führt, muss der diesen Satz gewinnen – und eigentlich hätte er auch den letzten Ballwechsel nicht verlieren dürfen. Es steht nun 7:5 für Long statt 6:6. Das wird schwer.
Wenn Boll in diesem Moment an Ma Long vorbeischauen würde, könnte er Dimitri Ovtcharov sehen, seinen Mitspieler und Freund. Sie spielen fast seit der Jahrtausendwende zusammen, in der Nationalmannschaft, früher auch im Verein. Wenn es in Deutschland einen gibt, der dem Ausnahmespieler Boll gewachsen ist, dann der Ausnahmespieler Ovtcharov. Und wenn sich die übermächtigen Spieler aus China in dieser Zeit wiederum vor wem in Acht nehmen mussten, dann vor den zwei Deutschen. An ihrer Bekanntheit in China kann man das gut messen. Dort sind sie Stars. Keine Übertreibung.
Ovtcharov und Boll – ein konstantes Duo
Es ist die Konsequenz ihrer Konstanz, dass Timo Boll und Dimitri Ovtcharov, 32 und 40 Jahre alt, an diesem Tag mal wieder das Team aus China, den Hegemon dieses Wettbewerbs (und fast aller anderen), herausfordern. Sie spielen schon mit, seit vor 13 Jahren zum ersten Mal olympische Medaillen für Mannschaften verteilt worden sind. Ihr Partner – ein Team setzt sich aus drei Spielern zusammen – änderte sich danach mehrmals. In Peking 2008 war es Christian Süß. In London 2012 und Rio 2016 war es Bastian Steger. In Tokio nun Patrick Franziska. Eines änderte sich in diesen 13 Jahren aber nicht: Am Ende gab es immer Medaillen für Deutschland. Beim ersten Mal Silber. Beim zweiten und dritten Mal Bronze. Und nun sogar Gold?
„Wir glauben definitiv auch an einen Sieg“, sagte Jörg Roßkopf, der Bundestrainer, nach dem 3:2-Sieg im Halbfinale gegen Japan. „Wenn man im Finale steht, dann hat man auch die Chance. Wir wissen, wie schwer es wird, aber wir wissen auch, wie gut unsere Spieler sind.“ Einer von ihnen spielt momentan besonders gut: Dimitri Ovtcharov. „Jeder von uns hat ja schon bewiesen, dass er auch gegen die Chinesen gewinnen kann“, sagte er vor dem Finale. „Wenn wir alle unseren besten Tag erwischen, dann ist auch alles möglich.“