NBA-Klubbesitzer unter Verdacht : Belästigungen, Beleidigungen und Rassismus
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Am Pranger: Suns-Eigner Robert Sarver Bild: AP
Robert Sarver, Klubbesitzer der Phoenix Suns, soll über Jahre intern rassistische und frauenfeindliche Bemerkungen gemacht haben. Die Liga untersucht die Vorwürfe. Die Angelegenheit ist unangenehm vertraut.
Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung eines detaillierten Berichts des Fernsehsenders ESPN über die Arbeitsatmosphäre bei den Phoenix Suns hat die National Basketball Association (NBA) eine Untersuchung anberaumt, die den Vorwürfen auf den Grund gehen soll. Der 60 Jahre alte ehemalige Banker, Immobilieninvestor und Klubbesitzer Robert Sarver hatte 2004 einen Mehrheitsanteil am Team erworben und soll seitdem mit zahllosen rassistischen und frauenfeindlichen Bemerkungen gegenüber Spielern und Mitarbeitern gegen Ligaregeln zu den Umgangsformen am Arbeitsplatz verstoßen haben. „Die in dem heutigen ESPN-Artikel enthaltenen Anschuldigungen sind äußerst schwerwiegend“, hieß es von der NBA.
Die Angelegenheit ist kein Neuland für die Liga. Als 2014 rassistische Äußerungen von Donald Sterling, dem damaligen Eigentümer der Los Angeles Clippers, gegenüber schwarzen Basketballspielern bekannt wurden und Profis drohten, zu streiken, erzwang die Liga in kürzester Zeit einen Besitzerwechsel. Ähnliche Konsequenzen drohen Sarver, falls eine Mehrheit der NBA-Klubeigentümer beschließt, ihn aus ihrem exklusiven Zirkel auszuschließen. Die Empörung ist groß, wie Suns-Manager Jahm Najafi in einer ersten Reaktion verdeutlichte: „Das Verhalten, das ihm vorgeworfen wird, hat mich fassungslos und traurig gemacht und ist inakzeptabel. Das Wohlergehen und die Sicherheit aller Mitarbeiter, Spieler, Trainer und Interessenvertreter der Suns hat für uns oberste Priorität.“
Sarver gehört neben seinem Anteil an den Suns – Marktwert rund 1,8 Milliarden Dollar – RCD Mallorca in der ersten spanischen Fußballliga. Diesen Verein hatte er 2016 mit dem ehemaligen Suns-Spielmacher Steve Nash für 20 Millionen Dollar erworben.
Mehr als 70 Quellen
Die Kernaussagen des Artikels beruhen auf monatelangen Recherchen und Aussagen von mehr als 70 teilweise anonymen Quellen, werden allerdings von Sarver bestritten. Die Anschuldigungen reichen von Episoden, in denen er gegenüber Angestellten über Oralsex mit seiner Frau und die Größe seiner Kondome geprahlt haben soll, über seinen Vorschlag, Stripperinnen ausfindig zu machen, die sich von Suns-Profis schwängern lassen, damit sich die Basketballspieler stärker zu Phoenix hingezogen fühlen. Bis hin zu einer Vorliebe für das entwürdigende und im allgemeinen Sprachgebrauch in Amerika stigmatisierte Schimpfwort „Nigger“, das sogenannte „N-Wort“.
„Es gibt so viel Unrichtiges und Irreführendes in dieser Geschichte, dass ich kaum weiß, wo ich anfangen soll“, sagte Sarver: „Aber lassen Sie mich eines klarstellen: Das N-Wort gehört nicht zu meinem Wortschatz. Ich habe nie jemanden oder eine Gruppe von Menschen mit dem N-Wort bezeichnet oder auf jemanden oder eine Gruppe von Menschen mit diesem Wort Bezug genommen, weder mündlich noch schriftlich. Ich benutze dieses Wort nicht. Es ist abscheulich und hässlich und verunglimpfend und widerspricht allem, woran ich glaube.“ Suns-Eigner Sarver begrüßte ausdrücklich eine unparteiische NBA-Untersuchung. Sie könne sich als die „einzige Möglichkeit erweisen, meinen Namen und den Ruf einer Organisation reinzuwaschen, auf die ich so stolz bin“.
Obwohl die Suns in der vergangenen Saison zum ersten Mal seit Jahren wieder sportlich glänzen konnten und bis in die NBA-Finalserie kamen, die sie 2:4 gegen die Milwaukee Bucks verloren, haftet der Sarver-Ära ein Ruch von Führungsschwäche an. In seinen siebzehn Jahren an der Spitze herrschte an den wichtigsten Positionen ein Kommen und Gehen mit insgesamt neun Cheftrainern und acht Chefmanagern.
Chris Paul hält sich zurück
Zu den ehemaligen Trainern gehört Earl Watson, der namentlich in dem Artikel zu Wort kommt und das Verhalten Sarvers während seiner Amtszeit kritisiert. Er arbeitet mittlerweile als Assistenztrainer bei den Toronto Raptors. Watson weigerte sich am Donnerstag, weiteres Öl ins Feuer zu kippen, lobte aber „den Mut von Spielern, Führungskräften und Mitarbeitern“, die mit ihrer Beschreibung eines Umfelds voller „rassistischer Unsensibilität, sexueller Belästigung und Mikroaggressionen“ das Risiko eingegangen waren, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
Suns-Spielmacher Chris Paul, der bis zum Sommer acht Jahre Präsident der Spielergewerkschaft war und in seiner Zeit bei den Clippers den Sterling-Skandal nicht nur aus nächster Nähe miterlebt, sondern den Protest der Profis mit angeschoben hatte, reagierte zunächst zurückhaltend auf die Anschuldigungen. „Jede Situation ist anders. Wir kennen die Details nicht. Wir warten wie jeder andere auch, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind. In der Zwischenzeit werden wir weiter spielen.“