Protest von unten : Große Aufregung bei der Schwimm-WM
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Wer ist hier respektlos? Der Australier Mack Horton (links) macht bei der Schwimm-WM deutlich, was er von Sun Yang (Mitte) hält. Bild: Reuters
Der vom Weltverband protegierte Chinese Sun Yang wird wieder Weltmeister. Doch der starke, stumme Protest des Australiers Horton spricht Bände über die Lage im Schwimmen. Er wird in die Geschichte eingehen.
Da stand er nun. Mit starrer Miene hatte Mack Horton hinter dem Siegerpodest Stellung bezogen. Hatte die Silbermedaille für sein 400-Meter-Freistilrennen empfangen, stoisch die chinesische Hymne für Sun Yang hingenommen. Dann der Moment, der in die Geschichte dieser Weltmeisterschaft eingehen wird, die doch gerade erst begonnen hat. Während der drittplatzierte Gabriele Detti für den obligatorischen Handschlag der Medaillengewinner zum Sieger hochstieg, blieb Horton unten.
Der Australier wollte sich nicht mit Sun Yang auf eine Stufe stellen, nicht mit diesem Weltmeister auf diesem Foto. Einem, das gerade deswegen um die Welt gehen wird. Und das wie bisher kein anderes Bild im Schwimmsport dafür stehen wird, dass die Athleten genug haben. Genug davon, nur als Statisten einer Schwimmshow behandelt zu werden, die es ohne sie nicht geben würde. Genug von der Respektlosigkeit, gegen Sportler antreten zu müssen, die als Betrüger überführt wurden.
Sun Yang, ein Doping-Betrüger?
Bereits bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro war es Horton, der mit einem einzigen Wort eine Protestwelle ausgelöst hatte, die der unter Dauer-Dopingverdacht stehende Schwimmsport noch nicht erlebt hat. Er hatte Sun Yang einen Doping-Betrüger genannt. Der dreifache Olympiasieger aus China war 2014 mit dem Herzmittel Trimetazidin im Blut erwischt und für drei Monate gesperrt worden – allerdings rückwirkend und zunächst unbemerkt. In Rio hatte Sun Yang zwar seinen 400-Meter-Titel an Horton verloren, sich aber Olympia-Gold über die halbe Distanz gesichert, eine herzliche Umarmung von Fina-Generalsekretär Cornel Marculescu gab es obendrauf, der Chinesen sagte vom Funktionär, dieser habe ihn angeschaut „wie ein Großvater“, sei ein „sehr guter Freund des chinesischen Schwimmteams“.
Nun steht Sun Yang wieder im Mittelpunkt eines höchst anrüchigen Falls, der als Hammer-Affäre Schlagzeilen macht. Bei einer unangekündigten Doping-Kontrolle im September in der Heimat soll ein Sicherheitsmann eine Blutprobe des dreimaligen Olympiasiegers mit eben jenem Werkzeug zertrümmert haben. Nach einer Anhörung zu dem Fall hatte die Fina Chinas Starschwimmer im Januar freigesprochen, weil man die ganze Wahrheit wohl „nie erfahren“ werde.
Sun Yangs Anwälte sagen, es habe erhebliche Zweifel an den Papieren der Kontrolleure gegeben. Zwar hat die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada Einspruch gegen die Entscheidung der Fina eingelegt, die Anhörung vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas ist jedoch erst für September angesetzt. Warum nicht früher? Weil laut Regularien alle beteiligten Seiten einem beschleunigten Verfahren zustimmen müssten, wie der Cas mitteilte. Allerdings hätten weder die Fina, noch die Wada oder der Schwimmer überhaupt einen diesbezüglichen Antrag gestellt, hieß es weiter.