
Tennis-Kommentar : Die Zeichen des Königs
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Immer noch ein Großmeister seines Fachs: Roger Federer Bild: REUTERS
Roger Federer hat nach dem Turnier in Rotterdam auch in Dubai gewonnen. Ist es tatsächlich denkbar, dass der Schweizer noch einmal zum König des Tennisspiels aufsteigen kann?
Für alle Liebhaber des gepflegten Tennisspiels, denen eine beidhändig geschlagene Rückhand aus ästhetischen Gründen ein Greuel ist, waren das zuletzt wunderbare Nachrichten. Roger Federer hat nach seinem Erfolg in Rotterdam auch das Turnier in Dubai gewonnen. Auch dabei ist er wieder ohne Satzverlust geblieben, und der im Finale unterlegene Schotte Andy Murray hat die Phantasie aller Federer-Fans danach noch zusätzlich angeregt: „Wenn wir öfter auf solch schnellen Plätzen spielen würden, konnte Roger noch ein paar Jahre die Nummer eins sein“, sagte der Weltranglistenvierte.
Ist das tatsächlich denkbar, dass der Schweizer von Platz drei aus noch einmal zum König dieses Spiels aufsteigen kann? Zuletzt schien es so, als habe er nicht nur den Anschluss an Novak Djokovic und Rafael Nadal verloren, sondern müsse bald auch damit rechnen, von Murray überholt zu werden. Das liegt nur zu einem Teil daran, dass der 30-jährige Federer rund sechs Jahre älter ist als seine drei Konkurrenten – es hat vor allem damit zu tun, dass die Tennisplätze dieser Welt in den vergangenen Jahren mehr und mehr entschleunigt worden sind.
Am deutlichsten sichtbar geworden ist das für alle, die Tennis nicht jede Woche verfolgen, in Wimbledon. Rasentennis unterscheidet sich kaum noch von Sandplatztennis, was einen wie Federer benachteiligt. Denn auf schnellen Plätzen ist er immer noch das Maß aller Dinge, und ein derartiger Untergrund findet sich am häufigsten bei Hallenveranstaltungen. Sieben seiner letzten acht Turniersiege holte sich Federer in der Halle, nun kam in Dubai der erste Freilufttriumph seit 14 Monaten hinzu. 33 von 35 Partien seit seinem Ausscheiden im Halbfinale der US Open 2011 nach zwei vergebenen Matchbällen gegen Djokovic hat er damit nun gewonnen – das ist die Bilanz eines Spielers, der noch einmal ganz oben angreifen will.
Zweifel bleiben trotzdem, denn die Viererbande an der Spitze ist eng miteinander verwoben. Djokovic scheint für Nadal bei Fünfsatzspielen letztlich unbesiegbar, Nadal wiederum ist Federer bei drei Gewinnsätzen überlegen. Murray könnte für Djokovic oder Nadal auf dieser Ebene eine Gefahr sein, dafür aber macht das Spiel des Schotten Federer weniger Probleme. Für Platz eins in der Weltrangliste sind bei den Herren neben einer dauerhaft konstanten Saisonleistung aber Grand-Slam-Siege unerlässlich, was eine Renaissance von Federer erschwert. Möglicherweise wäre dem Schweizer olympisches Einzelgold ohnehin lieber. Es ist das letzte Sammlerstück, das ihm noch fehlt, und angesichts des englischen Sommers besteht Anlass zu kühnsten Träumen. Regnet es am richtigen Tag, wird der berühmteste Center Court der Welt schließlich zur Halle.
