Triathletin Sophia Saller : „Wer viel nachdenkt, sollte auch viel Sport machen“
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Sophia Saller - Mathematik-Studentin und Spitzen-Triathletin Bild: Rafaela Schoffman
Mit 21 Jahren schreibt Sophia Saller in Oxford ihre Doktorarbeit in Mathematik - und ist Juniorenweltmeisterin im Triathlon. Elite-Uni und Elite-Sport: Wie passt das zusammen?
Mit Fahrrad, Weste und Stirnband kommt Sophia Saller an ihrer Uni an, dem legendären St Catherine’s College in Oxford. Hier hat sie vor vier Jahren ihr Mathematikstudium begonnen. Die Unterrichtsräume, die Schlafsäle, die Mensa, die Bibliothek - alles ist um einen kleinen Park drapiert, um eine perfekt getrimmte Wiese. Heute wohnt Saller einige Minuten entfernt. Die Schlafsäle im College sind für die Studenten der unteren Semester reserviert. Saller hat bereits ihr Masterstudium abgeschlossen, im Sommer hat sie es mit „First-Class Honours“ beendet, der höchsten Auszeichnung. Seit Oktober arbeitet sie in Oxford an ihrer Promotion. Saller ist 21 Jahre alt, ihre akademische Karriere ist schon jetzt beeindruckend. Geboren ist sie in München; im Ruhrgebiet und in Franken ist sie aufgewachsen. Als sie 14 war, zog sie mit ihrer Familie nach London und machte 2011 auf einer deutschen Schule mit einer Durchschnittsnote von 1,0 ihr Abitur, nachdem sie eine Klasse übersprungen hatte.
Wer viel nachdenkt, sollte auch viel Sport machen, findet Sophia Saller, die sich zunächst als Schwimmerin versuchte. 2010 begann sie in London mit dem Triathlon-Training. 2014 dann, mit erst 20 Jahren, gewann sie in Edmonton die Juniorenweltmeisterschaft in der U 23. Ohne das Master-Studium zu unterbrechen, startete sie vergangenen Sommer auf der Welttour der Triathlon-Profis und wurde Zwanzigste in der Gesamtwertung. Ein Lehrjahr, sagt Saller. Nächstes Jahr will sie zu Olympia nach Brasilien.
Schule und Studium oder eine sportliche Karriere? Sophia Sallers Trainer in London empfahl ihr anfangs, sich ganz auf Triathlon zu konzentrieren, um wirklich professionell trainieren zu können. Ausbildung oder sportlicher Erfolg - eine Entscheidung, ein Dilemma, mit dem viele junge, talentierte Athleten konfrontiert werden. Die Frage sei jedoch falsch formuliert, findet Saller. Das Problem der Vereinbarkeit von Sport und Studium sei durch ein Entweder-oder nicht gelöst. Und mit Problemen kennt sich die Mathematikerin aus.
„Man kann lange an einem Problem sitzen, ohne Fortschritte zu machen. In der Mathematik ist es ein Alles oder Nichts. Entweder man kann etwas beweisen, oder man kann es nicht. Man kann ewig auf einer Stelle bleiben, ohne voranzukommen. Innerhalb von einem Tag kann man dann die Lösung finden und einen riesigen Schritt weiterkommen.“
Sophia Saller kann lange über Mathematik sprechen, auch mit Menschen, die nichts davon verstehen. Sie beschreibt das Schöne der Mathematik, das Reine. Die abstrakten Gedankenwege, die klare Logik faszinieren sie. Und die Spannung, die daraus entsteht. Sie spricht von Funktionsgraphen und Donuts, von Kabeln und Codes - die Welt der Mathematik ist alles andere als grau. Sie ist bunt und schön für den, der sie versteht.
„Es passiert alles im Kopf. Mathematik ist reiner als die reale Welt. Nichts ist ungefähr, alles ist genau. Es gibt ein ,Weiß-ich-noch-nicht‘, aber irgendwann gibt es eine Lösung. In der Mathematik erreicht man oft einen Punkt, an dem es plötzlich Sinn macht. Und dann kann man sich nicht mehr wirklich vorstellen, wie es war, als es nicht Sinn gemacht hat. Viele der Dinge, die für einen jetzt selbstverständlich sind, machen anderen Probleme, weil sie noch nicht an der Stelle sind, wo es offensichtlich ist.“