Großes Basketball-Abenteuer : Was Robin Benzing in Uruguay erlebt
- -Aktualisiert am
Abenteuer in Uruguay: der ehemalige DBB-Kapitän Robin Benzing Bild: picture alliance/dpa
Strand und Körbe: Der frühere Nationalmannschaftskapitän spielt seit November für Montevideo. Dort erlebt er zwar manch „wildes Gehacke“, fühlt sich aber wohl. Warum will er trotzdem zurück nach Europa?
Alles wäre ziemlich perfekt gewesen, wäre nicht diese Verletzung dazwischengekommen. Doch obwohl sich Robin Benzing im Januar bei seinem fünften Einsatz für Atlético Peñarol Montevideo einen Meniskusriss zuzog, blickt der frühere Kapitän der deutschen Basketballnationalmannschaft zufrieden auf seine bisherigen dreieinhalb Monate in Uruguay.
Im November 2022 war der mittlerweile 34-Jährige nach Südamerika gewechselt. Für viele Beobachter der Szene war das eine überraschende Entscheidung. „Es war ein sehr gutes Angebot, das beste, das ich bekommen habe“, sagt Benzing. In Europa habe es nur vereinzelte Nachfragen gegeben, und die seien auch nur wenig lukrativ gewesen. „Meine Nichtteilnahme an der Europameisterschaft hat mir nicht geholfen. Aufgrund dessen wurde fälschlicherweise kolportiert, dass ich nicht fit sei.“
Aber Coach Pablo Lopez, der den europäischen Basketball intensiv verfolgt und dabei auch immer ein Auge auf Benzing geworfen hatte, wollte ihn unbedingt haben. Jetzt ist er einer von vier Ausländern bei Peñarol, von denen drei in der uruguayischen Liga eingesetzt werden dürfen. In der südamerikanischen Champions League sind aber alle Legionäre spielberechtigt, um sich mit den Topteams aus Argentinien oder Brasilien zu messen.
Würfe nehmen und punkten
In diesem Wettbewerb schied die Mannschaft am 11. März im Viertelfinale gegen den großen Favoriten Franca aus. Für Benzing waren die beiden Duelle mit den Brasilianern erst die Spiele zwei und drei nach seiner Verletzung, wobei er selbst überrascht war, wie gut es für ihn nach der durch die Kniearthroskopie bedingten mehrwöchigen Pause lief. Der Flügelspieler spielte viele Minuten und schlüpfte in die ihm vertraute Rolle des Scorers. „Als Ausländer“, sagt er, „erwartet man von dir, dass du Würfe nimmst und punktest.“
Nach dem Ausscheiden im internationalen Wettbewerb liegt nun der volle Fokus auf den Play-offs – oder im Fall von Peñarol erst einmal auf den sogenannten Play-ins, die die Mannschaft trotz ihrer Qualität durchlaufen muss, weil ihr bereits vor dem Saisonstart fünf Niederlagen auf das Konto gebucht wurden. Grund dafür war der Flaschenwurf eines Fans in der Finalserie 2022. In der Play-in-Serie führt Benzing mit seiner Mannschaft 2:1 gegen Club Atlético Aguada. An diesem Freitag könnten sie sich mit einem Sieg für das Play-off-Viertelfinale qualifizieren.
Der Spielstil in Uruguay unterscheidet sich dramatisch vom europäischen Basketball. Im Gegensatz zu ihren brasilianischen Nachbarn sind die Spieler aus Uruguay eher klein gewachsen, spielen aber mit viel Herz und Engagement. Das Spiel ist freier, unorganisierter und entsprechend weniger taktisch geprägt. Es wird stark auf Tempo und individuelle Stärken gesetzt. Die Schiedsrichter lassen oftmals eine großzügige Regelauslegung walten. „Das ist hier schon teilweise ein wildes Gehacke“, sagt Benzing mit einem Schmunzeln. Seiner Mannschaft attestiert er „unteres Bundesliganiveau“. Aufgrund der Verletzung und des offenen Saisonausgangs sei es für eine sportliche Bilanz noch zu früh.
„Ein schönes Lebensgefühl“
Im privaten Bereich fällt sein Fazit aber komplett positiv aus. Frau und Tochter trafen kurz vor Weihnachten in Montevideo ein, und alle Familienmitglieder genießen die Erfahrung und den südamerikanischen Sommer. Der Weg zum Meer beträgt fünf Minuten. „Es ist einfach ein schönes Lebensgefühl, uns gefällt es hier“, sagt Benzing. Dennoch wird es aller Voraussicht nach bei einem kurzen Intermezzo bleiben. Ursprünglich hatte sich der 2,10-Meter-Mann vorstellen können, länger in Südamerika zu spielen, wo erfahrene Ausländer extrem gefragt sind.
Die beiden US-Amerikaner bei Atlético Peñarol sind 36 und 37 Jahre alt. Den Gedanken, sich über eine gute Saison für die noch interessanteren Märkte in Argentinien und Brasilien zu empfehlen, hat er mittlerweile verworfen. Seine Tochter wird in diesem Jahr schulpflichtig, aber in Südamerika sind die Bildungseinrichtungen im Sommer fast drei Monate lang geschlossen. So fände der Unterricht nach der Basketballsaison statt, in einer Zeit, die die Familie gerne in der Heimat verbringen würde.
Entsprechend strebt Benzing jetzt eine andere Lösung an. Er präferiert eine Rückkehr nach Europa, wobei er gerne eine längerfristige Bindung eingehen würde, um seiner Familie eine stabile Situation zu bieten. Vielleicht sieht man ihn sogar noch in der laufenden Saison in Deutschland. Die Wechselfrist in der Bundesliga endet am 31. März, und wenn sich Peñarol frühzeitig aus dem Meisterschaftsrennen verabschieden sollte, wäre der 165-fache Nationalspieler auf dem Markt. Eine Option, die er zumindest nicht ausschließt.
Der Autor war zweimal Trainer des Jahres in Deutschland.