Berlins Volleyballstar Grankin : Lichtgestalt aus Moskau
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Der Mann mit den magischen Händen: Sergej Grankin Bild: dpa
Sergej Grankin blühte bei den BR Volleys in Berlin auf, vor allem im Zusammenspiel mit dem Amerikaner Patch. Nun sieht er sich verpflichtet, nach Russland zurückzukehren.
Wer die verbindende Macht des Sports erkennen wollte, musste in den vergangenen Jahren bei den Berlin Volleys auf die spielbestimmenden Figuren achten: als Regisseur agierte Sergej Grankin, ein blonder, heterosexueller Russe mit Seitenscheitel links. Als Verwerter seiner Zuspiele glänzte Benjamin Patch, ein tätowierter, dunkelhäutiger, dazu bekennend queerer Amerikaner. Gemeinsam waren sie fast unschlagbar.
Und wenn es besonders gut lief, so wie beim Pokalsieg der Berliner 2020 in Mannheim gegen Düren, standen sie anschließend Arm in Arm an der Biertheke, und ließen sich von den Fans ihrer Volleys feiern. Dreieinhalb Spielzeiten lang bildeten die beiden ein kongeniales Duo, gewannen zusammen drei deutsche Meistertitel und erreichten zweimal das Viertelfinale der Champions League.
Vorbei, die schönen Zeiten. An diesem Dienstag gaben die Berliner bekannt, dass Sergej Jurjewitsch Grankin, geboren 1985 in Kislowodsk im Nordkaukasus, nach der Sommerpause nicht mehr nach Berlin zurückkommen möchte. Und das, obwohl er gerade erst seinen Vertrag bei den BR Volleys bis 2023 verlängert hatte.
Nun der plötzliche Abschied. Geschäftsführer Kaweh Niroomand teilte mit: „Die nach reiflicher Überlegung getroffene Entscheidung ist ihm wirklich sehr schwergefallen, aber die politischen und familiären Umstände machen ein weiteres Engagement im Ausland schwierig.“ Seine Beweggründe seien auf Verständnis gestoßen: „Deshalb haben wir seinem Wunsch entsprochen und den Vertrag aufgelöst.“
Grankin selbst erklärte zum Abschied, er wolle sich bei allen „für vier unheimlich schöne Jahre in Berlin bedanken“. Er habe es genossen, „für diesen Verein und in dieser Atmosphäre der Max-Schmeling-Halle zu spielen.“ Er hoffe, „in der aktuellen Situation kann man meine Entscheidung dennoch nachvollziehen“. Trotz der vier Jahre in Berlin, wo sich Grankin längst heimisch fühlte, sei er in seinem Heimatland weiterhin tief verwurzelt. Seine private Zukunft sieht er mit seiner Familie in Russland.
Die angesprochene „aktuelle Situation“ ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Noch im März teilten die Volleys mit, sie rechneten auf Vereinsebene nicht mit Einschränkungen für ihren russischen Kapitän.
Grankin war im Januar 2019 nach Berlin gekommen, nachdem er zuvor 13 Jahre lang für Dynamo Moskau am Netz gestanden hatte. Mit der russischen Nationalmannschaft war er 2012 Olympiasieger geworden, es war der größte Erfolg seiner Karriere.
Vom Berliner Publikum war seinerzeit erwartet worden, dass der für die Bundesliga überqualifiziert erscheinende Russe nur eine kurze Stippvisite in Deutschland geben würde, ehe es ihn in eine lukrativere Liga ziehen würde. Doch der zunächst kühle Osteuropäer blieb, taute zusehends auf, und avancierte im Verlauf der dreieinhalb Jahre seines Wirkens nicht nur zum Kapitän der Berliner, sondern auch zu einem Publikumsmagnet in den fremden Hallen.
„Was Sergej für unseren Verein in vier Spielzeiten geleistet hat, ist schlicht großartig“, sagt Geschäftsführer Niroomand zum Abschluss, doch vor allem darüber hinaus: „Er war die Lichtgestalt der Bundesliga“.