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Volleyballklub in Finanznot : Schlussverkauf in Straubing

Hat unmittelbar einen neuen Klub gefunden: Marie Hänle wechselt von Straubing nach Dresden Bild: picture alliance / Pressefoto Baumann

Erst der Insolvenzantrag, nun der sofortige Rückzug: NawaRo Straubing stellt den Spielbetrieb ein – für die Volleyball-Bundesliga ein weiterer schwerer Schlag.

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          Auf der Playlist der Straubinger Volleyball-Frauen steht „Misery Business“ von Paramore ganz weit oben, ein lautstarkes Punk-Rock-Stück mit Indie-Pop-Einflüssen – textlich nicht unumstritten, aber dank seiner geradlinigen Gitarrenriffs prima geeignet, um sich für ein wichtiges Match zu pushen. Doch aus und vorbei mit dem „elenden Geschäft“, die Bundesliga-Spielerinnen von NawaRo Straubing müssen sich nicht mehr aufheizen – das Team wurde mit sofortiger Wirkung aus dem Spielbetrieb genommen.

          Achim Dreis
          Sportredakteur.

          Für die Volleyball-Bundesliga (VBL), die den Spielbetrieb für Männer und Frauen organisiert, ist der Rückzug ein herber Verlust. Schließlich haben sich in den vergangenen Jahren schon der TV Rottenburg und der TV Bühl, die Volleys Eltmann sowie die Alpenvolleys und zuletzt die United Volleys Frankfurt aus der Eliteklasse der Männer verabschiedet, die derzeit noch mit neun Mannschaften vor sich hin dümpelt. Gleichwohl erklärt VBL-Geschäftsführer Daniel Sattler, der von einem „herausfordernden Produkt“ spricht, wenn er über Profi-Volleyball redet, es sei kein Muster zu erkennen und die Ursachen seien jeweils singulär zu erklären.

          In Straubing, das 2016 wegen der Insolvenz der damaligen Betreibergesellschaft schon einmal zwangsweise aus der Bundesliga ausgestiegen war, erwies sich die wirtschaftliche Substanz als zu schwach. Auch fehlte es im organisatorischen Bereich bei der kaufmännischen und administrativen Verantwortung offenbar an der geeigneten Aufstellung. Die geschäftsführende Gesellschafterin Ingrid Senft trug zu viel Last auf ihren Schultern, wie Beobachter meinen, dazu haftet sie persönlich für das wirtschaftliche Debakel.

          Kein regulärer Auf- und Abstieg in der Volleyball-Bundesliga

          Sportlich kehrt nun erst mal Friedhofsruhe ein: Nachdem die NawaRo Spielbetriebs GmbH in der vergangenen Woche einen Insolvenzantrag gestellt hatte, entschied sich die Straubinger Vereinsführung in dieser Woche nach Absprache mit Spielerinnen und Trainer – in Abstimmung mit Vertretern der Volleyball-Bundesliga –, in der laufenden Saison nicht mehr anzutreten. In der bereinigten Bundesligatabelle sind die Niederbayern, die bislang auf dem elften Platz unter zwölf Teams rangierten, gestrichen. Die restlichen acht Saisonspiele fallen aus – auch wenn auf der Klub-Homepage der Link zum Ticketshop für das kommende Heimspiel gegen den VC Wiesbaden am 11. Februar (20 Uhr) in der „turmair Volleyballarena“ noch angezeigt wird. Wer draufklickt, sieht sich aber mit dem Hinweis konfrontiert: Verkauf beendet.

          Stattdessen fängt der Ausverkauf an. Für die Straubinger Spielerinnen wurde die Wechselsperre aufgehoben, wie VBL-Geschäftsführer Sattler berichtet. Die Mannschaft habe selbst in schwierigen Situationen immer zuverlässig mitgezogen, erklärt NawaRo-Geschäftsführerin Senft. Daher sei es „für uns eine Selbstverständlichkeit, die Spielerinnen bei ihrer sportlichen Zukunft zu unterstützen“. Prompt hat der Dresdner SC als eines der Liga-Schwergewichte noch am Dienstagabend die Verpflichtung der 20 Jahre alten Diagonalangreiferin Marie Hänle bekannt gegeben. Auch Trainer Lukas Przybylak hat schon den Verein verlassen.

          Der eigentlich kommende Gegner VC Wiesbaden (VCW) kann sich die lange Reise vom Rhein an die Donau nun sparen. Doch nicht nur, weil durch die Zwangspause der Spielrhythmus seines Teams unterbrochen wird, zeigt sich VCW-Trainer Benedikt Frank von der Entwicklung in Straubing betroffen. Schließlich hatte er selbst das Team aus der 50 000-Einwohner-Stadt 2017 in der zweiten Liga übernommen und trotz bescheidener Mittel in die Bundesliga geführt und dort etabliert, ehe er 2021 nach Hessen wechselte. „Mir tut die Nachricht von der Insolvenz weh – ich habe dort Herzblut gelassen.“

          Das Ende der „nachwachsenden Rohstoffe“

          Wie es in Straubing nun weitergeht, ist noch unklar. Die VBL hat gerade erst die Einführung einer eingleisigen „2. Liga Pro“ für 2023/24 beschlossen, in der aufstiegswillige Vereine für die Profiliga fit gemacht werden sollen – sportlich und auch wirtschaftlich. Bislang ist im Volleyball nämlich das Element ausgeschaltet, das in anderen Teamsportarten für sportliche Spannung sorgt: der geregelte Auf- und Abstieg. Seit Jahren wollten – außer dem in der höheren Klasse sportlich chancenlosen VC Neuwied – keine Vereine aus dem bislang zweigeteilten Unterhaus in die Bundesliga aufsteigen, weil sie das finanzielle Risiko scheuen.

          Der Rückzug von Straubing stellt nicht gerade einen Hoffnungsschimmer dar. Dass das Bundesligateam als Botschafter einer Region aus Ostbayern auftrat, dient nach dem Zusammenbruch auch nicht mehr als Trost. „NawaRo“ steht für „nachwachsende Rohstoffe“, womit sich die Stadt Straubing ein Alleinstellungsmerkmal geben möchte, das in die Zukunft weisen soll. Im bislang letzten Bundesligaspiel der Vereinsgeschichte unterlagen die Straubinger am vergangenen Samstag übrigens dem Spitzenteam von Allianz Stuttgart 0:3. Nach einseitigen 71 Spielminuten verabschiedeten sich die Spielerinnen stimmungsvoll von ihren treuen Fans – 812 Zuschauer waren gekommen.

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