Pokern : Der einzige echte Mann am Tisch
- -Aktualisiert am
Katja Thater und ihre „Munition” Bild: privat
Zwischen Bluff und Full House: Katja Thater ist in Deutschland der einzige weibliche Profi im Pokern. Die Männer schlägt sie gern mit ihren und mit deren Waffen. Alex Westhoff hat sich mit „Lady Horror“ getroffen.
Warum kaum Frauen professionell Poker spielen? „Es sind zu wenige bereit, ihr Handtäschchen zu packen und in den Krieg zu ziehen.“ Inwiefern das Spiel mit Krieg zu tun hat? „Es ist Krieg auf psychologischer Ebene. Die Spielchips sind deine Munition.“ Man müsse im richtigen Moment aus dem sicheren Schützengraben schießen. Man müsse wie eine Kobra auf die Beute fliegen. „Poker bedeutet stundenlang Langeweile und sekundenlang Terror.“ Wenn Katja Thater über ihren Beruf spricht, und sie redet jeden Tag viel über ihren Beruf, dann nutzt sie mit ausladender Handbewegung Wörter wie Opfer, Gefecht, Blutspritzer - ohne durch ein ironisches Lächeln anzudeuten, dass sie es vielleicht doch nicht so meint.
Nein, Katja Thater, die als Deutschlands einziger weiblicher Poker-Profi eine Art Feldherrin ist, meint es genau so. In der boomenden Branche, in der man spielend reich wird, macht sie ihr Geld mit Chips und Karten und Durchsetzungsvermögen. Bislang hat sie in diesem Jahr an Preisgeldern 294.000 Dollar gewonnen. Allein für ihren 47. Platz bei einem Turnier auf der European Poker Tour in Barcelona Anfang September strich Katja Thater rund 16.500 Dollar ein. Bei vielen großen Poker-Events winkt dem Sieger auf einen Schlag ein Millionengewinn. Bei den ersten drei Plätzen, sagt sie, sei das Preisgeld „richtig lecker“. Nur mit den Steuern ist das so eine Sache. In vielen Bundesländern ist es noch nicht geregelt, wie Pokergewinne versteuert werden.
Ein Star in der Männerwelt
Die Pokerwelle ist auf ihrem Weg um die Welt längst nach Deutschland geschwappt. Wer nachts durchs Fernsehprogramm springt, kann Poker-Übertragungen kaum aus dem Weg gehen und auch ihr schon mal bei der Arbeit zusehen. All die Spieler haben den Traum, es diesem kleinen Buchmacher aus Tennessee gleichzutun: Chris Moneymaker. Sein Fall rührte Amerika und rief den Poker-Boom erst hervor. Im Jahr 2003 zahlte Moneymaker 40 Dollar für seine Teilnahme an einem Online-Qualifikationsturnier, schaffte den Sprung ins Turnier der World Series of Poker (WSOP), setzte sich sensationell gegen die Poker-Weltelite durch und strich 2,5 Millionen Dollar ein. Ein Mann, ein Wort: Moneymaker. Heute tummeln sich auf der Internetseite des Marktführers pokerstars.com bis zu 120.000 Menschen gleichzeitig an Tausenden virtuellen Pokertischen. Schon drei Millionen Deutsche sollen pokern. Aber wer weiß das schon. Glücksspiel ist verboten. Außerhalb der Kasinos darf man höchstens um Gummibärchen zocken.
In dem von Männern dominierten Mikrokosmos ist die 41 Jahre alte Blondine ein Star. Man kann mit der Hamburgerin kaum ein Treffen in ihrer Heimat vereinbaren. Da wird schon bei der Terminsuche geblufft: Absage, Zusage, Absage, Zusage. Noch schnell das Logo ihres Hauptsponsors auf das etwas vergilbte T-Shirt geklebt, Kaffeetasse, Aschenbecher, Feuerzeug, Zigarillo-Packung auf den Tisch gelegt - es kann losgehen. Poker, sagt Katja Thater, sei wie ein Spiegelbild des Lebens im Zeitraffer. „Es kommt alles vor: Triumph, Niederlage, Adrenalin, Lethargie und so weiter.“
„Nicht schon wieder diese Lady Horror!“
Ihr wohlgenährter Beagle Paula bettet sich neben ihren hohen braunen Stiefeln auf dem Fußboden des Konferenzsaals. Ihr Büro liegt nur ein paar Schritte entfernt von der Alster. Im Regal stehen Bücher und DVDs mit Titeln wie „Super System 2“ oder „The Secrets of Texas Limit Hold'em“. Gemeinsam mit ihrem Mann baut sie gerade eine Online-Pokerschule auf. Die PR-Agentin, die für „dieses Terminchaos“ verantwortlich ist, sei übrigens „gerade gefeuert“ worden, sagt Katja Thater - und streichelt Paula.