Tennis-Tagebuch : Versagt - mit vollen Hosen
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Andrea Petkovic machte beim Fed Cup Erfahrungen, auf die sie hätte verzichten können Bild: REUTERS
Zwei Niederlagen beim Fed Cup, ein Lachanfall bei der deutschen Hymne und keine Chance sich zu verkriechen. Andrea Petkovic beschreibt in ihrem FAZ.NET-Tennis-Tagebuch aufregende letzte Tage. Von Niederlagen hat sie erst einmal genug.
Ich dachte, ich hätte sie alle überwunden. Die Selbstzweifel, die Kritiker, das Nachdenken vor wichtigen Matches anstelle des einfachen Spielens ohne große Gedanken, wie eine richtige Tennisspielerin eben. Jetzt weiß ich allerdings auch, was es alles braucht, um mich wieder in Andrea Petkovic 2007 zurückzu- morphen, während Andrea Petkovic 2010 doch so stark geworden zu sein schien. Aber der Reihe nach:
Als sich in den letzten Monaten abzeichnete, dass ich sicher im Fed-Cup-Team dabei sein würde, vor allem nach dem guten Abschneiden in Brisbane, wuchs die Vorfreude auf das Match in Tschechien immer mehr. Ich wusste, wir hatten mehr als nur gute Chancen, um zum ersten Mal seit langem wieder im Halbfinale des Fed Cups zu stehen, und ich stellte mir schon vor, wie schön es werden würde, ein Teil davon zu sein.
Doch in all meinen Gedanken kam es nie zu der Vorstellung, dass ich als Nummer eins im Team anreisen würde. Als jedoch Sabine Lisicki bei den Australian Open in Melbourne nicht teilnahm, war ziemlich schnell klar, dass ich die Nummer eins im Team war. So hatte sich die Situation innerhalb eines knappen Dreivierteljahres vom letzten bis zum diesjährigen Fed Cup so verändert, dass ich von der Ersatzspielerin zur Nummer eins der deutschen Nationalmannschaft aufstieg.
„Hey, ich hab echt die Hosen voll bis zum Hals“
„Verantwortung!“, schrie es in meinem Verstand gnadenlos und hartnäckig. Plötzlich wurde ich ständig danach gefragt, ob ich denn ein Team führen kann, wie es sich anfühlt, die Nummer eins im Team zu sein, und ob ich Führungsqualitäten in mir hätte. Ja, ja, ja. Zu allem war meine Antwort ja, wie ein Mantra, ohne darüber nachzudenken, was ich da eigentlich sagte, denn schließlich war ich die Nummer eins im Team, und Verantwortung zu übernehmen beginnt schon vor den Matches. Ich konnte meinen Mädels ja schlecht signalisieren: „Hey, ich hab echt die Hosen voll bis zum Hals, und ich hab keine Ahnung, wie ich das alles schaffen soll. Lasst mich am besten zu Hause.“ Nein, das ging wirklich nicht.
Trotz verspäteter Anreise aufgrund von Schneefällen in Frankfurt und akutem eingebildeten Jetlag am ersten Tag der Fed-Cup-Woche begann das Training sehr erfreulich. Wir spielten alle gut, der Teamgeist war wie immer vorhanden und auch abseits des Platzes wurde viel gelacht. Es gab Monologe über die Vor- und Nachteile von Twitter, natürlich fielen einzig im WG-Zimmer Malek/Petkovic Telefon und Internet aus, so dass Treffpunkt Nummer eins schließlich bei Physiotherapeutin Petra Winzenhöller in der Executive Suite war.
Affären diverser Tennisspieler wurden diskutiert und wenn vonnöten auch einfach erfunden, und Barbara Rittners ehemaliger neuseeländischer Trainer wurde der am häufigsten zitierte Mann im deutschen Team. Alles in allem also eine normale deutsche Fed-Cup-Woche, die nur auf Sieg ausgerichtet war. Trotz frühmorgendlicher Trainingseinheiten und „Frische-Luft-Schnappen“ bei elf Grad Minus, das war die Übersetzung für Joggen vor dem Frühstück, waren Laune und Stimmung stets auf dem Höhepunkt. Doch je näher die Matchtage rückten, desto voller wurde meine Hose, und desto häufiger wurden die Presseanfragen.
„To blow things out of proportion“